Gerüchte um Max Eberl und Leipzig:Aktenzeichen RB ungelöst

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Frust kurz vor dem Bundesligastart: Leipzigs Dani Olmo. (Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

Am Tag nach der Supercup-Pleite gegen den FC Bayern verkündet Leipzig die Verpflichtung von Nationalspieler David Raum. Doch das kaschiert nicht, dass der Pokalsieger mit einer Reihe von offenen Personalien in die neue Saison geht.

Von Javier Cáceres, Leipzig

Nach dem Spiel mutierte Oliver Mintzlaff zum Chamäleon. Gerade eben hatte er noch als oberster Chef von RB Leipzig präsidial über die 3:5-Niederlage gegen den FC Bayern im Supercup gesprochen und dabei auch deutliche Worte gefunden ("wir waren in der ersten Halbzeit viel zu ängstlich"); nun war er wieder ganz der Sportdirektor. In der Mixed Zone hatte Mintzlaff einen Noch-Mitarbeiter entdeckt, Linksverteidiger Angeliño, 25, der zwecks "Klärung seiner beruflichen Zukunft" freigestellt worden war, aber trotz ursprünglich gegenteiliger Pläne in Zivil im Stadion erschienen war. Mintzlaff nutzte die Gelegenheit, um den Spanier zum Zwiegespräch in den Garagentunnel zu bitten.

Es ging überaus freundlich zu, vor allem gemessen daran, dass zuvor aus berufenem Munde zu hören gewesen war, Angeliño habe nicht nur geschmollt, sondern regelrecht gekocht - wegen einer Personalie, die am Sonntag dann besiegelt wurde. Eine Personalie, die beim Linksverteidiger unter anderem die Frage aufwarf, ob er in seiner Zeit bei Leipzig nicht etwa vernünftige Leistungen gezeigt habe. Oder ob er sich etwas zu Schulden habe kommen lassen. Was Mintzlaff mit freundlichen Worten und einem Schulterklopfer zum Abschied verneinte.

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Aber es blieb dabei: David Raum, 24-jähriger Linksverteidiger der TSG 1899 Hoffenheim und der deutschen Nationalmannschaft, unterschrieb am Sonntag einen angeblich sehr, sehr üppig dotierten Fünfjahresvertrag bei RB Leipzig. Angeblich erhalten die Hoffenheimer mehr als 25 Millionen Ablöse für ihren Überraschungsmann der vergangenen Saison.

"Ich bin sehr glücklich über meinen Wechsel zu RB Leipzig", wurde Raum in einer Vereinsmitteilung zitiert. Und Angeliño, der bisherige Inhaber dieser Position? Lehnte am Samstagabend jeden öffentlichen Kommentar ab, kündigte aber dem Vernehmen nach im Zwiegespräch mit Mintzlaff an, seinen noch drei Jahre laufenden und nicht ganz so guten, aber immer noch wuchtig ausgestatteten Vertrag erfüllen zu wollen. Was sich wohl ändern dürfte, sobald auf dem Transfermarkt die Kunde herum ist, dass Leipzig einen sehr guten Linksverteidiger abzugeben hat. An einem Wechsel zu Raums Ex-Verein Hoffenheim soll Angeliño nicht gelegen sein. Doch ob er sich wirklich in Leipzig auf die Bank setzen würde?

Fortan ein Leipziger: David Raum, hier noch im Hoffenheimer Trikot. (Foto: Thomas Frey/Imago)

Raum ist ja ebenfalls ein sehr guter Linksverteidiger, seine Flankenläufe haben ihn zum festen Bestandteil der WM-Planungen von Bundestrainer Hansi Flick gemacht. Nur: Das 3:5 gegen den FC Bayern schärfte die Sinne neuerlich dafür, dass die linke Außenbahn gewiss nicht die größte Baustelle im Kader der Leipziger ist.

Die Doppelsechs vor der Abwehr mit Kevin Kampl und Konrad Laimer bekam das Spiel nicht in den Griff; die Innenverteidigung um Kapitän Willi Orban wirkte wieder einmal gegen einen sogenannten großen Gegner überfordert, die Verletzung des zentralen Abwehrspielers Josko Gvardiol hat fatale Auswirkungen, insbesondere auf die Spieleröffnung. "Er fehlt uns seit acht Wochen extrem, er ist ein ganz, ganz wichtiger Spieler für uns", sagte Trainer Domenico Tedesco. Und seine Stürmer fanden in der ersten Halbzeit nicht mal ansatzweise in die Partie.

"Na? Willst Du einsteigen?", warf Bayern-Trainer Nagelsmann seinem früheren Spieler Dani Olmo zu

Erst nach der Pause wurde durch die Einwechslungen von André Silva und Dani Olmo der großzügige und angesichts der spielerischen Qualität im Kader überraschende Verzicht auf Ballbesitz und Initiative aufgegeben. Mit dem Resultat, dass die Leipziger durch Tore von Marcel Halstenberg, Christopher Nkunku und Dani Olmo einen Hauch von Ebenbürtigkeit herbeizauberten, dem etwas Fiktives anhaftete. Julian Nagelsmann, Trainer des FC Bayern, wusste gewiss ganz gut, welchen Nerv er bei seinem früheren Spieler Olmo traf oder treffen musste, als er ihm ein keckes, augenzwinkerndes "Na? Willst Du einsteigen?" zuwarf, ehe er mit einem breiten Lächeln im Mannschaftsbus der Bayern verschwand.

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Den Tatbestand des akuten Abwerbeversuchs erfüllte die Bemerkung wohl nicht, was nicht heißt, dass die Bayern ihre Augen von den Leipzigern abwenden würden. Die Frage, ob der Ballabräumer Konrad Laimer Leipzig wie von ihm gewünscht in Richtung München verlässt, ist weiterhin ungeklärt. Es werde bald eine Entscheidung geben, erklärte Mintzlaff. Doch die Fristen, die man sich intern als Deadline für einen möglichen Laimer-Wechsel gesetzt hatte, sind schon vor einigen Tagen abgelaufen, sodass man Mintzlaffs Worte wohl dahingehend deuten muss, dass er interessiert auf ein nachgebessertes Ablöse-Angebot der Bayern wartet.

Offen blieb am Wochenende auch eine andere Personalie, konkret beim Thema "Sportdirektor". Der TV-Sender Sky hatte Stunden vor dem Spiel von Leipziger Verhandlungen mit Max Eberl berichtet, jenem Manager, der Ende Januar aus gesundheitlichen Gründen sein Amt in Mönchengladbach aufgegeben hatte. "Wir melden uns, wenn wir etwas zu verkünden haben", sagte Mintzlaff bei Sat1, und ließ einen Satz folgen, der in seiner Unbestimmtheit bemerkenswert war: "Wer es dann sein wird, werden wir dann irgendwann präsentieren."

Bemerkenswert war er deshalb, weil Mintzlaff in der Vergangenheit nach dem Abschied des heutigen Frankfurt-Managers Markus Krösche vollmundig eine "1A-Lösung" angekündigt hatte und dabei so klang, als habe er den größten Mastermind der europäischen Fußballbranche an der Angel. Aber: Auch am Sonntag - also mehr als ein Jahr nach Krösches Weggang - war der Sportdirektor-Posten bei RB noch vakant.

Dessen Aufgaben sind seit geraumer Zeit auf sehr viele Schultern verteilt, was nach Reibungsverlusten riecht. Frank Aehlig trägt den Titel "Leiter Lizenzbereich", Florian Scholz ist "Kaufmännischer Leiter Sport", Christopher Vivell "Technischer Direktor". Am Ende aber hat Mintzlaff das letzte Wort. Ob das bei den Gesprächen mit Eberl eine Rolle spielt, war am Sonntag nicht zu klären. Denn der frühere Gladbach-Manager ließ Anfragen unbeantwortet.

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