Golf:Die derzeit beste Korda

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Über einen Umweg zum Sieg und zurück an die Spitze der Weltrangliste: Nelly Korda gewinnt das Turnier in Palos Verdes, wieder mal mit Spannung. (Foto: Orlando Ramirez/Getty Images via AFP)

Mama, Papa, Schwester, Bruder - in ihrer Familie waren alle nahe dran an der Weltspitze. Nun ist Nelly Korda am erfolgreichsten: Sie ist wieder die Nummer eins im Golf. Dabei verlief ihre Karriere keineswegs gradlinig.

Von Felix Haselsteiner

In den entscheidenden Momenten im stürmischen Wind von Ranchos Palos Verdes hat sich Nelly Korda auf ihre Erfahrungen aus der Vergangenheit verlassen. In Florida, wo sie ihre Kindheit verbrachte, hatte sie oft genug in windigen Verhältnissen gespielt, um ihre Golfschläge auch auf dem schwierigen Platz am Stadtrand von Los Angeles entsprechend anzupassen, wo sie um ihren siebten Titel auf der LPGA-Tour spielte, der höchsten amerikanischen Frauen-Golfliga. Knapp wurde es dennoch.

"Normale Nelly-Sachen" machte sie auf den finalen Löchern, wie sie es später nannte. Sie fabrizierte kurz vor Schluss noch Fehler, musste in ein Play-off und sicherte sich somit erst über einen Umweg den Sieg, der ihr die Rückkehr an die Spitze der Weltrangliste ermöglichte. Turniere ohne Spannung zu gewinnen, das sei irgendwie nicht ihr Stil, sagte sie, es müsse "offenbar immer interessant" werden zum Ende hin. Genau in diesen engen Momenten fühlt sich die 25-Jährige am wohlsten - womöglich auch deshalb, weil sie sich in solchen Situationen auf das verlassen kann, was sie in sich trägt: auf das Erbe ihrer Familie.

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Es waren durchaus besondere Umstände, unter denen Nelly Korda in Florida aufwuchs, unabhängig vom Wind. Vater Petr gewann einst die Australian Open und war die Nummer zwei der Tennis-Weltrangliste, Mutter Regina immerhin die Nummer 26. Nellys fünf Jahre ältere Schwester Jessica wurde früh zu einer der weltweit besten Junioren-Golfspielerinnen und gewann bislang sechs Titel auf der LPGA-Tour, der jüngere Bruder Sebastian ist inzwischen einer der besten Tennisspieler der Welt.

Man kann den Kordas einerseits zu ihrem beeindruckenden Sieger-Gen gratulieren, nur: Es hätte durchaus auch die Möglichkeit bestanden, sich inmitten dieser Supersportlerfamilie zu verlieren oder unter dem großen Druck des Nachnamens Korda einzuknicken, insbesondere als mittleres Kind. Kein Bericht und kein Interview mit der heranwachsenden Nelly kam jemals ohne die Erwähnung des familiären Umfelds aus, ohne Hinweise auf die erfolgreiche Schwester und den talentierten Bruder und die Überfliegereltern - weshalb es umso bemerkenswerter ist, dass Nelly Korda so klar heraussticht. Als beste Golfspielerin der Welt - und sogar als erfolgreichste Athletin in ihrer Familie.

Die vergangenen Jahre waren von Erfolgen, aber auch von zahlreichen Pausen geprägt

Ihren eigenen Weg geht sie schon seit den Anfängen. Auf ein Studium und ihre College-Ausbildungsjahre, den klassischen Weg im Golfsport, verzichtete sie und wurde stattdessen schon im Alter von 18 Jahren Profi, früher als die meisten anderen. Der mutige Schritt wurde belohnt: Nelly Korda schaffte es über Qualifikationsturniere schnell auf die höchste Tour in den USA, gewann dort ebenfalls und wurde 2021 zum ersten Mal Nummer eins der Weltrangliste, in ihrem bislang erfolgreichsten Karrierejahr: Ihren ersten Major-Titel bei einem der vier großen Turniere gewann sie in jenem Jahr, außerdem die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Tokio.

Die Schwestern erfolgreich im Golf, der Bruder im Tennis: Sebastian Korda ist seit 2018 Profi und derzeit die Nummer 29 der Weltrangliste. (Foto: Megan Briggs/Getty Images via AFP)

In kaum einer anderen Familie weltweit weiß man allerdings besser, dass Sportlerkarrieren nicht geradlinig verlaufen. "Manchmal steckt man so viel Arbeit in sein Spiel, und es geht irgendwie den Bach runter. Und manchmal fühlt sich alles einfach an, alles fließt irgendwie dahin", sagte Nelly Korda am Sonntag im Rückblick auf ihre vergangenen zwei Jahre, die von Erfolgen, aber auch von zahlreichen Pausen geprägt waren.

Ein Blutgerinnsel im Arm hinderte sie 2022 einige Monate lang am Golfspielen. 2023 musste sie wegen Rückenschmerzen länger pausieren und konnte erstmals in ihrer Profilkarriere kein Turnier gewinnen. Diese guten und schlechten Zeiten prägten ihre Laufbahn "und ich werde sie auch für den Rest meiner Karriere haben, so wie jeder", sagte Korda: "Es geht nur darum, wie man mit ihnen umgeht."

Sie hat ihren Weg offenbar gefunden. Nelly Korda wirkt im Jahr 2024 stabiler und dominanter denn je - obwohl sie gar nicht so oft spielt. Zum ersten Mal seit Beginn ihrer Karriere nahm sie sich ohne Verletzung eine wochenlange Auszeit, nach einem Sieg Ende Januar. Sie verbrachte den Großteil ihrer Zeit in Prag, dem ursprünglichen Heimatort ihrer Familie, und besuchte ihre Schwester, die Anfang Februar ihr erstes Kind, Sohn Greyson, bekommen hatte.

Tante Nelly reiste mit einem Pokal im Gepäck zur Geburt an und genoss ihre neue Rolle mit dem jüngsten Familienmitglied offenbar so sehr, dass sie nach eigener Aussage einige Wochen lang gar nicht Golf spielte. Ein wenig eingerostet habe sie sich noch gefühlt, am ersten Turniertag in Palos Verdes - bevor der Wind auffrischte und Nelly Korda eindrücklich vorführte, dass sie aktuell nur schwer von ihrem erfolgreichen Weg im Golfsport abzubringen ist.

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