Golfprofi Scottie Scheffler:Tänzer auf einem anderen Level

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"Auf einem anderen Level als alle anderen": Scottie Scheffler. (Foto: Jared C. Tilton/Getty Images via AFP)

Mit seinem Sieg bei der Players Championship festigt Scottie Scheffler seinen Ausnahmestatus. Doch er stilisiert sich nicht als Überfigur - er hat einen anderen Antrieb als Dollarscheine oder politische Statements.

Von Felix Haselsteiner, Ponte Vedra Beach/München

Eine exakte Kopie des vielleicht berühmtesten Grüns der Welt findet sich auf der Übungsanlage des TPC Sawgrass, und Scottie Scheffler war gerade dabei, sich noch einmal eingehend damit zu beschäftigen. Das Original, Loch 17, nur 123 Meter lang, dafür nur umgeben von einem riesigen Teich, hatte er eine Dreiviertelstunde zuvor bezwungen, weshalb er sich nun in einer dem Golfsport eigenen Warteschleife wiederfand: Scheffler musste sich auf der Übungs-17 warmhalten, falls noch einer seiner Konkurrenten gleichziehen sollte und es ein Play-off brauchen würde, um den Sieger bei der Players Championship zu bestimmen.

Einigermaßen unprätentiös wirkte es daher, als Scheffler wenige Augenblicke nach einem seiner Warteschleifenschläge suchend zu seinem Manager aufblickte, der ihm die Nachricht überbrachte: Die Konkurrenten hatten es nicht geschafft, ihn von der Titelverteidigung abzuhalten.

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Scheffler, 27, weiß aus dem vergangenen Jahr, dass es sich auch anders anfühlen kann, dieses berühmteste aller Turniere auf der PGA Tour zu gewinnen. Damals spazierte er das finale Loch am Sonntagnachmittag mit komfortablen fünf Schlägen Vorsprung entlang, Zehntausende Menschen um sich herum und seine gesamte Familie. "Es sah später auf den Fotos so aus, als hätte ich in die Richtung der Zuschauer gejubelt, in Wahrheit habe ich aber die ganze Zeit nur Meredith angeschaut", sagte Scheffler anfangs der Woche über seinen Triumph aus dem Vorjahr, als er im Moment des Sieges nur an seine Ehefrau dachte. Wer wollte, konnte darin eine feine Eigencharakterisierung entdecken.

Scheffler will nur eine Rolle spielen: die als bester Golfspieler der Welt

Es geht zurzeit im Golfsport öfter denn je zuvor auch um das Warum. Warum möchte man als Sportler gewinnen, was ist die Motivation hinter all der Arbeit, die es braucht, um nach ganz oben zu kommen? In vielen Fällen ist die Antwort inzwischen in Dollarscheinen zu bemessen, sowohl die Saudi-Araber als auch die Amerikaner werfen derart befreit mit Geld um sich, dass Sportler auf natürlichem Wege zu Geldhaien mutieren. Dagegen stehen die Puristen, die sich von dieser Entwicklung abgrenzen wollen. Sie antworten, dass sie ihre sportlichen Erfolge für die Menschen erreichen wollen, für die Zuschauer und die zukünftige Generation. Und dann ist da noch Scottie Scheffler.

Es läge dem bodenständigen, gläubigen Texaner nach allem, was man über ihn weiß, höchst fern, den eigenen Erfolg in Geldscheinen zu bemessen. Scheffler nimmt wie jeder andere Sportler gerne mit, was man ihn anbietet, aber nach 50 Millionen US-Dollar Preisgeld, die er in seiner Karriere nun verdient hat, ist Geld sicherlich nicht (mehr) der größte Antrieb. Genauso wenig ist es die Öffentlichkeit. Scheffler stilisiert sich nicht als Überfigur, er schwingt keine Reden, er reist nicht um die Welt, um Werbung für den Sport zu machen, er ist nicht allzu politisch im Streit mit den Saudis engagiert. Scheffler will keine Rolle spielen außer der, die ihm so gut liegt: die Rolle als bester Golfspieler der Welt.

"Die Art, wie er Bälle schlägt, ist im Moment auf einem anderen Level als alle anderen", sagte Rory McIlroy vergangene Woche über Schefflers natürliche Gabe, das Timing in seinem Schwung hinzubekommen. Alles wirkt bei ihm wie im Fluss, auf seine ganz eigene Art: Scheffler bewegt mitten im Schwung seine Füße, wovon jedem Amateur normalerweise von der ersten Golfstunde an abgeraten wird - doch Scotties Dancing Move funktioniert für ihn herausragend gut. Fast unschlagbar wirkt er dann, wenn er auch noch seine einzige Schwäche - das Putten auf den Grüns - in den Griff bekommt. In der Vorwoche dominierte er so beim Arnold Palmer Invitational auf einem ebenso schwierigen Platz wie diese Woche in Ponte Vedra Beach, wo er am Sonntag nahezu unglaubliche acht Schläge unter Platzstandard spielte.

"Jede Menge Spaß" bereiten ihm solche Tage, sagte Scheffler später. Entscheidend für sein Leben sind sie nicht: "Wenn ich heute mit einem zweiten Platz nach Hause geflogen wäre, hätte das nichts verändert." Scheffler spielt einfach nur so gut Golf, wie er kann, er liebt nach eigener Aussage das Leben auf der Tour und den Wettbewerb mit den anderen Spielern. Er sagt: "Wenn ich anfangen würde, meine Trophäen zu nehmen und sie im ganzen Haus zu verteilen und mich aufzuführen, würde mir meine Frau wohl einen Schlag auf den Kopf verpassen und mir sagen, dass ich mich mal beruhigen soll."

In wenigen Wochen kommt Schefflers erstes Kind zur Welt

Meredith Scheffler ist im Kosmos ihres Ehemanns womöglich in zweierlei Hinsicht die Antwort auf die Frage nach dem Warum. Einerseits darauf, warum Scheffler trotz seiner Erfolge auf dem Boden bleibt - und darauf, warum er unnachgiebig immer weitermacht, mit einem klaren Blick in eine womöglich historisch große Zukunft, die weitaus mehr verspricht als Geld. In wenigen Wochen wartet das Masters in Augusta, wo er 2022 gewann und schon damals sagte, dass ihm Meredith am Morgen vor der Finalrunde mit einer emotionalen Ansprache aus einer Panikattacke geholfen hatte.

Unter Umständen wird Meredith diesmal in Augusta fehlen, sie erwartet in wenigen Wochen das erste Kind des Ehepaars. Aber darauf konnte Scheffler sich in Ponte Vedra schon einmal einstellen. Als er von seinem Triumph erfuhr, auf der Übungsrange, war sie gerade einmal für einen Moment nicht bei ihm. Weshalb er sich nach einem kurzen Jubel mit seinem Manager und seinem Caddie sofort in Richtung des großen Klubhauses umsah, wo er sie vermutete.

"Wo ist Mer?", rief er - dann vergrub er ungläubig das freudestrahlende Gesicht in seinen Händen.

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