Gladbach siegt in München:Ein folgenschweres Missverständnis

Lesezeit: 3 min

Aber das schien die Borussia überhaupt nicht nervös zu machen. Und es hinderte sie auch nicht daran, sich die vorerst beste Torchance zu erspielen: Juan Arango, der sein enormes Ballgefühl im linken Fuß bis dahin verborgen hielt, tänzelte sich nach vorn durch, suchte sich selbstverständlich Reus als Partner für einen Doppelpass auf engstem Raum aus - der Abschluss des Venezolaners, ein Schlenzer per Außenrist, ermöglichte Manuel Neuer die erste Großtat vor seinen neuen Freunden aus dem Südblock.

119687850

Auch Arjen Robben konnte die Bayern-Pleite im ersten Saisonspiel trotz einiger kerniger Fernschüsse nicht verhindern.

(Foto: AFP)

Voll des Lobes wird Heynckes demnach nicht gewesen sein bei seiner Pausenansprache. Immerhin, seine Leute kehrten schwungvoller zurück, Müller war sowieso lebendig wie eh und je. Er ließ gleich wieder den überforderten Jantschke stehen und bediente erneut Gomez, auf dessen Kopfball ter Stegen mit einem vorzüglichen Reflex antwortete (49.). Nach einer Ecke kam Gomez erneut zum Kopfball - diesmal stand der Pfosten der Münchner Führung im Weg (55.).

Dieses Spiel würde in der Luft entschieden werden, das war nun offensichtlich - hier wirkte die Borussia anfällig. Aber auch die Bayern offenbarten bei hohen Bällen ihre alte Verwundbarkeit: Nach einem Freistoß lief Igor de Camargo in den Brennpunkt und köpfte tatsächlich ins Netz, doch Referee Rafati verweigerte zu Recht die Anerkennung - der belgische Stürmer hatte Bastian Schweinsteiger zu rabiat aus dem Weg geräumt (60.). Aber das 0:1 war nur aufgeschoben: Zwei Minuten später flog der Ball, abgesetzt von Innenverteidiger Roel Brouwers, wieder hoch und weit in Richtung Neuer, der herauseilte und doch zu spät begriff, dass sich der eigentlich zuständige Boateng auf ihn verließ - ein folgenschweres Missverständnis: De Camargo spritzte dazwischen und köpfte den Ball von der Strafraumgrenze aus ins verwaiste Bayern-Tor - 0:1. Neuer sollte später die Schuld auf sich laden ("Da sehe ich blöd aus"), auch Heynckes befand, "dass Boateng da näher zum Ball stand - da hätte Manuel nicht rauskommen müssen".

Boateng hatte sich später leicht am Sprunggelenk verletzt, die Bänderzerrung schien aber eher harmlos zu sein. Geschockt waren die Bayern, weil sie mal wieder unnötig in Rückstand geraten waren. Ribéry kam ins Spiel, aber die von Dante befehligte VfL-Deckung verschob sich weiter wirkungsvoll. Schweinsteiger tauchte als Faktor kaum auf, auch Arjen Robben beschwor mit seinem bewährten Zug nach innen samt einem kernigen Distanzschuss nur einmal etwas Gefahr herauf. Dann gab sich Schweinsteiger doch noch zu erkennen, seinen Fernschuss parierte ter Stegen prächtig - und beim erfolgreichen Nachsetzen von Müller stand Gomez im passiven Abseits (76.).

Das hätte er auch sein lassen können", meinte Thomas Müller über den Linienrichter, zumal sich dieser zuvor bei einer verheißungsvollen Überzahlsituation geirrt hatte. Doch letztlich zählte, was Vorstand Karl-Heinz Rummenigge bedient zusammenfasste. "Zu wenig" habe die Mannschaft geboten, sagte er. "Jetzt ist das, was wir vermeiden wollten, eingetreten: Wir laufen schon wieder hinterher."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema