DFB-Affäre:Beckenbauer: "Was fragt's immer mich!"

Franz Beckenbauer Launches FIFA Worldcup 2006 Final ball

Ob auf dem Rasen oder am Brandenburger Tor, zumindest am Ball hat Franz Beckenbauer nie einer etwas vormachen können.

(Foto: Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Die Staatsanwaltschaft ermittelt in der DFB-Affäre - doch der Name Beckenbauer taucht nicht unter den Beschuldigten auf. Das ist nur auf den ersten Blick verwunderlich.

Von Hans Leyendecker und Klaus Ott

Franz Beckenbauer ist ein absoluter Meister beim linksrum und beim rechtsrum spielen. Wenn ihn jemand fragen würde, ob es gut sei, dass mittlerweile so viele Mannschaften an Welt- oder Europameisterschaften teilnehmen, könnte es passieren, dass der 70-Jährige erst die Exoten feiern und dann, eine kleine Weile später, anmerken würde, da seien bei den Turnieren doch viel zu viele Leute "mit viereckigen Füßen" dabei. So ist er halt - der Franz, der Kaiser.

Vor 17 Jahren hat der damalige Reporter und heutige Spiegel-Chefredakteur Klaus Brinkbäumer für die verlässlich wechselnden Meinungen des deutschen Weltstars den wunderschönen Begriff "Der Firlefranz" gefunden. Nur in seinem Fachgebiet, dem Fußballspiel, ist auf Beckenbauer absolut Verlass. Als Libero und auch als Trainer war er ein ganz Großer.

Von Geschäften und all dem komplizierten Zeug, das mit dem Big Business zusammenhängen kann, versteht der Millionär hingegen wenig bis gar nichts. Früher hat alles Lästige sein Berater Robert Schwan erledigt. Später haben das andere für ihn gemacht. Beckenbauer hat offenbar damit reichlich zu tun, Beckenbauer zu sein. Er ist außerdem sehr liebenswürdig und höflich, was die Menschen, die ihn bewundern, schätzen.

Der Name Beckenbauer fehlt

Als die Frankfurter Staatsanwaltschaft in der Affäre um die WM 2006 und den Deutschen Fußball-Bund, die um die ominösen 6,7 Millionen Euro kreist, ein Aktenzeichen anlegte und als Beschuldigte den früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger, den ehemaligen DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt und den heutigen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach eintrug, fehlte der Name Beckenbauer.

Das ist auf den ersten Blick verwunderlich, auf den zweiten aber durchaus nachvollziehbar. Mit Steuern, Betriebsausgaben und all dem trockenen Zeug kennt sich Beckenbauer nicht aus. 4-3-3 oder 4-2-4 - das ist mehr seine Welt. Aber das Verfahren der hessischen Ermittler läuft nun mal wegen Verdachts der schweren Steuerhinterziehung. Dass Beckenbauer als junger Mensch mal seine Steuern nicht ordentlich gezahlt hat, tut in diesem Zusammenhang nichts zur Sache.

Wahr ist aber auch, dass es ohne Beckenbauer diesen Fall nicht gegeben hätte.

Der Beschuldigte Zwanziger hat in diesen Tagen über seinen Anwalt dem DFB den Ratschlag gegeben, das derzeitige Präsidium solle darüber entscheiden, ob die 6,7 Millionen Euro, die im April 2005 unter einem falschen Verwendungszweck an den Fußball-Weltverband Fifa gezahlt wurden, von Beckenbauer zurückgefordert werden könnten. Auch könnten derart "etwaige steuerliche Verpflichtungen nachträglich" erledigt werden. Beckenbauer sei damals der Begünstigte gewesen, weil durch die Überweisung eine "von ihm persönlich eingegangene Schuldverpflichtung aus heutiger Sicht möglicherweise zu Unrecht getilgt" worden sei.

Dubios, aber nicht verwerflich

Aus Zwanzigers Sicht mag das nachvollziehbar sein. Für den Rest der Republik allerdings gilt das vermutlich nicht. Noch einmal in Schnappschuss-Kürze die Fakten: Deutschland bekam im Jahr 2000 von der Fifa den WM-Zuschlag für 2006. Anschließend versuchten das deutsche Organisationskomitee (OK) für die WM und insbesondere Beckenbauers Helfer Fedor Radmann die Fifa dazu zu bringen, den in solchen Fällen üblichen Finanzzuschuss zu gewähren. Man scheiterte zunächst.

Radmann soll dann bei einem Gespräch mit Mitgliedern der Fifa-Finanzkommission darüber belehrt worden sein, es brauche da schon eine deutsche Vorleistung. Das soll Beckenbauer in seiner Einvernahme durch Anwälte der Kanzlei Freshfields, die im DFB-Auftrag ermittelt, so berichtet haben. In diesem Zusammenhang soll von einem Mitglied der Fifa-Finanzkommission die Summe von zehn Millionen Schweizer Franken genannt worden sein.

Falls jemand eine solche Forderung aufgestellt haben sollte, wäre das eine Art Schutzgelderpressung gewesen. Beckenbauer will 2002 mit dem inzwischen suspendierten Fifa-Präsidenten Sepp Blatter über den Fall gesprochen haben. Blatter soll nur sehr allgemein erklärt haben, er wolle den Deutschen helfen.

Dann soll Beckenbauer, der Präsident des OK war, gemeint haben, die 6,7 Millionen Euro könne er auch selbst zahlen. Sein langjähriger Berater und Vertrauter Schwan soll ihn zurückgehalten haben. Verrückt. Dann soll der frühere Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus ins Spiel gekommen sein, der das Geld an wen auch immer gezahlt haben soll. Beckenbauer sagte Freshfields, er wisse nicht, an wen das Geld geflossen sei. Dreyfus jedenfalls fertigte einen Schuldschein aus, den Beckenbauer unterzeichnen musste.

Höchst dubios alles, aber steuerrechtlich noch nicht verwerflich. Dreyfus wollte 2004 sein Geld zurück. Günter Netzer, der manchmal auf dem Platz ein kongenialer Partner von Beckenbauer und später ein Vertrauter von Dreyfus war, stellte den Kontakt zum OK her. Die OK-Vizes Zwanziger und Schmidt sollen versucht haben, Dreyfus zum Verzicht zu bewegen. Doch der beharrte auf seinem Geld.

Kein richtiger Geschäftsmann

Dann kam man im OK auf die Idee - jedenfalls schildert das Schmidt so - im Jahr 2005 die Dreyfus zustehenden 6,7 Millionen Euro unter der Tarnbezeichnung "Beitrag Kultur-Programm Fifa" auf ein Konto des Weltverbandes zu überweisen. Von dort sollte das Geld weiter an Dreyfus fließen.

Beckenbauer jedenfalls, der den vermutlich von Dreyfus ausgestellten Schuldschein unterschrieben hatte, sollte nicht zahlen müssen. Dass Beckenbauer in diesen Vorgang nicht eng eingebunden war, liegt für Beckenbauer-Kenner auf der Hand. Er verdiente, wie sein Manager vor zwei Jahren verriet, mit Einnahmen aus Werbeverträgen rund zehn Millionen Euro im Jahr, aber ein richtiger Geschäftsmann ist er dennoch nicht geworden.

"Was fragt' s immer mich", fragt Beckenbauer manchmal. Da hat er recht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: