Manchester United in der Champions League:Träumen muss erlaubt sein

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David Moyes - zufrieden über das Remis (Foto: Getty Images)

"Schneidiger Auftritt": Beschwingt gibt sich Trainer David Moyes nach dem 1:1 von Manchester United gegen den FC Bayern, für ihn ist es ein Hoch nach vielen Entbehrungen. Die Engländer glauben an die Überraschung im Rückspiel - und die Medien debattieren über Schweinsteigers Platzverweis.

Von Jonas Beckenkamp, Manchester

Wer nach dieser intensiven Partie in Old Trafford einen zufriedenen Menschen sehen wollte, musste David Moyes betrachten. Da saß der Schotte im stickigen Presse-Schuhkarton der Arena und beantwortete in aller Ruhe Fragen. Der Trainer von Manchester United spricht ein wunderbares Scottish English - das klingt dann so: "Greeeet Gooolkeeping" von Manuel Neuer habe die Führung durch Danny Welbeck verhindert, sein Klub habe eine weitere "greeeet night" erlebt und überhaupt habe sein Team einen "greeeet eeeeffort" gebracht. Tatsächlich lieferte Manchester United beim 1:1 eine Leistung ab, wie viele sie nicht für möglich gehalten hatten.

Das aufrichtig ermauerte Unentschieden stimmte hoffnungsvoll, nach all den Entbehrungen in der jüngsten Vergangenheit. Daheim! Vor über 70.000 Fans, die sonst eher selten ein Remis feiern. Mit so einem Spielverlauf können sie derzeit gegen eine Übermannschaft wie die Bayern formidabel leben. Nach den schwierigen Monaten, die Moyes als Nachfolger der Legende Sir Alex Ferguson an der Seitenlinie verbrachte, blieb eigentlich nur eine Interpretation: United hat das Maximum rausgeholt - oder wie Moyes erklärte: "Es war ein schneidiger Auftritt, die Zuschauer waren toll und die Atmosphäre passte. Wir glauben auch im Rückspiel an unsere Chance."

Bayern-Remis gegen Manchester United
:Abgedriftet in den Schluffimodus

Der FC Bayern erlebt beim 1:1 in Manchester einen komischen Fußballabend und freut sich, dass am Ende zumindest das Ergebnis stimmt. Sorgen bereiten die im Rückspiel gesperrten Schweinsteiger und Martínez - und Toni Kroos.

Von Jonas Beckenkamp, Manchester

In diesem Moment geriet vieles in den Hintergrund. Der Niedergang bis auf Platz sieben der Premier League, das erstmals seit einem Vierteljahrhundert drohende Verpassen eines europäischen Wettbewerbs, die enttäuschenden Millionentransfers Marouane Fellaini und Juan Mata - wurscht. United hatte gegen die beste Mannschaft des Kontinents, gegen Pep Guardiolas Zauberformel und gegen die eigenen Ängste bestanden. Zwar nur mit einem 1:1, aber immerhin war man ja in Führung gegangen, als Abwehr-Vorkämpfer Nemanja Vidic Old Trafford kurzfristig ausrasten ließ.

"Wir wollten uns eine Chance für das Spiel in München aufrecht erhalten. Das hat geklappt", resümierte Moyes, der selbst die bohrendsten Fragen der englischen Reporter wie ein stoischer Einsiedler aus den Highlands hinnahm. Der umstrittene Coach verstand das Spiel und sein Resultat auch als Werbung für seine Arbeit, die erst kürzlich heftige Fanproteste hervorgerufen hat. Noch am vergangenen Wochenende rauschte beim Spiel gegen Aston Villa (4:1) ein Flugzeug über das Stadion hinweg, das ein Banner mit der Aufschrift "Er ist der Falsche - Moyes raus" hinter sich herzog.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Ein Tänzchen mit den Wandschränken

Bastian Schweinsteiger wirft sich gierig in jeden Zweikampf. Toni Kroos fängt sich einen Rüffel von Pep Guardiola ein. Und Franck Ribéry dribbelt gegen Manchesters Abwehr an, doch vieles bleibt wirkungslos. Der FC Bayern beim 1:1 in Manchester in der Einzelkritik.

Von Jonas Beckenkamp, Manchester

Ähnlicher Unmut blieb diesmal aus, die Anhängerschaft präsentierte sich geschlossen und bejohlte in der phasenweise frustrierenden ersten Hälfte sogar Einwürfe an der Mittellinie. Auf der Insel schwenkt das Meinungspendel eben schnell um, wenn die Ergebnisse stimmen - mit dem 1:1 kann "United sich trauen, zu träumen" fand auch die Zeitung The Telegraph.

Dass selbst der Boulevard wieder wohlgesonnen berichtete, überrascht ein wenig. "United ist noch dabei - bei dem Müll, den sie diese Saison ablieferten, hätten das die wenigstens so vorhergesagt", urteilt das Schreihalsblatt The Sun, "wenn sie mit dem gleichen Willen in Deutschland antreten, geht noch was."

Auch die Engländer hatten mitgezählt, vielen Fans war schon bei der Rückfahrt vom Stadion aufgefallen, dass United im Rückspiel auf einen dezimierten Gegner aus München trifft. "You're in trouble", scherzte ein zahngelückter Glatzkopf in der Trambahn in feinstem Dialekt in Richtung einer Gruppe Bayern-Fans. Kein Martínez, kein Thiago und kein Schweinsteiger - auf diese Ausfälle konzentrieren sich die Hoffnungen der Engländer. Besonders der Platzverweis trieb tags darauf die Medien um.

"Bayern beschuldigt Rooney wegen Schauspielerei", titelt der Guardian, noch genüsslicher schlachtet die Daily Mail die Geschichte aus: "Rooney ließ sich fallen - Guardiola schäumt vor Wut nach Platzverweis für Schweinsteiger." Der Bayern-Coach bewertete die Szene "absolut nicht" gelb-rot-würdig, er geriet sogar mit einem britischen Reporter aneinander, sein Gegenüber David Moyes sah es naturgemäß anders. "Schweinsteiger stellt Rooney ein Bein - für mich ist das ein Foul", so der United-Trainer. Damit war aus seiner Sicht alles gesagt, Moyes stapfte beschwingt davon.

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