FC Bayern:Hoeneß macht Rückzug offiziell

Lesezeit: 3 min

Uli Hoeneß neben Karl-Heinz Rummenigge (rechts) und vor Niko Kovac. (Foto: Matthias Schrader/AP)
  • Uli Hoeneß gibt sein Amt als Präsident des FC Bayern und seinen Vorsitz des Aufsichtsrats ab - bleibt aber bis 2023 in dem Gremium. Das teilte der FC Bayern am Donnerstagabend mit.
  • Der Rückzug hat auch Konsequenzen für Trainer Niko Kovac. Er kam 2018 auf Wunsch von Hoeneß, in diesem Frühjahr aber hinterfragte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge den Coach bei jeder Gelegenheit.
  • Kovac wird wissen, dass seine eigene Stellung im Verein auch davon abhängt, wie mächtig Hoeneß im Hintergrund bleibt.

Von Benedikt Warmbrunn, München

Er könne, sagt Niko Kovac, nur das bewerten, was er auch sehe. Daher: kein Wort zu den alten Geschichten. Lieber spricht der Trainer des FC Bayern am Donnerstagmittag über den Wert eines Vereinsmitarbeiters, der einer von zwei Männern des Tages ist. "Wir beim FC Bayern München sind glücklich, dass wir ihn haben", sagt Kovac, daher freue es ihn, dass der Mitarbeiter "hier den Anker werfen" möchte. Letzteres ist ja keine Selbstverständlichkeit, schließlich wollte dieser Robert Lewandowski, über den Kovac am Donnerstagmittag spricht, jahrelang den FC Bayern verlassen, am liebsten Richtung Madrid; im vergangenen Sommer noch strapazierte er mit seinen Wechselwünschen wochenlang die Nerven der Klubverantwortlichen. All das erwähnt Kovac nicht, es sind ja alte Geschichten, die teilweise auch vor seiner Zeit passiert sind.

Später am Donnerstag aber verkündet der FC Bayern, dass der so lange abwanderungsfreudige Lewandowski seinen Vertrag bis 2023 verlängert habe. Der Angreifer, der zum Vertragsende 34 Jahre alt wäre, nennt den FC Bayern seine "sportliche Heimat", er sei "stolz, Teil dieses Klubs zu sein". Kovac begrüßt diese Vertragsverlängerung, an den ersten beiden Spieltagen hat Lewandowski fünf von fünf Toren des FC Bayern erzielt. Sollte er weiter in dieser Regelmäßigkeit treffen, steigen die Chancen, dass Kovac vielleicht sogar bis zum Ende seines Vertrages im Sommer 2021 in München bleiben darf. Aber um die Zukunftsaussichten des Trainers geht es an diesem Donnerstag nun wirklich nur in den Zwischentönen.

Da Kovac aber ohnehin nur das bewertet, was er sehen kann, sagt er am Mittag auch nichts zu den Zukunftsperspektiven des zweiten Mannes des Tages. Dabei ist es zu diesem Zeitpunkt schon nicht einmal mehr ein Geheimnis, dass Uli Hoeneß, der Präsident und Aufsichtsratschef des Vereins, am Abend seinen acht Kollegen im Aufsichtsrat mitteilen wird, dass er sich bei der Jahreshauptversammlung am 29. November nicht zur Wiederwahl des Präsidenten aufstellen lassen und auch den Vorsitz im Aufsichtsrat abgeben wird.

Hoeneß hat das selbst so am Rande eines Golfturnieres vor eineinhalb Wochen gesagt, wenngleich er damals noch den Zeitpunkt seines Abschieds offengelassen hat. Und auch sonst scheint die eher informelle Atmosphäre jenes Gesprächs für Kovac nicht genug zu sein. Er weigert sich jedenfalls, ein mögliches Szenario zu kommentieren, nämlich einen FC Bayern ohne Hoeneß. "Ich glaube, wir sollten nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen", sagt Kovac.

Dass sich Hoeneß im November zurückziehen wird, steht nun auch offiziell fest: Er werde nicht mehr für das Amt des Präsidenten kandidieren, teilte der FC Bayern am Donnerstagabend um 20.27 Uhr mit. Dies habe Hoeneß am Donnerstag auch dem Aufsichtsrat mitgeteilt. Den Vorsitz des Aufsichtsrates wolle er ebenfalls aufgeben, allerdings bis 2023 Mitglied des Gremiums bleiben. Hoeneß will am Freitag auf einer Pressekonferenz sprechen.

Schon am Mittwochnachmittag hatte im Seehaus des Englischen Garten der Verwaltungsbeirat des FC Bayern e.V. getagt, Hoeneß kam dabei in Begleitung von Herbert Hainer, der langjährige Adidas-Vorstandsboss ist sein Stellvertreter im Aufsichtsrat und auch sein mutmaßlicher Nachfolger als Präsident.

Ob Kovac etwas von diesen Zwistigkeiten mitbekommen hat? "Nein."

Das bestätigte Edmund Stoiber, der Chef des Verwaltungsbeirats. Der frühere bayerische Ministerpräsident sagte der Bild: "Herbert Hainer ist eine Top-Lösung als Nachfolger. Mit Leidenschaft und seinen unternehmerischen Fähigkeiten ist er in der Lage, diese Lücke zu füllen. Die Idee, ihn als Kandidaten für das Amt des Präsidenten vorzuschlagen, kam von Uli Hoeneß selbst. Eine sehr gute Idee." Formal hat das Vorschlagsrecht der Verwaltungsbeirat, aber im FC Bayern, wie ihn Uli Hoeneß in knapp vier Jahrzehnten aufgebaut hat, gibt es kein Gremium, das mächtiger ist als sein Wort. Sollte Hainer auf der Jahreshauptversammlung mehr als 50 Prozent der Stimmen der Mitglieder erhalten, wird er also der neue Präsident des Vereins und wohl auch der Chef des Aufsichtsrates.

Der offenbar plauderfreudige Stoiber hatte am Mittwoch auch verraten, warum Hoeneß nur noch ein einfaches Mitglied im Aufsichtsrat sein will. So sei die Jahreshauptversammlung 2018, auf der Hoeneß ausgepfiffen worden war, "ein Schock" gewesen. Außerdem, ergänzte Stoiber, "kamen die Zwistigkeiten mit Kalle dazu, die Auseinandersetzungen wegen des Trainers". Kovac kam 2018 auf ausdrücklichen Wunsch von Hoeneß, in diesem Frühjahr aber hinterfragte den Trainer bei jeder Gelegenheit der Vorstandsboss, Karl-Heinz "Kalle" Rummenigge.

Ob er von diesen Zwistigkeiten etwas mitbekommen habe, wird Kovac am Donnerstag gefragt. Der Trainer sagt: "Nein."

Kovac ist rhetorisch zu geschickt, um bei dieser kleinen Notlüge ertappt zu werden, er sagt: "Ich hatte viel zu tun, ich hatte sooo einen Ballon auf." Doch der Trainer wird wissen, dass seine eigene Stellung im Verein auch davon abhängt, wie mächtig Hoeneß bleibt. Kovac positioniert sich daher als ein Hoeneß-Vertrauter, was gegenüber Hainer, dem vielleicht größten Hoeneß-Vertrauten überhaupt, nicht schaden kann. "Unser Verhältnis ist sehr positiv, ich möchte sagen: freundschaftlich", sagt Kovac. Er erzählt, dass er mit dem Präsidenten regelmäßig telefoniere, und auch, dass er ihn ja "während und nach dem Spiel" sehe. Vielleicht sagt das am meisten über Hoeneß' Allmacht beim FC Bayern aus: dass der Trainer ihn auch dann sieht, wenn er, Uli Hoeneß, eigentlich in seinem Rücken auf der Tribüne sitzt.

© SZ vom 30.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Hoeneß-Rückzug beim FC Bayern
:"Zwistigkeiten mit Kalle"

Beim Empfang des FC Bayern in der Staatskanzlei spricht Aufsichtsrat Edmund Stoiber überraschend offen über die Gründe für den Rückzug von Uli Hoeneß.

Von Benedikt Warmbrunn

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: