Präsident des DFB:Warum Niersbach zurücktreten muss

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Niersbach wird sich der Verantwortung nicht entziehen können. Ein Rücktritt wäre folgerichtig. (Foto: dpa)

Unwahrheiten und schlechtes Krisenmanagement: Mit seinen Verstrickungen in der WM-Vergabe-Affäre ist Wolfgang Niersbach zum Problem geworden - als DFB-Präsident ist er nicht mehr tragbar.

Kommentar von Thomas Kistner

Die Götterdämmerung hat eingesetzt, auch wenn sie für Lichtgestalten länger dauern mag als für den sterblichen Funktionär. Allerdings wohnt auch dem unaufhaltsamen Sturz des Wolfgang Niersbach eine durchaus Beckenbauersche Dimension inne.

Selten zuvor ist einer so rasant aufgestiegen wie der Mann, der 2012 plötzlich DFB-Präsident wurde. Schon in dieses Amt hatten ihn die Umstände gespült, Vorgänger Theo Zwanziger war jäh zurückgetreten. Zugleich fiel die Thronübernahme in eine Zeit heftigster Turbulenzen; die Fußballwelt brach aus den Angeln. Dem Neuankömmling in den Vorstandsetagen von Weltverband Fifa und Europa-Union Uefa blieb nur wenig Eingewöhnungszeit, schon warteten die höchsten Weihen.

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Als Zugriffe der US-Justiz das Regnum des ewigen Fifa-Patrons Sepp Blatter beendeten, war Europa gefragt: Uefa-Chef Michel Platini kündigte seine Kandidatur an - und Niersbach wurde als heißer Kronprinz gehandelt. Weil er den größten und wichtigsten Verband anführte, und vor allem: weil er als unbelastet galt. Immun gegen all die Tretminen, die bald im Wochentakt rund um den Fußball hochgingen. Monate später, als Blatter und Platini suspendiert wurden, war Niersbach sogar für das höchste Amt im Gespräch: als tadelloser Deutscher, der die Wende verkörpert.

Nur Niersbach selbst drehte und wand sich all die Zeit, stets blieb er im Unklaren. Nicht nur in der Frage zum eigenen Karriereplan, sondern auch mit Aussagen zu der Sumpflandschaft, die rund um den Fußball blubberte. Warum das so war, ist heute klar.

Seit Juni hatte Niersbach geheime Treffen mit den alten Mitstreitern im deutschen WM-OK 2006; schon zuvor gab es Zusammenkünfte, die Zwanziger einberufen hatte, der Mann, mit dem ihn eine epische Feindschaft verbindet. Warum sie sich trafen, was es so anhaltend zu besprechen gab rund um eine 6,7-Millionen-Euro-Zahlung, die bis heute vor der Öffentlichkeit verborgen werden muss - die Antworten bleibt er schuldig. Als vor Wochen die Affäre hochkochte, verwies er gar auf eine seit Sommer laufende interne Prüfung - von der kein DFB-Präsidialer etwas wusste. Zugleich behauptete er das, was schon 2005 zur Verschleierung der Zahlung behauptet wurde: Das Geld sei für ein WM-Kulturprogramm geflossen.

Ein Stammelsurium aus Widersprüchen und Erinnerungslücken

Das war unwahr - und eine Prüfung hätte das längst ergeben müssen. Schließlich die Pressekonferenz, in der Niersbach, gelernter Mediendirektor, statt Aufklärung ein Stammelsurium aus Widersprüchen und Erinnerungslücken feilbot. Spätestens jetzt war er zum Problem geworden.

Aus all den Gründen kann er nicht länger DFB-Chef sein; gleich, wie sein Part in der Affäre am Ende aussieht. Jüngst erst verwies er auf den "schweren Rucksack" von Platini bei dessen Fifa-Kandidatur; über Monate forderte er Blatter zum Rückzug auf, mit dem Argument, er müsse die politische Verantwortung übernehmen, selbst wenn ihm persönlich nichts anzulasten sei. Blatter und Platini müssten den Weg freimachen für den Neuanfang.

Genau so ist jetzt die Situation im DFB. Niersbach muss den Weg freimachen.

© SZ vom 05.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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