Wechsel zu PSG:Paris erwartet Messi

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Der sechsmalige Weltfußballer soll am Dienstag bei Paris Saint-Germain vorgestellt werden. Währenddessen geht der Konflikt, den sein Abschied in Barcelona auslöst, womöglich tiefer als frühere Kämpfe.

Von Javier Cáceres, Berlin/Barcelona

Es ist nicht ganz einfach, zu kalibrieren, wie tief der Schmerz in Barcelona über den Abschied von Lionel Messi tatsächlich sitzt; ein paar Hinweise gibt es freilich schon. Die Zeitungsschlagzeilen vom Montag natürlich ("Alle culés weinen mit dir, Leo", schrieb Sport), aber auch die Reaktionen der wenigen Barcelona-Fans, den culés also, die am Sonntagabend im kleinen Stadion der zweiten Mannschaft Barças dem Freundschaftsspiel gegen Juventus Turin um die Trofeu Joan Gamper beiwohnen durften, dem nach dem Vereinsgründer benannten Pokal.

Üblicherweise dient der offizielle Saisonauftakt der Vorstellung der neuen Mannschaft, der Erschaffung neuer Träume. Nun müssen die Anhänger Barças die traumatische Trennung von Messi verarbeiten. "Was soll nur aus uns werden?", laute der Gedanke, der das Publikum umtrieb, schrieb die Zeitung As. Nun lässt sich schwer in die Köpfe der Menschen schauen. Aber belegt ist, dass die "Messi-Minute" geboren wurde.

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Als die 10. Minute gegen Juventus lief, fielen 2924 Zuschauer, die von den örtlichen Behörden im Stadion der zweiten Mannschaft zugelassen worden waren, in einen nunmehr klagenden Chor ein: "Meeeessi, Meeeessi, Meeeessi ..." Quasi als letzte Ehrerbietung an die alte und doch ewige "Nummer 10", die sich am Sonntag unter Tränen verabschiedet hatte. "In der Gegenwart Barcelonas taucht ein Krater von kolossalen Dimensionen auf", konstatierte die Zeitung La Vanguardia. Nun ist das nicht die erste Krise, die Barcelona in seiner Geschichte zu bewältigen hat, in der Vergangenheit gab es auch so manche Selbstzerfleischung zu beobachten. Aber womöglich geht der Konflikt, den Messis Abschied auslöst, tiefer als frühere Kämpfe.

Angeblich haben Messis Anwälte seit Samstag den Vertrag mit PSG ausgehandelt

Am Sonntag wurde der erste Rücktritt verzeichnet, von einem gewissen Jaume Llopis, der zwar nicht im Präsidium von Präsident Joan Laporta saß, aber aufgrund seiner Vita als Business-School-Professor und Industriemanager Ansehen genießt. Llopis war in "Espai Barça" involviert - der millionenschweren Umgestaltung des Klubgeländes rund ums Stadion. Llopis warf Laporta vor, nicht alles getan zu haben, um Messi zu halten. Und wollte wissen, wie es sein könne, dass Laporta "mit dem Präsidenten von Real Madrid Meeresfrüchte essen geht, während die barcelonistas den Weggang Messis beweinten".

Hintergrund: Florentino Pérez war am Samstag in Barcelona und hielt dort einen nur mäßig diskreten Gipfel mit Laporta und Juve-Präsident Agnelli zur umstrittenen Super League ab. Auch an anderer Stelle ging es um die Aufarbeitung des Verlusts. Innenverteidiger Gerard Piqué wiederum beweinte nicht nur den Seelenschmerz, den Messis Abschied auslöse ("Das tut weder ihm noch uns gut"), sondern lenkte den Blick auf Laportas Vorgänger Josep Maria Bartomeu, dessen Vereinspolitik sei ein Desaster gewesen, erklärte Piqué.

Das zeigt sich auch an den milliardenschweren Schulden. Nach dem Amtsantritt Bartomeus im Jahre 2015 gab der FC Barcelona eine Milliarde für neue Spieler aus, die der Einladung zu gehen nicht folgen wollen und deshalb von den barcelonistas gemobbt werden, als Mitschuldige am Messi-Abschied. Innenverteidiger Samuel Umtiti zum Beispiel, er wurde am Sonntag ausgepfiffen; der zwischenzeitlich an den FC Bayern verliehene Coutinho ging dem durch Verletzung aus dem Weg. Eine Blessur plagt nun auch den argentinischen Nationalspieler Sergio "Kun" Agüero. Er hatte bei seinem soeben vollzogenen Wechsel von Manchester City nach Barcelona ein vergleichsweise karges Gehalt akzeptiert, nur um mit seinem Freund Messi zu spielen. Nun ist Messi weg - und die Wadenmuskulatur ernsthaft beschädigt. Agüero fällt zehn Wochen aus.

Die Pariser Fans sind schon da - nur Lionel Messi fehlt noch. (Foto: Yves Herman/Reuters)

Und Messi? Wurde am Montag trotz ausstehender offizieller Bestätigungen in Paris erwartet; die offizielle Präsentation soll am Dienstag erfolgen. Nicht unterm Eiffelturm, sondern im Prinzenparkstadion, wo er an der Seite von Neymar, Ángel Di María und Kylian Mbappé spielen und auf Zugänge wie Georginio Wijnaldum (vormals FC Liverpool), Achraf Hakimi (Inter Mailand) und Sergio Ramos (Real Madrid) treffen soll. Trainer ist Mauricio Pochettino. Er ist nicht nur Argentinier wie Messi - sondern spielte wie dieser in der Kindheit bei Newell's Old Boys, einem Klub aus Rosario. Am Sonntag hielt sich Pochettino noch bedeckt, als er über Messi sprach. "Jeder will die besten Spieler der Welt in seinem Team haben", sagte Pochettino nach dem 2:1- Saisonauftaktsieg bei ES Troyes AC.

Fakt ist wohl, dass Messis Anwälte den Vertrag seit Samstag aushandelten, angeblich soll er jährlich knapp 40 Millionen Euro netto verdienen. Die Zeitungen füllten ihre Seiten mit den Prognosen der einschlägigen Branchen-Experten, sie lauteten: Das Geld spiele Messi über Marketinggewinne wieder ein. Barça werden solche Mittel künftig fehlen. Das Marktforschungsunternehmen Brand Finance errechnete, dass Messis Abschied den Wert der Marke "Barça" um elf Prozent einbrechen lassen und in der kommenden Saison zu Einnahmeverlusten von 137 Millionen führen werde. Doch das steht in keiner Relation zur Trauer einer Stadt, die nun von Hunderttausenden Messi-Witwen bewohnt wird.

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