Neuer Basketball-Bundestrainer Gordon Herbert:Zur Not mit Hilfe von Nowitzki

Lesezeit: 3 min

Gordon Herbert ist neuer Basketball-Bundestrainer - und er steht vor schwierigen Aufgaben. (Foto: Marius Becker/dpa)

Er war in der NBA und formte in Deutschland Nationalspieler: Der neue Bundestrainer Gordon Herbert soll die deutschen Basketballer durch eine EM im eigenen Land und zu einer WM führen - doch er steht vor einem Dilemma.

Von Jonas Beckenkamp

Große Aufgaben erfordern pfiffige Ideen, und deshalb trug Gordon Herbert in dieser Woche seine Pläne für die deutsche Basketball-Nationalmannschaft ganz eng bei sich. Eine Liste mit Namen hatte er sich notiert, "ich habe sie hier in der Hosentasche", sagte der 62-Jährige, als er referierte, mit welchen Spielern er die ersten Partien der Qualifikation für die WM 2023 bestreiten will. Es wirkt gerade vieles neu im Nationalteam, nicht nur die Namen der Basketballer, sondern auch der Bundestrainer.

So ganz unbekannt ist Herbert, geboren in der Nähe von Vancouver, hierzulande allerdings nicht. In ihm präsentiert der Deutsche Basketball Bund (DBB) nun einen Coach, der als Nachfolger von Henrik Rödl die weite Welt mit der kleineren Welt in der Bundesliga vereinen soll. Seine Vergangenheit als Trainer bei den Frankfurt Skyliners, wo er Meister und Europapokalsieger wurde, dient ihm als Schlüsselqualifikation für den neuen Job. Zugleich gilt der studierte Sportpsychologe gleichermaßen als Experte für Basketball außerhalb Deutschlands.

Neuer Basketball-Nationaltrainer
:"Das Ziel ist immer eine Medaille"

Bei der Vorstellung von Gordon Herbert sind alle angetan: Der DBB von seinem international erfahrenen Trainer, Herbert vom vielversprechenden Kader. Den will er nun "auf ein neues Level heben".

Von Ralf Tögel

Der DBB wollte Gordon Herbert unbedingt, auch als Kenner des Weltbasketballs

"Wir haben ein gewisses Anforderungsprofil gehabt", sagte DBB-Vizepräsident Armin Andres über die Trainersuche. Gefahndet wurde nach jemanden, "der sich auf dem deutschen Markt auskennt und auch international. Und der schon mit NBA-Spielern gearbeitet hat". Damit bezog sich Andres auf Herberts Jahre in Finnland, Frankreich, Griechenland sowie zuletzt Russland und vor allem auf dessen Zeit als Assistenztrainer bei den Toronto Raptors (2008/09).

Den Erfahrungsschatz und seine Kontakte wird der Kanadier brauchen, um zwei Großprojekte anzugehen: Die Heim-EM im September 2022, für die das Team als Co-Ausrichter neben Georgien, Tschechien und Italien qualifiziert ist. Und die Teilnahme an der WM 2023 in Japan, Indonesien und den Philippinen. "Es ist eine aufregende Zeit für den deutschen Basketball", sagte Herbert, "dass ich ein Teil davon sein darf, ist eine Ehre."

Basketball-Nationalmannschaft
:Ein bisschen Vorbereitung könnte nicht schaden

Die Zeit drängt: Im November beginnt die WM-Qualifikation, im kommenden Jahr ist die EM im eigenen Land - und die deutsche Nationalmannschaft hat keinen Bundestrainer.

Von Ralf Tögel

Doch genau hier liegt die Krux: Aufregend gestaltet sich insbesondere die Komposition seines Kaders. Vor seinem ersten Auftritt in der WM-Qualifikation gegen Estland am 25. November wird der Coach des Öfteren seinen Spickzettel konsultieren müssen. Denn die Prominenz ist wieder einmal terminlich verhindert: Die in der Euroleague aktiven Profis aus München (etwa Andreas Obst) und Berlin (unter anderem Andreas Thiemann, Maodo Lo) sind wegen Einsätzen mit ihren Klubs ebenso wenig verfügbar wie die NBA-Männer Dennis Schröder, Moritz Wagner, Isaac Bonga, Daniel Theis oder Maxi Kleber.

Auch Johannes Voigtmann (ZSKA Moskau) und Danilo Barthel (Fenerbahce), die unter Herbert in Frankfurt zu Spitzenkräften reiften, dürften keine Optionen sein. Immerhin gibt es "Bestrebungen, einige Euroleague-Spieler freizubekommen", wie DBB-Vize Andres hofft: etwa Niels Giffey (Kaunas) oder Maik Zirbes (Belgrad), die mit ihren Klubs zumindest kein Spiel bestreiten am Tag des Duells mit den Esten. Herberts ominöse Liste umfasst nach eigener Aussage "neun Spieler aus Bamberg, Bayreuth, Crailsheim und Würzburg". Akteure wie Chris Sengfelder und Patrick Heckmann (Bamberg), Bastian Doreth und Andreas Seiferth (Bayreuth) könnten nach längeren Pausen ihr Comeback geben, während der Würzburger Center Filip Stanic als Debütant in Frage käme.

Herberts erste Mission: Nichts verkomplizieren!

Ob die WM-Qualifikation mit diesem Ersatzteam gelingt, erscheint zumindest fraglich. Die erste Garde samt allen NBA- und Euroleague-Kräften wird erst in einem knappen Jahr zur EM eingreifen können - während die WM-Qualifikation dann schon zur Hälfte gespielt ist. Herbert wird obendrein als Moderator gefragt sein, denn fast alle jetzt Nominierten aus dem B-Korsett müssen für die Großevents wohl den Arrivierten weichen.

Fürs Erste plant er aber die Gegenwart. "Wir haben vor dem ersten Spiel nur wenig Zeit. Daher werde ich versuchen, die Inhalte so einfach wie möglich zu halten", sagte Herbert, der explizit auch den Hamburger Justus Hollatz als "Point Guard der Zukunft" erwähnte. Nach seinem letzten Engagement beim russischen Klub Avtodor Saratov musste der neue Bundestrainer erst einen Monat durchs Land tingeln, um sich ein Bild der verfügbaren Deutschen in der BBL zu machen. Er habe dabei viele positive Gespräche mit Spielern und Trainern geführt, versicherte Herbert, der vor allem in Frankfurt als Förderer des Nachwuchses auffiel.

Und er plant, auch Dirk Nowitzki in Zukunft für den DBB zu gewinnen. "Wenn ich in die USA fliege und Maxi Kleber treffe, werde ich versuchen, Dirk in Dallas zu treffen", so Herbert, "ihn rund ums Nationalteam zu haben, wäre ein Bonus." Spätestens bei der EM, die auch in Köln und Berlin stattfindet, begegnet man sich sowieso, denn Nowitzki fungiert dort als Turnier-Botschafter. "Er ist ein ganz großes Vorbild für alle deutschen Spieler", sagte Herbert. Einer wie Nowitzki ist derzeit in Deutschland nicht in Sicht.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Basketball bei Olympia
:Ernte des Sommers

Die deutschen Basketballer ziehen zum ersten Mal seit 1992 in ein Olympia-Viertelfinale ein. Um gegen Slowenien, den nächsten Gegner, zu bestehen, muss die Auswahl nun ihre Fahrigkeit überwinden.

Von Thomas Hahn

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: