Schwedens Zlatan Ibrahimovic:Mit Kalkül gegen den Proll

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Er ist schmutzig und genial, er ist unangepasst und unberechenbar. Dennoch will die DFB-Elf den schrägen Schweden Zlatan Ibrahimovic mit einem berechnenden Plan bekämpfen. Denn seine Stärke birgt auch eine entscheidende Schwäche in sich.

Christof Kneer

Zlatan Ibrahimovic schießt aus Zonen, aus denen sonst niemand schießt. (Foto: dpa)

Vielleicht sollte man nach dem Spiel mal Per Mertesacker fragen. Das wäre natürlich ein Fang für die Journalisten, wenn sie plötzlich in ihre Redaktionen melden könnten: Vergesst das Ergebnis von Deutschland gegen Schweden, wir wissen jetzt, was Zlatan Ibrahimovic verdient! Es ist nämlich so, dass der schwedische Stürmer seinen Gegenspielern gerne mal verrät, was auf seinem Gehaltszettel steht.

Ibrahimovic sei ein, nun ja, kommunikativer Typ, sagen die, die schon mal gegen ihn gespielt haben. Dabei sei er thematisch keineswegs eindimensional, sagen die, die schon mal gegen ihn gespielt haben. Er kann sich ebenso kompetent über Verdienstmöglichkeiten schwedischer Stürmer äußern wie über spielerische und körperliche Defizite seines Gegenspielers oder über sexuelle Praktiken, die er demnächst an der Schwester des Gegenspielers auszuführen gedenke. Ibrahimovic ist ein dirty talker, er kann so schmutzig reden, wie er manchmal spielt. Er ist ein Stürmer, der seinen Gegner dahin lenkt, wo's weh tut. Und er ist ein überragender, phänomenaler, wahnsinnig guter Fußballspieler.

Ibrahimovic, 31, ist kein Spieler, den man sich in der deutschen Mannschaft vorstellen könnte, gerade das macht ihn so gefährlich. Joachim Löws Elf ist immer dann am besten gewesen, wenn sie wusste, woran sie ist. Ein Spieler wie Cristiano Ronaldo ist zwar auch ein überragender, phänomenaler, wahnsinnig guter Fußballspieler, aber er ist berechenbar. Man kennt seine Bewegungen, man kennt seine Räume.

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"Ibrahimovic ist überall", sagt Assistent Hansi Flick. Es ist das Spiel des schrägen Schweden, dass er manchmal Dinge tut, die er ein paar Hundertstelsekunden zuvor selbst noch für ausgeschlossen hielt. Solche Genie-Anfälle sind schwer zu fassen für die deutsche Defensive, die sich gerne an Plänen orientiert. Immerhin hat der Trainerstab Ibrahimovics Spiel so weit entziffert, dass eine seriöse Bewegungsstudie herausgekommen ist. "Er lässt sich gern zurückfallen oder weicht auf den Flügel aus, aber am gefährlichsten ist er, wenn er zwischen den Linien auftaucht", hat Flick ermittelt. Mit Vorliebe schlendert der Schwede in der anonymen Zone zwischen Abwehr und Mittelfeld herum, "manchmal steht er 20, 30 Sekunden auf der Stelle und legt dann plötzlich los", sagt Flick. Gegen die Färöer hat er zuletzt zweimal plötzlich geschossen, aus Zonen, aus denen kein Mensch sonst schießen würde.

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Es ist noch nicht so lange her, dass die DFB-Elf einem Spieler begegnet ist, der auch aus einer Zone schoss, aus der kein Mensch sonst schießen würde. Mario Balotelli, der extraordinäre Italiener, hat die Deutschen mit ähnlich verrückten Einfällen aus der EM vertrieben, und diese Parallele ist es, die die Deutschen doppelt auf der Hut sein lässt. "Ibrahimovic ist einer von etwa zehn Spielern auf der Welt, die ein Spiel mit einer einzigen Aktion alleine entscheiden können", sagt Hansi Flick.

Die Manndeckung ist abgeschafft im Fußball, und so wird Ibrahimovic ein Fall für alle sein. Im Nationalteam spielt er ja meist hinter einem klassischen Angreifer, und so werden es die deutschen Sechser ebenso mit ihm zu tun bekommen wie Innen- und Außenverteidiger. "Wichtig ist, dass wir seine Drehungen verhindern", sagt Flick, denn das kann Ibrahimovic wie kaum ein Zweiter: sich mit dem verlängerten Rücken Platz verschaffen und dann ein filigranes Pässchen ins Gässchen spielen.

Der angeschlagene Sechser Sami Khedira wird wohl passen müssen, Toni Kroos soll ihn ersetzen. Kroos ist eher der Künstlertyp, aber er weiß, dass er Ibrahimovic in Zweikämpfe verwickeln muss. Das mag der Schwede nicht, und wenn er die Lust verliert, kann es passieren, dass er auch mal deutlich länger als 20, 30 Sekunden auf der Stelle steht.

© SZ vom 16.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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