TSV 1860 München:So wird die Löwen-Insolvenz abgewendet

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1860-Geschäftsführer Markus Fauser (links) und Martin Gräfer, Vorstandsmitglied der "Bayerischen". (Foto: dpa)
  • Der Hauptsponsor "Die Bayerische" erhält einen Sitz im Aufsichtsrat der KGaA und entsendet ihr Vorstandsmitglied Thomas Heigl.
  • Auch der Vermarkter Infront sagte eine Garantiesumme für zwei Regionalliga-Jahre zu, um eine Insolvenz von 1860 zu vermeiden.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

Am Mittwoch erwarb sich der TSV 1860 München einen weiteren Titel, der seine Sonderstellung belegt. Er ist nun nicht nur der erste (und vermutlich für immer einzige) Verein der Regionalliga Bayern, der einen arabischen Investor hat. Sondern auch der wahrscheinlich einzige Viertligist weltweit, der ein Geheimtraining durchführt. Während Übungsleiter Daniel Bierofka seine Mannschaft vor dem Auftakt an diesem Donnerstag in Memmingen (19 Uhr) an der Grünwalder Straße abschottete, versuchten 1860-Geschäftsführer Markus Fauser und Martin Gräfer, Vorstand des Hauptsponsors "Die Bayerische", auf einer Pressekonferenz etwas Transparenz zu schaffen - was die Machtkämpfe der vergangenen Tage anging, die die 1860-KGaA um ein Haar in die Insolvenz geführt hätten, und die Pläne für die Zukunft.

Bis Ismaik am Dienstag seine überlebenswichtige Unterschrift unter die Stundung eines Acht-Millionen-Euro-Darlehens setzte, hatten ihm die Vereinsvertreter einige Zugeständnisse gemacht. So werden die Kompetenzen des von Ismaik dominierten Aufsichtsrats erweitert, wie es der Investor wünschte: Bislang war dieses Gremium, in dem Ismaik die Mehrheit hat, nur für die Genehmigung der Bilanz und die Bestellung des Wirtschaftsprüfers zuständig, fristete mithin ein recht freudloses Dasein. Obwohl Ismaik schon bei der Degradierung von Geschäftsführer Thomas Eichin dem Irrglauben erlag, dass dieses Gremium etwas zu sagen hätte.

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Künftig gibt es immerhin einen Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte, bei denen der Geschäftsführer den Aufsichtsrat fragen muss - im Rahmen dessen, was die Statuten der Deutschen Fußball-Liga hergeben, und nicht für Alltagsgeschäfte wie etwa eine Trainerentscheidung oder den Abschluss von Spielerverträgen. Zudem erhielt Ismaik Absichtserklärungen für weitere Anliegen - etwa dafür, sich mit einer Übertragung der e.V.-Jugendteams ab der U17 an die KGaA zu beschäftigen. Wobei dies für einen Großteil der jüngeren Jahrgänge laut Statuten gar nicht möglich ist.

Als Ismaik unterschrieben hatte, war der Weg frei für all die Pläne, die Fauser und Vertreter der "Bayerischen" schon lange fertig geschmiedet hatten. Darlehen möchte Sechzig bekanntlich nicht mehr aufnehmen, also nannte Gräfer die Zwei-Millionen-Euro-Hilfe seines Unternehmens "Brückenfinanzierung". Falls die Mitglieder zustimmen, könne sie "in Gesellschafteranteile umgewandelt" werden, erklärte er. Diese Entscheidung werde aber noch nicht bei der am 23. Juli stattfindenden Versammlung getroffen. Der Versicherungskonzern könnte dann neben Ismaik und dem e.V. ein Minderheitsgesellschafter der KGaA sein.

In jedem Fall erhält "Die Bayerische" als Gegenleistung einen Sitz im Aufsichtsrat der KGaA; sie entsendet ihr Vorstandsmitglied Thomas Heigl. Es handelt sich um einen Platz in dem sechsköpfigen Gremium, der bisher dem e.V. zufiel. "Zwei vom e.V. geben ihre Positionen ab", erklärte Fauser. Vizepräsident Heinz Schmidt erklärte der SZ indirekt, dass es sich dabei um ihn selbst und um Verwaltungsratschef Markus Drees handeln wird. "Es gibt noch keine finalen Besprechungen", sagte Schmidt, "aber der Präsident (Robert Reisinger, d.Red.), einer von der Bayerischen und Karl-Christian Bay sollten drin sein." Der Unternehmensberater Bay war als Verwaltungsratschef Ende November 2016 zurückgetreten, unterstützte den Verein im Hintergrund aber weiter. Er gilt auch als Person, der die Vertreter der "Bayerischen" vertrauen.

Bei der Vermeidung der Insolvenz spielte laut Fauser auch Vermarkter Infront eine Rolle, der entgegen den Marktgepflogenheiten eine Garantiesumme für zwei Regionalliga-Jahre zusagte. Und auch der Umzug ins Stadion an der Grünwalder Straße: "Die Allianz Arena wäre deutlich teurer gewesen. Das hätte uns in eine absolute Drucksituation versetzt und wäre ein unkalkulierbares Risiko gewesen", erklärte Fauser. Nachdem der Umzug fixiert ist, soll am Donnerstag der Verkauf der Dauerkarten für das Stadion an der Grünwalder Straße beginnen.

SZ-Karte (Foto: SZ-Karte)

Fauser hat seinen wichtigsten Job, die Vermeidung der Insolvenz, also erledigt - doch es bleibt noch viel Arbeit. "Wir haben eine positive Fortführungsprognose", sagte er. "Wir haben aber auch strukturelle Probleme, die gelöst werden müssen." Dabei soll ein so genannter Wirtschaftsarbeitskreis helfen, den der Hauptsponsor ins Leben rufen will. Sobald Fauser Sechzig in die Spur gesetzt hat, wird er, wie es seinem Berufsprofil entspricht, wieder weiterziehen. Gräfer kündigte an: "Bis zum Ende des Jahres gibt es einen neuen Geschäftsführer."

Die Mannschaft um die bisherigen Zweitliga-Profis Jan Mauersberger und Sascha Mölders und Rückkehrer Timo Gebhart kann also mit dem guten Gefühl nach Memmingen fahren, dass ihre Zukunft gesichert ist. Erst in zwei Jahren muss Ismaik erneut Darlehen stunden. So lange wird die Ruhe im Umfeld allerdings nicht anhalten. Bei der Mitgliederversammlung am 23. Juli steht eine ganze Reihe investorenunfreundlicher Anträge auf dem Programm - bis hin zum Wunsch, den Kooperationsvertrag gänzlich aufzukündigen.

© SZ vom 13.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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