3. Liga:Die Schritte zum Glück

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Bock auf Regensburg? Es deutet einiges darauf hin, dass Stürmer Joël Zwarts, hier im Gespräch mit 1860-Trainer Argirios Giannikis, erneut gegen seinen Ex-Klub aussetzen muss. (Foto: Ulrich Wagner/Imago)

Jahn Regensburg und der TSV 1860 haben manches gemeinsam. Beide haben Negativserien beendet, für beide ist das direkte Duell am Sonntag von enormer Bedeutung. Trotzdem sind die Oberpfälzer zurzeit das, was die Münchner so gerne wären.

Von Christoph Leischwitz

Die erfreulicherweise immer seltener verwendete Floskel "den Bock umstoßen" ist vermutlich etwa hundert Jahre alt. Im damaligen Gaunerjargon war "Bock" gleichbedeutend mit "Glück". Wenn also heute ein Fußballtrainer diese Floskel verwendet, heißt das nichts anderes als: Wir brauchen einfach mal Glück, sonst weiß ich auch nicht weiter.

Nun hat Joe Enochs kürzlich diese Formulierung auch verwendet, vor vier Wochen, nach einem 0:1 beim abstiegsbedrohten VfB Lübeck, das Spiel gilt auch intern als Stimmungstiefpunkt. Doch im Gegensatz zu anderen Kollegen, die auch nach verzweifelter Aufforderung keinen Bock umstießen, wusste der Coach des SSV Jahn Regensburg eben doch weiter. Man habe das "Glück erzwungen", befand er wenig später.

Irgendetwas ist passiert in der Länderspielpause. Es läuft seither beim Jahn, und einer der Gründe ist recht einfach: weil die Spieler wieder mehr laufen. Die Passwege des Gegners sind wieder öfter zugestellt, die eigenen sind wieder besetzt. Beim 3:1 gegen die lange ungeschlagenen Münsteraner führte Regensburg sehr früh 3:0 - und hätten dann "nicht einen Schritt weniger" gemacht, sondern "zwei Schritte mehr", freute sich Enochs sogar noch am Freitagmittag. Und jetzt kommt der TSV 1860 München ins ausverkaufte Jahnstadion (Sonntag, 13.30 Uhr), der auch gerade dabei ist, sich aus einer Negativserie herauszuarbeiten.

Beierlorzer hat die zwischenzeitliche Kritik am Trainer erfolgreich abgeblockt

Für die Löwen geht es noch um den Drittligaverbleib, für den SSV um den sofortigen Wiederaufstieg. 16 Punkte trennen die beiden Traditionsteams, doch das ist nicht der einzige Grund, warum Jahn Regensburg gerade das ist, was Sechzig gerne wäre. Im Gegensatz zu den Löwen bekam der Verein vor neun Jahren ein neues Stadion; auch, weil der politische Wille in der Stadt da war. 2017 warf der Jahn die Löwen aus der zweiten Liga. Heute arbeitet hier Achim Beierlorzer als Geschäftsführer, der kurz auch bei 1860 im Gespräch war - aber dann nicht kam, weil sich die Gesellschafter nicht auf ihn einigen konnten. Beierlorzer ist gelernter Trainer, er ist bei Spielen oft in der Kabine dabei. Trotzdem hat er es in der Krise nach der Winterpause geschafft, Enochs nicht zu schwächen. Im Gegenteil, er blockte mit Sätzen wie "Wir haben in der Hinrunde überperformt" Kritik vom Trainer ab. Solche Geschlossenheit unter den Verantwortlichen gab es an der Grünwalder Straße seit ungefähr 2017 nicht mehr.

Trotzdem hatte sich Joël Zwarts aus irgendeinem Grund beim TSV 1860 München bessere Perspektiven ausgerechnet, als er im vergangenen Sommer überraschend von Regensburg nach München wechselte. Der Angreifer wird nach einer langwierigen Verletzung allmählich wieder der Alte, er dürfte also enorm Bock haben, für Sechzig an alter Wirkungsstätte besagten Bock umzustoßen und die letzten nötigen Punkte für den Ligaverbleib zu holen. Nur das Pfeifkonzert auf der heimischen Hans-Jakob-Tribüne wird wohl ausfallen.

Überzeugte zuletzt als Linksverteidiger: Oscar Schönfelder, hier im Hinspiel gegen Sechzig. (Foto: Johannes Simon/Getty Images for DFB)

Es hat zumindest nie jemand dementiert, dass beim Transfer des Niederländers eine Klausel greift, wonach 1860 München 50 000 Euro an den Jahn zahlen müsste, wenn Zwarts im bayerischen Duell zum Einsatz kommt. Offensichtlich wollen sich die Sechziger am Sonntag, Abstiegskampf hin oder her, das Geld sparen. "Wir müssen da als Verein auch die wirtschaftliche Seite bedenken. Insofern werden wir da bis Sonntag eine Entscheidung treffen", sagte Sechzigs Trainer Argirios Giannikis am Freitag - mehr oder weniger eine Ankündigung, dass Zwarts nicht spielen wird. Außer, es handelt sich um einen kostspieligen Bluff. Umgekehrt fällt übrigens der von München nach Regensburg gewechselte Erik Tallig verletzt aus.

Im Gegensatz zu den Löwen, wo Innenverteidiger Max Reinthaler nicht rechtzeitig fit wird und Giannikis seit Amtsantritt permanent umstellen muss, scheinen die Regensburger gerade ein neues Erfolgsrezept zusammengemischt zu haben. Benedikt Saller, der kurz nach Saisonstart von der Rechts- auf die Linksverteidigerposition gewechselt war, hat seinen vertrauten Aktionsradius zurückerhalten; dafür spielt Oscar Schönfelder jetzt links. Und der lange verletzte Torwart Felix Gebhardt ist wieder ein zuverlässiger Rückhalt. Enochs ist sich darüber im Klaren, dass all dies keinen Sieg garantiert. Seine Mannschaft müsse weiterhin immer einen Schritt mehr machen, auch dann, wenn der gegnerische Angreifer Fynn Lakenmacher heißt und nicht Joël Zwarts. Schließlich hätte ein Sieg für Sechzig an beiden Enden der Tabelle Auswirkungen: Mit ihm würde die Wahrscheinlichkeit zumindest steigen, dass sich beide Teams auch in der kommenden Spielzeit in Liga drei wiedersehen.

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