Münchner Stadtderby:Der Papa und die Brüder

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Amateure unter sich: Marius Wolf von 1860 gegen Steeven Ribery vom FC Bayern München. (Foto: imago/Lackovic)

Ein Strafversetzter ist plötzlich erste Wahl, ein jüngerer Bruder wirbelt im Mittelfeld und ein hochgewachsener Stürmer wartet auf Flanken: Der TSV 1860 München II empfängt in der Fußball-Regionalliga den FC Bayern II. Eine Analyse in Derbytröten.

Von Christoph Leischwitz und Benedikt Warmbrunn

An diesem Dienstag (19.45 Uhr) treffen der TSV 1860 II und der FC Bayern II erstmals in dieser Regionalliga-Saison aufeinander. Das kleine Derby ist inzwischen Kult in München, das Grünwalder Stadion ist ausverkauft, das Spiel wird live auf Sport1 übertragen. Damit zwischen all den Emotionen der Sport nicht verloren geht: eine Gegenüberstellung der beiden Teams. Gewertet wird mit goldenen Derbytröten, drei sind das Maximum, bei keiner Derbytröte gibt es zusätzlich eine Wutrede von Hermann Gerland.

Die Torhüter

T SV 1860 II: Vitus Eicher und Gabor Kiraly sind zwei von fünf Spielern, die am Montag in die U21 strafversetzt wurden. Doch für Eicher ändert sich gar nicht so viel, er hat allein in der laufenden Saison schon vier der fünf Spiele für das Team von Torsten Fröhling bestritten. Er kennt das Team und bringt mit seinen 23 Jahren genug Erfahrung mit, um im Derby einen kühlen Kopf zu bewahren. Mit anderen Worten: Selbst wenn Kiraly spielen wollte, dürfte sein eigentlicher Ersatzmann Vorrang haben.

FC Bayern II: Leopold Zingerle. Einer, der Ruhe ausstrahlt. Das reicht momentan schon bei einer Mannschaft, die in der vergangenen Saison nicht in die dritte Liga aufgestiegen ist, weil der Torhüter in der Relegation in der letzten Minute einen katastrophalen Fehler gemacht hat. Der Torwart hieß allerdings nicht Zingerle. Sondern Lukas Raeder. Und der ist jetzt weg.

Fazit: Drei goldene Derbytröten für die Löwen, zwei für den FCB II. Falls Kiraly spielt, gibt es eine Extra-Wutrede von Hermann Gerland.

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Die Abwehr

TSV 1860 II: Der 29-jährige Rückkehrer Michael Kokocinski hat Necat Aygün erfolgreich als Team-Papa ersetzt. Die Abwehr steht stabil, sie hat sich erst drei Gegentore gefangen: eines nach einem Konter (Bamberg), eines in der Nachspielzeit (in Garching), eines per Eigentor nach einer Ecke (Kurzweg). Fröhling ist allerdings noch in der Experimentierphase: Der gelernte Mittelfeldspieler Christian Köppel spielte zu Beginn als Linksverteidiger, neuerdings aber im Sturm, der gerade mal 17-jährige Angelo Mayer rückte nach.

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FC Bayern II: Noch nicht sehr stabil, trotz der erst vier Gegentore in vier Spielen. In der Innenverteidigung testet Trainer Erik ten Hag, wer die ideale Besetzung sein könnte. Als Außenverteidiger haben sich zwei Zugänge durchgesetzt, rechts der sehr zuverlässige Kodjovi Koussou, links der eher unzuverlässige Philipp Steinhart. Beide kommen übrigens vom TSV 1860 II.

Fazit: Zwei Tröten für die Löwen, eine für den FC Bayern II. Plus eine Extra-Tröte, weil Koussou sicherlich alle Tricks des Gegners kennt.

Das Mittelfeld

TSV 1860 II: Bislang überraschend stark. Dabei dachten alle, hier würden sich durch zahlreiche Abgänge wie Julian Weigl (Zweitliga-Kader) oder Mike Ott (Nürnberg) die größten Schwierigkeiten auftun - von wegen! Korbinian Vollmann entwickelt sich endgültig zum Leistungsträger, Kasim Rabihic übernimmt verbal wie läuferisch viel Verantwortung. Trotzdem: für die extrem jungen Spieler in der Zentrale der erste wirkliche Härtetest.

FC Bayern II: Ohne Zugänge vom Lokalrivalen. Allerdings geschwächt durch den Wechsel von Alessandro Schöpf nach Nürnberg. Der junge, energische, wirbelige Angelos Oikonomou müht sich noch, diese Lücke zu schließen. Ylli Sallahi, der schon in der Bundesliga mitspielen durfte, ist robuster geworden, er könnte einer der wichtigsten Spieler in dieser Saison werden. Außerdem ist da noch Steeven Ribéry, ein jüngerer Bruder, technisch stark, intuitiv. Noch aber: ein jüngerer Bruder.

Fazit: Eineinhalb Derbytröten vs. eine Derbytröte.

Der Sturm

TSV 1860 II: Hat aufgrund des vorherrschenden 4-3-3-Systems bislang mehr Quantität als Qualität gezeigt. Robert Glatzel erzielte bis jetzt zwei Treffer und legte einen auf, ansonsten hat kein Stürmer eine Torbeteiligung aufzuweisen. Die hochgewachsenen Angreifer litten aber auch unter der einzigen erkennbaren Schwäche des ansonsten so guten Mittelfelds: den oft ungenauen Flanken. Dafür war Stephane Mvibudulu eine Weile verletzt und ist jetzt wieder fit.

FC Bayern II: Angeführt von einem älteren Bruder, von Tobias Schweinsteiger. Absolute Führungsfigur, hält inzwischen auch Ansprachen. Und trifft, in vier Spielen zweimal. Genauso oft wie Zugang Gerrit Wegkamp, der allerdings noch unsicher wirkt. Als Stürmer kann ten Hag zudem einen technisch starken und intuitiven jüngeren Bruder einsetzen.

Fazit: Eine Derbytröte für den TSV 1860, zwei für den FCB II. Wegen all der Brüder.

Gesamtwertung: Siebeneinhalb zu sieben Derbytröten für 1860. Selbst eine weitere Wutrede von Hermann Gerland würde also nichts helfen: Der Gastgeber ist Favorit.

© SZ vom 12.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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