Olympia:Das IOC liegt Trump zu Füßen

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Hat noch vor der Bundeskanzlerin mit dem neuen US-Präsidenten Donald Trump telefoniert: IOC-Chef Thomas Bach. (Foto: AFP)

2024 wollen die USA Olympia ausrichten. Die Einreiseverbote des neuen US-Präsidenten sind für Thomas Bach und das IOC halb so wild - man will ja keinen Ärger machen.

Kommentar von Thomas Kistner

Jetzt ist also die Welt in Aufruhr, wegen Donald Trumps Einreiseverboten. Aus der Hüfte geschossen ist das Dekret wie alles, was von diesem Mann kommt, der nun die USA regiert. Über die Gesetzmäßigkeit der Maßnahme müssen Gerichte entscheiden, ihr Charakter tritt aber schon so klar zutage wie die brutale Entschlossenheit, mit der Trump sein Ding durchzieht. Oder?

Unsinn. Alles halb so wild.

Sportliches Miteinander in Trumps Amerika wird weiterhin "in Übereinstimmung mit den olympischen Werten von Freundschaft, Höchstleistung und Respekt" stattfinden! Das hat gerade ein devoter Höfling ... - pardon: Das hat gerade eine Institution erklärt, deren edelstes Ziel es ist, die Jugend aus allen Weltregionen zusammenzuführen: das IOC.

Doping in Russland
:Thomas Bach - zerlegt mit Hilfe der Olympischen Charta

Natürlich dürfte der IOC-Präsident russische Doper kollektiv sperren - so steht es in den Richtlinien. Er tut es nur nicht.

Kommentar von Thomas Kistner

Die Welt vereinen: Das ist das Argument, das dem Internationalen Olympischen Komitee und seinen Spielen ihren werthaltigen Sonderstatus sichert. Sie sind halt anders, besser als diese zahllosen internationalen Sportsausen. Denn nur hier schwebt dieses Ideal über allem; die olympische Idee, Inbegriff der globalen Völkerverständigung.

Es gibt auch so schon viel Kritik an der Kommerzmaschine IOC. Evoziert hat sie zuletzt der fürsorgliche Umgang mit dem staatlich orchestrierten Dopingbetrug in Russland und mit den Verantwortlichen in Putins Reich. Insofern besäße dieses Bild eine zwingende Logik: Wie sich bei den Sommerspielen 2024, um die Trumps Land ja gerade mit Los Angeles buhlt, Athleten aus aller Welt fröhlich bei den Händen fassen, während an den Grenzen desselben Landes Fünfjährige festgesetzt werden, weil sie den falschen Pass haben.

Trump will mit Los Angeles nicht als Loser dastehen

Ausgerechnet das IOC sieht also keinen Anlass zur Besorgnis um die Lage in den USA und um seinen Top-Kandidaten Los Angeles (daneben bewerben sich Paris und Budapest)? Das zeigt die Nähe des IOC zum Trumpismus. Der übrigens nicht weit weg ist von dem im IOC ebenso geschätzten Putinismus. Thomas Bach, der deutsche IOC-Boss, hatte mit Trump gleich nach dessen Wahl, noch vor der deutschen Kanzlerin, ein "ausführliches und gutes Gespräch" geführt.

Trump und das IOC haben aus Bachs Warte so manches gemeinsam. Trumps Wahlsieg sei, wie der angebliche Erfolg der Spiele im chaotischen Rio, ein Fallbeispiel für den Unterschied zwischen "veröffentlichter Meinung und öffentlicher Meinung"; zwischen "Wahrnehmung und Realität". Das hat Bach beim Konvent aller NOKs in Doha geäußert.

Die Lügenpresse als gemeinsamer Gegner, das ist sicherlich ein fruchtbarer Boden für Spiele in Trumpland. The Donald wird ja sowieso nicht freundlich nachfragen, ob das IOC geneigt wäre, ihm diese Spiele zu dedizieren. Er wird die Muskeln flexen, wohlwissend natürlich, dass ihm im Multikultiverband IOC mit seinen zahlreichen Mitgliedern aus muslimischen Ländern und einer zunehmend skeptischen Restwelt keinerlei Begeisterung entgegenbrandet.

Gerade das könnte Bachs Problem werden, wenn im Herbst 2017 die Spielestadt 2024 gekürt wird. Trump will kein Loser sein wie Obama und Hillary Clinton, die mit Chicago (für die Spiele 2016) und New York (2012) krachend scheiterten. Er wird alle Geschütze auffahren. Und er hat in Putin einen mächtigen Helfer - zumal gegenüber dem IOC.

Das IOC glaubt an reibungslose Wettspiele in den USA? Klar. So wirkt das, aus der Perspektive zu Trumps Füßen.

© SZ vom 02.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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