Olympia-Pläne um Nordkorea:Bizarres Ende eines Brückenbau-Projekts

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IOC-Präsident Thomas Bach und Vertreter aus Nord- und Südkorea bei einem Treffen 2018 in Lausanne kurz vor den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang. (Foto: Xu Jinquan/Imago/Xinhua)

Das IOC schließt Nordkorea aus, aber nicht wegen Menschenrechtsverstößen, sondern weil das Land in der Corona-Zeit nicht an den Sommerspielen teilnahm - wieder ein bitterer Einblick in die Gedankenwelt der Ringe-Herrscher.

Kommentar von Johannes Aumüller

Da sage noch einer, dass das Internationale Olympische Komitee nachsichtig mit den Unrechtsregimen dieser Welt umgehen würde. Nein, knallhart kann es sein, wie der strenge Oberolympier Thomas Bach nach der vergangenen Sitzung seines Vorstandes offenbarte. Am Mittwochabend teilte der IOC-Chef mit, dass das Olympia-Komitee Nordkoreas bis Ende 2022 suspendiert sei und auch kein Geld mehr in das abgeschottete Land fließen würde. Der Grund: Nordkorea hatte sich tatsächlich erdreistet, wegen Corona nicht an den Sommerspielen in Tokio teilzunehmen.

Es ist mal wieder ein bitterer Einblick in die Prioritäten und Gedankenwelt der Ringe-Herrscher. Nahezu alles können sich die Potentaten und Autokraten dieser Welt und ihre angeschlossenen Sportsysteme erlauben, sie können Menschenrechte missachten, Oppositionelle einkerkern und großflächige Dopingsysteme durchziehen - und bleiben trotzdem ein geschätztes Mitglied in der olympischen Gemeinschaft. Bestenfalls unter dem allergrößten Druck ringt sich das IOC mal eine Bestrafung ab.

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Der nun verstorbene Jacques Rogge bewahrte zu Beginn des Jahrtausends das Internationale Olympische Komitee vor dem Kollaps. Die Ringe-Welt hätte eine Figur wie den Belgier dringend nötig.

Von Johannes Aumüller

Aber einfach so die Spiele schwänzen, den Höhepunkt der olympischen Bewegung; noch dazu diese ganz speziellen in Japan, die der Präsident quasi per olympischem Dekret zum hell leuchtenden Licht der Hoffnung am Ende des dunklen Pandemie-Tunnels ausgerufen hatte - das geht ja wohl gar nicht.

Wie gut fürs IOC, dass es noch mit so vielen Unrechtsregimen auf der Welt fröhlich kumpeln kann

Dabei wirkte es angesichts der Corona-Lage in Japan und vor allem des maroden Gesundheitssystems in Nordkorea wie eine nachgerade vernünftige Entscheidung, keine Sportler nach Tokio zu entsenden. Es sollte auch generell nicht die Sache des IOC sein, zu befinden, ob ein Verzicht auf eine Olympia-Teilhabe aus gesundheitlichen Gründen angemessen ist oder nicht. Von der Solidarität, über die Bach so gerne fabuliert, ist bei so einer Sanktion auch wenig zu spüren. Vielmehr lässt sich erahnen, dass sich manche Länder trotz gesundheitlicher Bedenken offenbar gezwungen sahen, ihre Sportler nach Japan zu entsenden: Auch ihnen hätte sonst ja die Strenge des IOC gedroht.

Gleichwohl bleibt es bemerkenswert, dass sich das IOC bei Nordkorea so verhält. Noch vor drei Jahren orchestrierte es bei den Winterspielen von Pyeongchang eine bizarre Inszenierung, als Eishockey-Spielerinnen aus Nord- und Südkorea zu einem Team zwangsvereinigt wurden. Als so groß sollte die vielbeschworene brückenbauende Kraft des Sports erscheinen, dass sie sogar diesen tiefen Konflikt lösen könnte. Zudem war eine gemeinsame Olympia-Bewerbung beider Länder im Gespräch, der langersehnte Friedensnobelpreis fürs IOC in greifbarer Nähe.

Das Thema ist nicht nur wegen Corona vergessen. Aber wie gut fürs IOC, dass es noch so viele Unrechtsregime auf der Welt gibt, mit denen es fröhlich kumpeln kann. Und damit schon mal viel Spaß bei den Winterspielen 2022 in Peking.

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