Neuseeland bei der Rugby-WM:Der Haka der All Blacks sitzt

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Furchteinflößendes Ritual: Neuseelands Spieler zelebrieren den Haka, jenen Tanz der Maori, der als Gruß interpretiert werden kann - oder eben als warnende Botschaft an den Gegner (in dem Fall an Südafrikas Mannschaft). (Foto: Odd Andersen/AFP)
  • Die All Blacks aus Neuseeland sind auch bei der aktuellen WM im Rugby einer der Favoriten.
  • Zum Turnierstart gelingt ein Sieg gegen Südafrika, der auch als Signal nach innen wirkt.

Von Thomas Hahn, Yokohama

Nach dem 23:13-Auftaktsieg gegen Südafrika bei der WM in Japan musste Neuseelands Rugby-Faktotum Sonny Bill Williams kurz mal abschweifen von allen Teamgedanken und ein paar persönliche Sätze sagen. Williams gehört zu den schillerndsten Spielern des Titelverteidigers. Er war 2011 und 2015 dabei, als Neuseeland jeweils Weltmeister wurde, er hat bei Olympia im Siebener-Nationalteam gespielt, eine bewegte Klubkarriere hinter sich sowie ein Intermezzo als Profiboxer (sieben Kämpfe, drei K.-o.-Siege, null Niederlagen).

34 ist Williams mittlerweile, "ein zartes Alter", wie er selbst sagt, und sein Körper hält nicht mehr alles aus. Verletzungen haben ihn zuletzt an seinem 1,94 Meter großen Athletenkörper zweifeln lassen. Aber jetzt ist er wieder dabei. Kam gegen Südafrika nach 50 Minuten ins Spiel, leistete seinen Beitrag zum Sieg. Da nahm er sich die Freiheit, den Abend auch als sein ganz persönliches Fest zu feiern. Er sagte: "Ich bin absolut dankbar, hier zu sein und mit ein paar der besten Spieler der Welt gegen ein paar andere beste Spieler der Welt zu spielen."

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Die WM in Japan ist die erste in Asien, das gibt dem Turnier nicht nur wirtschaftlichen Reiz. Der Gastgeber ist bewährter Außenseiter - vor vier Jahren gelang ein denkwürdiger Erfolg, der aber auch Probleme mit sich brachte.

Von Thomas Hahn

Diesen kurzen Ausflug in sein Seelenleben hätte sich Sonny Bill Williams wahrscheinlich gespart, wenn die All Blacks nicht das getan hätten, was sie meistens tun, nämlich gewinnen. Der WM-Einstieg in Yokohama war für sie nicht nur für das Punktekonto in WM-Gruppe B wichtig. Sondern auch für ihr Selbstverständnis. Zweifel hatten Chefcoach Steve Hansen und seine Männer ins Weltturnier begleitet. Die 2019-Bilanz stimmte nicht: Platz drei bei der sogenannten Rugby Championship, einem Viererturnier für die besten Teams der Südhalbkugel. Unentschieden gegen Südafrika. Niederlage gegen Australien. Von Irland auf Platz zwei der Weltrangliste verdrängt. So verwundbar kannte man die All Blacks gar nicht mehr.

Aber nach dem ersten Spitzenspiel der WM kann man sagen: Eine echte All-Blacks-Krise gibt es nicht. Der Sieg gegen Südafrika war zwar keineswegs ungefährdet. Vor allem in der zweiten Halbzeit zeigten die Springboks, dass man durchkommen kann durch Neuseelands schwarzen Riegel. Es war kein Zufall, dass Coach Hansen den Notfall-Tackle von Richie Mo'unga gegen den leichtfüßigen Cheslin Kolbe als "Matchwinner" einordnete.

Trotzdem: Das Team verteidigte meistens konzentriert, leistete sich kaum Fouls, zeigte in der ersten Halbzeit sogar Momente spielerischer Brillanz und schaffte binnen fünf Minuten durch George Bridge und Scott Barrett die entscheidenden Läufe ins Malfeld der anderen. Die Südafrikaner deuteten Neuseelands Erfolg als Ergebnis ihrer eigenen Fehler. Glückssieg durch Zufallsversuche? Hansen widersprach, vor allem mit Blick auf Bridges Try, der den All Blacks in der 23. Minute den ersten Fünf-Punkte-Erfolg brachte. "Der kam von einem Angriffskick. Das war geplant."

Die All Blacks schwachzureden, wird wohl nicht funktionieren. Ihr Selbstbewusstsein ist eine Festung. Ihr WM-Haka sitzt, sogar mit einer Neuerung, denn Kapitän Kieran Read und Halfback TJ Perenara, ein Maori, leiteten den traditionellen Einstimmungstanz gemeinsam an. Und Coach Hansen dachte überhaupt nicht daran, sich einreden zu lassen, der Auftaktsieg sei eine Erleichterung. "Er ist zufriedenstellend", sagte er. Auf dem Feld wird man sie schlagen müssen, vielleicht im Stile der Iren, die am Sonntag Schottland 27:3 bezwangen. Die All Blacks wissen, dass sie wachsam sein müssen. Auch Sonny Bill Williams war gleich wieder bei der rauen Rugby-Wirklichkeit, nachdem er von seinem persönlichen WM-Glück erzählt hatte. "Mit der Leistung gegen Südafrika", sagte er, "werden wir das Turnier nicht gewinnen."

© SZ vom 23.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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