Trendsport:Extremes Wochenende im Park

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"So aufgeregt war ich wohl noch nie": Tyler Edtmayer aus Lenggries gewann die Bronzemedaille beim Skateboarden. (Foto: Fabian Stoffers / oh)

Das Actionsport-Festival Munich Mash lockt erstmals mehr als 90 000 Menschen in den Olympiapark. Und die bekommen Extremsport auf Weltklasseniveau in einem extrem entspannten Umfeld zu sehen.

Von Ralf Tögel

Von fünf bis siebzig

Die vergangenen Tage im Münchner Olympiapark waren einmal mehr eine Bestätigung, wie gut das Konzept der Munich Action Sports Heroes, kurz Mash, dort aufgeht: Extremsport in den drei olympischen Disziplinen Skatebord, BMX und Breaking sowie im Wakeboard gab es zu sehen, auf Weltklasseniveau, zuschauerfreundlich, nahbar und kostenlos in diesem wie dafür geschaffenen Gelände. Eingebettet in ein Happening mit Musik, Szenekunst, passenden Ausstellern, Foodtrucks und Mitmachaktionen. Es war mal wieder ein einzigartiges Festival, was die Athletinnen und Athleten gerne bestätigten.

Schon am verregneten Freitag waren 5000 Menschen in den Park gekommen, wie beispielweise Walter aus München. Er wohne in der Nähe und habe beim Minigolfen in der Woche zuvor die Aufbauarbeiten mitbekommen, erzählte er. Grund genug, um mit der Gattin mal zu sehen, was da so geboten wird: "Tolle Sache", fand er und genoss einen Cocktail vor der Musikbühne am See, "ein gutes Konzept, und die Mitmachaktionen sind schon toll". Das fand auch Paul, der mit seinen Eltern aus dem Allgäu angereist war. Er wolle "BMX, und Skateboard ausprobieren" - und natürlich die Besten ihrer Sportarten erleben. Der 70-jährige Walter und der fünfjährige Paul standen für die Spannbreite des Publikums beim Mash, Familien, Senioren, Actionsportler oder Menschen, die einfach einen entspannten Tag im Park verbringen. Und es kamen so viele Zuschauer wie nie zuvor in den Park, der Veranstalter zählte 92 000 Zuschauer - neuer Rekord. Die bisherige Bestmarke lag bei 88 000 aus dem Jahr 2019.

Ausverkauft?

Nicht so ganz, denn beim Munich Mash muss niemand auch nur einen Euro berappen. Aber beim Breaking, dem neuen Wettbewerb des dreitägigen Spektakels, stieß der Veranstalter Olympiapark München GmbH (OMG) an seine Grenzen. Als sich 3000 Menschen im Theatron am Olympiasee drängten und im Halbrund eine phänomenale Stimmung machten, zog die OMG die Reißleine und machte die Zugänge dicht. Was die Tanzfans nicht weiter ärgerte, wer nicht mehr reinkam, ließ sich einfach nebenan auf den Rasenstufen nieder und verfolgte die Battles - so nennen es die B-Boys und B-Girls (der Begriff Breakdancer geht gar nicht), wenn sie gegeneinander antreten - auf der riesigen Leinwand nebenan.

Die Idee, erstmals eine vierte Sportart ins Programm aufzunehmen, ist also aufgegangen. Es war spektakulär, was die Athleten und Athletinnen mit schier unglaublicher Körperbeherrschung auf dem Tanzparkett zeigten, eine Mischung aus Akrobatik, Tanz und überraschenden Figuren, was dem Franzosen Candyman am besten gelang. Der hatte sich tags zuvor für den 7-to-smoke-Contest bei der Preselection qualifiziert, es war aber schwer zu übersehen, dass es sich um einen Tanzprofi handelte. Das Format international Breaking 2vs2 entschieden der Österreicher Lil Zoo (Österreich) und der Kanadier Phil Wizard für sich. Das deutsche Duo Bao Chau Nguyen, Künstlername Chau-Lin, und Serhat Perhat alias Said schafften es nicht ins Finale.

Lilly in der Schüssel

Die deutsche Olympiahoffnung Lilly Stoephasius war in der Bowl im Olympiasee nicht zu schlagen. (Foto: Leonhard Simon/SZ)

Tyler Edtmayer erzählte hernach, dass er noch nie so nervös gewesen sei wie beim Skateboard-Finale. Familie, Freunde und viele Bekannte waren da, so der 22-Jährige, der Druck war ihm in seinem ersten Lauf auch anzumerken - er stürzte. Offenbar die richtige Motivation, im zweiten Lauf machte es der Lenggrieser besser, was mit Platz drei belohnt wurde. Das spanische Duo Danny Leon und Jaime Mateu war aber nicht zu schlagen. Bei den Frauen hingegen dominierte die 16-Jährige Lilly Stoephasius. Die Berlinerin hatte bei den Olympischen Spielen in Tokio, als Skateboarding vor zwei Jahren debütierte, Rang neun belegt. Inzwischen hat sich die Gymnasiastin enorm weiterentwickelt, in der Bowl jedenfalls gewann sie sowohl den Best-Trick-Wettbewerb als auch das Finale vor der Engländerin Lola Tambling und der Brasilianerin Yndiara Asp. Keine schlechten Aussichten für die Sommerspiele in Paris.

Der letzte Doppelsalto

Der Titelverteidiger triumphiert: Europameister Kieran Reilly aus England. (Foto: Fabian Stoffers / oh)

Der Europameister hat sich den spektakulärsten Lauf für den Schluss aufgehoben. Der Brite Kieran Reilly, am Vortag Sieger des Best-Trick-Contests, holte mit seinem Doppelsalto mit Schraube - wohlgemerkt auf dem BMX-Rad - die Tagesbestwertung und damit den Titel vor dem Amerikaner Jacob Thiem und Landsmann Declan Brooks. "Alles oder nichts" sei seine Strategie vor dem letzten Lauf gewesen", sagte der 21-Jährige strahlend, dieser Sieg vor "dieser unglaublichen Kulisse" - 12 000 Zuschauer feuerten ihn auf den Stufen vor dem Olympiasee an - bedeute ihm "mehr als jeder andere", erklärte der Titelverteidiger. Die deutschen Starter erwiesen sich als gute Gastgeber. Sowohl das 15-jährige Supertalent Lennox Zimmermann als auch Tobias Freigang verpassten das Finale der besten Acht. Das erreichte der Dresdner Sikharin Supanmart, der zwar Achter und Letzter wurde, dennoch "ein unglaubliches Event" erlebte: "Schaut euch bloß diese Wahnsinns-Crowd an", rief er aus, "es ist eine Ehre, hier dabei zu sein. Was für ein Hammer-Wochenende."

Gute Gastgeber auf dem See

Ähnliches war von den deutschen Wakeboard-Athleten zu berichten. Der Wettbewerb auf dem Olympiasee mit dem mobilen Wasserskilift sei einzigartig, betonte Local Hero Dominik Gührs, doch auch hier erwiesen sich die deutschen Starter als gute Gastgeber. Den gemischten Team-Wettbewerb gewann das US-Duo Rivers Hedrick, 16, und Gavin Stuckey, 17, Lokalmatador Gührs erreichte weder im Team noch im Einzel das Finale - was auch für den Allgäuer Felix Georgii galt. Die mehrmalige Wakeboard-Weltmeisterin Julia Rick stand als einzige deutsche Teilnehmerin im Einzel-Finale, was auch für die männlichen Kollegen Max Milde und Nico von Lerchenfeld galt. Allerdings verpassten sowohl Rick als auch Kollege Milde das so genannte Superfinale, lediglich von Lerchenfeld scherte etwas aus. Der Vorjahressieger war mit feinen Läufen und einem Doppelsalto über die mächtige Schanze auf dem besten Weg, den Vorjahressieg zu wiederholen, hatte dann aber dich ein Einsehen: Lerchenfeld begnügte sich mit Silber vor dem Engländer Joe Battleday, der Sieg ging an den Brasilianer Pedro Caldas.

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