Rücktritt aus Nationalelf:DFB-Führung plant angeblich Gespräch mit Özil

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  • In der Debatte um Mesut Özil will der DFB offenbar einen Schritt in Richtung des zurückgetretenen Nationalspielers unternehmen.
  • Währenddessen beschäftigt die Diskussion weiterhin viele Beobachter aus unterschiedlichen Ecken - ein früherer Box-Champion meldet sich ebenso wie der Berater von Joachim Löw.

Gut eine Woche nach Mesut Özils Rücktritt aus der Nationalmannschaft soll die sportliche Führung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) Kontakt zu dem Weltmeister von 2014 aufnehmen wollen. Das berichtete die Bild-Zeitung am Samstag. Angeblich ist demnach "zeitnah" ein Telefonat mit Özil geplant. Ob dabei Bundestrainer Joachim Löw, Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff oder beide in einer Konferenz mit dem türkischstämmigen Mittelfeldspieler des FC Arsenal sprechen würden, ist nicht bekannt.

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Die Ex-Integrationsbeauftragte des DFB, Gül Keskinler, kritisiert den Verband scharf. Auch Löw-Berater Arslan äußert sich und sagt, Özil hätte den Foto-Termin mit Erdogan auch absagen können.

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Özil war Ende vergangener Woche als Konsequenz aus der Erdogan-Affäre mit seinem Foto aus dem vorigen Mai an der Seite des autokratischen türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan aus der DFB-Elf zurückgetreten. Der 29-Jährige hatte dabei dem Verband und DFB-Präsident Reinhard Grindel persönlich Rassismus-Vorwürfe gemacht. Der DFB und Grindel wiesen die Anschuldigungen inzwischen zurück. Löw und Bierhoff haben sich bislang öffentlich noch nicht zu Özils Abschied aus der Nationalmannschaft geäußert.

Dafür sprechen andere, wie etwa der ehemalige Profi-Boxeuropameister Oktay Urkal. Er hat nur begrenzt Verständnis für Özils Abschied. "Besser hätte ich gefunden, wenn er gekämpft, sich durchgeboxt hätte in dem Sinne: Euch Kritikern werde ich es zeigen. Einfach hinzuschmeißen, ist natürlich der einfachere Weg", sagte der ebenfalls türkischstämmige Ex-Champion in einem Interview mit der Welt. Wer allerdings "ausgebuht" und immer nur als "scheiß Kanake" bezeichnet würde, könne auch kaum noch Lust haben, "für dieses Land zu spielen".

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Özils Begründung für das umstrittene Foto mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan kann der 1992 eingebürgerte Olympia-Zweite von Atlanta 1996 indes nachvollziehen. Er hätte sich als Boxer der deutschen Nationalstaffel bei entsprechender Gelegenheit ebenfalls mit Erdogan fotografieren lassen, "schon wegen meiner Familie", sagte der gebürtige Berliner. Kritik an Özils Ignoranz gegenüber Erdogans Menschenrechtsverletzungen in der Türkei setzte Urkal den Blick in Deutschland lebender Türken auf die Entwicklungen in ihrem Herkunftsland entgegen. Erdogan habe eine Krankenversicherung und damit auch dringende Aufnahmen von allen Bürgern in Krankenhäusern eingeführt. Ebenso solle es bald eine Rente für alle und eine Arbeitslosenhilfe nach deutschem Vorbild geben, erläuterte Urkal.

Der Manager von Joachim Löw, Harun Arslan, geht dagegen davon aus, dass sich Özil freiwillig im Mai mit Erdogan getroffen hat. "Es war eine Einladung, die man auch hätte ablehnen können, kein Befehl", sagte er in der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins Der Spiegel. Arslan kooperiert eng mit Özils Berater Erkut Sögüt. Er sei sich zudem "zu 100 Prozent sicher", dass Özil seine Erklärung zum Rücktritt aus der Nationalmannschaft, die er am Sonntag über die sozialen Netzwerke verbreitet hatte, auch wollte.

Auch der DFB-Integrationsbeauftragte Cacau ist der Meinung, dass Özil das mit dem Foto mit Erdogan "anscheinend bewusst getan" habe. Die Konsequenzen hätten ihm klar sein müssen, sagte Cacau in einem Interview der Bild. "Das Erdogan-Foto hatte eine politische Aussage, auch wenn das Mesut anders beurteilt." Der Rassismus-Vorwurf gegen den DFB sei aber "einfach falsch". Auf die Frage, ob ein Rücktritt von DFB-Präsident Reinhard Grindel hilfreich wäre, sagte Cacau am Donnerstagabend in den ARD- Tagesthemen: "Das ist im Moment schwer zu sagen, weil die Diskussion dann doch sehr emotional ist."

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Fall Özil
:DFB-Integrationsbeauftragter Cacau findet Rassismusvorwurf "falsch"

Gleichzeitig sieht der Ex-Fußballstar Fehler auf beiden Seiten. Ob DFB-Präsident Grindel zurücktreten solle, sei "im Moment schwer zu sagen".

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