Olympia:«Baustelle» - Eishockey-Nachwuchsprobleme rächen sich

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Sotschi (dpa) - Zuversicht klingt anders. Wenn Bundestrainer Peter Kathan über die Zukunft des deutschen Frauen-Eishockeys spricht, schwingt in seinem oberbayerischen Dialekt wenig Hoffnung mit.

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Sotschi (dpa) - Zuversicht klingt anders. Wenn Bundestrainer Peter Kathan über die Zukunft des deutschen Frauen-Eishockeys spricht, schwingt in seinem oberbayerischen Dialekt wenig Hoffnung mit.

„Unsere U18 muss unbedingt wieder aufsteigen“, sagt der 65-Jährige, es klingt fast wie ein Flehen. Kathan weiß um die schwierige Situation seiner Sportart, auch nach dem Verpassen des olympischen Viertelfinales im fernen Sotschi erzählt er von den Nachwuchsproblemen in der Heimat als Ursprung vieler Probleme. „Das ist die deutsche Baustelle“, meint der Tölzer.

Die Auswahl, die er im Sommer an den bisherigen Co-Trainer Benjamin Hinterstocker abgeben wird, habe im internationalen Vergleich nicht genug Frauen, die schwierige Matches entscheiden können. „Wir haben fünf bis sechs Spielerinnen, andere Nationen 20“, zählt er auf. Unklar war, ob er die drei Torhüterinnen zu dem halben Dutzend dazuzählt. Dann sähe die Lage bei den Feldspielerinnen, die in Sotschi gegen Russland (1:4) und Schweden (0:4) in 120 Minuten erst ein Tor zustande gebracht haben, noch dramatischer aus.

Die Ausführungen Kathans lassen nicht auf eine bessere Zukunft hoffen - dabei könnte der Auftritt bei Olympia die Sportart pushen. Dann aber erzählt der Trainer von den Bedingungen für viele Mädchen daheim. Meist dürften sie in jungen Jahren zwar noch bei den Jungs mittrainieren, an regelmäßige Einsätze ist aber nicht zu denken. „Die werden dann in die zweiten Mannschaften abgeschoben. Nicht mal in Trainingsspielen setzen sie die Coaches ein. Dabei nehmen die Vereine doch die Gemeinnützigkeit wahr“, klagt der Noch-Bundestrainer.

Die Rekordtorjägerin der deutschen Auswahl, Maritta Becker, springt Kathan zu Seite. „Ein Mädchen, das Talent hat, sollte genauso gefördert werden wie Jungs“, findet die Nationalspielerin. „Wenn die Perspektiven größer wären, wenn Vereine mehr Mädchen aufnehmen würden, könnten wir sicher auch mehr Interessierte begeistern.“

Es gibt engagierte Clubs, etwa den EC Bergkamen im Ruhrgebiet, wie Kathan lobt. Seine Schilderungen über die Trainingsbedingungen sprechen aber Bände. „Die dürfen nur ein- bis zweimal pro Woche aufs Eis, und dann kriegen sie nur ein Drittel der Fläche. Im zweiten Drittel spielen die Altherren, im dritten die Bambini.“

Zwölf Jahre ist Kathan nun Cheftrainer der Frauen-Auswahl, Olympia ist sein finaler Höhepunkt. Im sportlich unbedeutenden letzten Gruppenspiel gegen Japan am Donnerstag wollen sich seine bislang harmlosen Stürmerinnen auf die Platzierungsrunde einschießen, in der die Abstiegsrelegation vermieden werden soll. Im Sommer übernimmt dann Hinterstocker, der zuvor mit der U18 bei der B-WM in Füssen den direkten Wiederaufstieg schaffen soll. Er will die Arbeit Kathans fortführen - „im Rahmen der Möglichkeiten“.

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