FC Barcelona:Messis Abschied hat tragische Züge

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Klub und Spieler stehen in gegenseitiger Schuld, doch niemand scheint sich ihrer bewusst zu sein. Nun droht eine Trennung, die im dreckigsten Schlamm der Fußballgeschichte münden könnte.

Kommentar von Javier Cáceres

Es gibt in Spanien einen traditionsbewussten Verein, der eine Auszeichnung erschaffen hat, die sich "One Club Man Award" nennt: Sie wird an Fußballer verliehen, die ihre gesamte Karriere für einen Klub spielten. Ryan Giggs (Manchester United), Paolo Maldini (AC Milan) und auch Sepp Maier vom FC Bayern zählen zu den Preisträgern. Bis zum Dienstag gab es einen Spieler, der prädestiniert erschien, ebenfalls einmal auf diese Art geehrt zu werden: Lionel Messi, der 20 seiner 33 Lebensjahre beim FC Barcelona verbrachte. Doch der 25. August 2020 war der Tag, an dem er verkündete, Barça verlassen zu wollen.

Der FC Barcelona hat eine seltsame Beziehung zu seinen Legenden: Johan Cruyff, Josep Guardiola, Diego Maradona, Bernd Schuster, Ronaldo (der Brasilianer), Ronaldinho, Luis Figo - sie alle schieden im Unfrieden. Nun auch Messi. Nicht einmal ein Rechtsstreit scheint ausgeschlossen zu sein. Mitten in der Corona-Krise steht der Verein vor einem Haufen Schulden und Cash-Problemen, und der emblematischste aller Spieler, die je das Trikot der Katalanen trugen, geht. Zehn Tage nach dem 2:8 gegen den FC Bayern im Champions-League-Viertelfinale, das für den stolzen Klub so verheerend war.

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In 20 Jahren beim FC Barcelona gewinnt Messi etliche Vereinstitel. Mit der Nationalmannschaft bleibt ihm der ganz große Erfolg aber verwehrt.

Der Abschied ist unabwendbar. "Wenn jemand sagt, dass er geht, ist er schon weg", schrieb der argentinische Schriftsteller Julio Cortázar. Doch so wie Barça von sich behauptet, mehr zu sein als ein Klub, so ist dies mehr als ein Abschied. Es ist das Ende einer gelebten Utopie. Messi war die Symbolfigur einer Mannschaft, die in einer einzigartigen Konstellation den Fußball auf ein neues Niveau gehoben hat. Mit Trainer Guardiola, Xavi, Andrés Iniesta und eben Messi, der alle übertraf und selbst dann die Trophäe des Weltfußballers abschleppte, als sie Xavi und Iniesta verdient gehabt hätten. Zusammen verwandelten sie den Fußball in ein allwöchentliches Hochamt, in eine Dauerfeier aus Ästhetik und Erfolg, die man in dieser Bündelung und mit dieser globalen Strahlkraft nie zuvor gesehen hatte. Und die man in ihrer poetischen Perfektion womöglich nie wieder sehen wird.

Der Klub und Lionel Messi stehen in gegenseitiger Schuld

Der Zyklus sei vorbei, es sei Zeit für eine Luftveränderung, so ist aus dem Umfeld Messis zu hören, wenn man Erkundigungen über das Warum einholt. Alles, was Menschenhand erschafft, ist endlich; und dass auch Messi nicht ewig spielen würde, war ein Gedanke, der Barças Fans schon länger martert. Die Art und Weise aber, in der sich das Ende dieser Ära vollzieht, im Zuge der beispiellosen Implosion eines 121 Jahre alten Vereins, trägt tragische Züge. Niemand, der jemals gesehen hat, wie sich 90 000 Menschen im Camp-Nou-Stadion vor Messi im Wortsinne verneigten, wird begreifen können, wie es nun zu diesem bedrückenden Epilog kommen konnte, ausgelöst durch ein 2:8 vor leeren Rängen in Lissabon. Der Klub und Lionel Messi stehen in gegenseitiger Schuld, doch keine der handelnden Personen scheint sich ihrer bewusst zu sein. So ist die Gefahr zum Greifen nah, dass es zwischen Messi und Barça zu einem Rechtsstreit kommen und die Trennung im dreckigsten Schlamm der Fußballgeschichte münden könnte.

Am Mittwoch stand immer noch nicht fest, wohin es Messi zieht. Zu den Optionen zählen mit Paris Saint-Germain und Manchester City zwei Klubs, die mit den Financial-Fairplay-Regeln des europäischen Fußballverbandes Uefa im Konflikt gestanden haben. Manchester City hat gerade erst unter skurrilen Umständen eine Sperre abgewendet. So oder so: Messi nicht mit dem "One Club Man Award" zu sehen, sondern in einem anderen Trikot als im burgundrotblauen Leibchen des FC Barcelona, trägt Züge einer karnevalesken, absurden Verkleidungsshow, die man sich vor dem Champions-League-Finalturnier von Lissabon nicht vorstellen konnte. Oder wollte.

© SZ vom 27.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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