Dennis Schröder bei den Raptors:Der Ober-Dino von Toronto

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Dennis Schröder hatte es gegen Dallas auch mit Kyrie Irving (re.) zu tun, dem Wirbelkünstler der Mavericks - und schlug sich auch defensiv sehr ordentlich. (Foto: Richard Rodriguez/Getty Images via AFP)

Neues Team, neuer Trainer und Dennis Schröder spielt einfach weiter so, als sei noch Basketball-WM. Der Weltmeister zeigt in Kanada zum Saisonstart seine Qualitäten - auch im Duell mit Maxi Kleber, mit dem ihn eine pikante Vorgeschichte verbindet.

Von Jonas Beckenkamp

Es mag eine beiläufige Begegnung gewesen sein, in so einem Basketballspiel treffen ja ständig Spieler aufeinander, aber ausgerechnet diese beiden? Dennis Schröder und Maxi Kleber, zwei Deutsche mit einer besonderen Vorgeschichte, warfen sich ein paar deftige Sätze zu. Es ging im dritten Viertel der NBA-Partie zwischen Klebers Dallas Mavericks und Schröders Toronto Raptors um einen Einwurf - Schröder hatte den Ball bei einer Rettungsaktion an Klebers Bein geschmissen, da zürnte der Getroffene kurz.

Schröder, 30, gegen Kleber, 31, dieses Duell hatte es bereits vergangenen Sommer gegeben, nur in anderer Rollenverteilung: Der Braunschweiger Schröder warf dem Würzburger Kleber vor, sich nicht genügend im Nationalteam einzubringen, was zum Zerwürfnis führte und im Rückzug Klebers im WM-Sommer endete. Danach führte Schröder als Strippenzieher und Antreiber Deutschland zu einem nie für möglich gehaltenen Triumph samt Goldmedaille.

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:Schröders verbaler Monsterblock

Der Kapitän der deutschen Basketballer hat mit seinen Aussagen über Maxi Kleber ohne Not den Zusammenhalt im WM-Team angekratzt - denn er zwingt Bundestrainer und Verband in ein Dilemma.

Kommentar von Jonas Beckenkamp

Das Wiedersehen der beiden fiel beim 127:116 der Raptors knapp aus - aber der Ausgang war derselbe: Erneut hieß der Sieger Schröder, seine 18 Punkte, fünf Vorlagen sowie einige griffige Abwehraktionen übertrafen Klebers Beitrag (vier Zähler, vier Rebounds) deutlich. Weshalb die Partie auch als Beleg dafür galt, wie Schröder sich im Norden der Profiliga gerade als Boss etabliert. "Sie waren aggressiv", folgerte Dallas-Trainer Jason Kidd, früher selbst ein Spielmacher der Extraklasse: "Sie wussten, wie man die Mitte zumacht, zogen zum Korb und kontrollierten die Rebounds."

Sogar seine Dreier trifft Schröder erstaunlich gut

Viel Anerkennung also für die neue Angriffslust Torontos, wo mit Schröder nun ein Basketballer Regie führt, der in der NBA seine Weltmeisterform bestätigt. Wer Schröder in diesen ersten Wochen der Saison zusieht, erlebt eine Art Flashback in jene Septemberwochen, als er für eine Weile den Gegnern Knoten in die Beine dribbelte. Der wertvollste Akteur der WM spielt einfach so weiter, als wäre noch immer WM - das überrascht nach einer unsteten Phase in der NBA. Statistisch betrachtet ist Schröders zehntes Jahr in der Liga eines seiner stärksten: 17 Punkte im Schnitt, fast neun Assists, knapp drei Rebounds, Trefferquoten im elitären Bereich.

Was aber noch wichtiger ist: Er hat unter seinem neuen Trainer Darko Rajakovic sein Spiel an die Lage bei den Raptors angepasst. Schröder konzentriert sich mehr aufs sogenannte "Catch and Shoot", er bekommt Bälle zugepasst, wenn es innen eng wird - und wirft direkt. Bisher trifft er auf diese Weise sogar seine Dreier erstaunlich gut. So weitet sich die Offensive der Raptors, Schröders Präzision schafft Räume für andere.

Maxi Kleber fehlte Dallas zuletzt drei Spiele wegen einer Zehenverletzung - jetzt ist er wieder fit. (Foto: Kevin Jairaj/USA Today Sports via Reuters Con)

Die Raptors sind kein Team zum Schwärmen, aber sie gelten dank Profis wie Schröder, Scottie Barnes, Pascal Siakam oder OG Anunoby nicht als völlig chancenlos. Mit vier Siegen aus den ersten acht Partien ist die Bilanz durchwachsen, aber die Playoffs sollten drin sein. Dass die Verbindung zwischen dem zuvor bei den Los Angeles Lakers nicht glücklichen Schröder und Toronto funktionieren kann, wusste einer schon vorher.

"Ich habe Dennis direkt geschrieben, als ich gesehen habe, dass er nach Toronto geht", erzählte Bundestrainer Gordon Herbert zuletzt im Interview mit ran: "Das ist eine tolle Situation für ihn als Spieler und für seine Familie. Er hat dort die Chance, das Team anzuleiten und ein Anführer zu sein. Es ist eine Win-win-Situation." Bisher scheint Herbert, selbst Kanadier, recht zu behalten. Er weiß wie kein anderer, dass Schröder immer dann performt, wenn ein Trainer voll auf ihn setzt, inklusive aller Freiheiten. Entsprechend läuft es unter dem Serben Rajakovic, den Schröder noch als Co-Trainer aus seiner Zeit bei den Oklahoma City Thunder kennt.

Schröder steht bei den Raptors in der Startformation - und glänzt als Organisator

Zu Saisonbeginn zeigte sich der Coach in einer Medienrunde fest davon überzeugt, dass in Schröders Spiel "mehr steckt, als er bisher in der NBA gezeigt hat". Mehr Verantwortung (siehe WM), mehr Biss in der Verteidigung, mehr Organisationstalent. Mit diesem Ansporn hat er seinen Dirigenten, den er früh als Ober-Dino in der Startformation auserkor, offenbar an der richtigen Stelle erwischt. Denn wenn es eine Charaktereigenschaft gibt, die Schröder prägt, dann sein Ehrgeiz.

"Ich will beweisen, dass ich einer der besten Point Guards bin", sagte er im Trainingscamp: "Ich werde versuchen das Team nach vorne zu bringen und ein Leader zu sein." Noch sei man dabei, "sich kennenzulernen", aber es mehren sich die Anzeichen, dass es klickt. Das gilt trotz der Niederlage auch für Maxi Klebers Mavericks. Das Team erwischte, angeführt von Luka Doncic, einen Saisonstart, der alles andere als beiläufig wirkt. Sechs Siege, zwei Niederlagen - so gut lief es seit den Nowitzki-Tagen nicht mehr.

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