Glosse:Winkewinke im Drohnenparadies

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Hochhausgroßes Willkommen: eine Show am Nachthimmel von Doha. (Foto: Abdallah Dalsh/Reuters)

Ob als Kinderspielzeug, als Show am Nachthimmel oder rund um die Stadien: Die Katarer scheinen eine Vorliebe für Drohnen zu haben. Was hätten wohl Michelangelo, Dalí oder Beuys für solche technischen Möglichkeiten gegeben?

Glosse von Claudio Catuogno, Doha

Nichts gegen Drohnen! Drohnen sind toll! Gut, vielleicht nicht diese Supermarktdrohnen, die auch in Doha als Kinderspielzeug verkauft werden, zum Beispiel im Lulu-Center gleich gegenüber unserer Unterkunft. Diese Drohnen sind vor allem lästig, einmal unsanft auf der Bordsteinkante gelandet, schon verbiegen sich die Propeller, und beim nächsten Mal fliegen sie dann rüber in den Garten des Nachbarn und verfangen sich hilflos surrend im Quittenbaum.

Aber die Präzisionsleuchtdrohnen, die an der Corniche von Doha hochhausgroße Muster in den Nachthimmel über dem glitzernden Meer zeichnen, mal einen leuchtenden WM-Pokal, dann wieder den Schriftzug "Qatar_2022" - sie lassen die Leute mit offenen Mündern in die Dunkelheit starren: Wie funktioniert das?

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Wieso stoßen die nicht zusammen, wenn sie wie ein Schwarm Schwalben wild durcheinanderfliegen, um dann wieder auf den Zentimeter genau ihre neue Position einzunehmen? Was hätten wohl Michelangelo, Dalí oder Beuys dafür gegeben, einmal mit dem Joystick so eine Skulptur anfertigen zu dürfen, anstatt sie immer mühsam aus dem Marmor zu schlagen?

Die Katarer scheinen jedenfalls eine Vorliebe für Drohnen zu haben, auch rund um die Stadien hört man sie surren, sieht man sie blinken, steigen sie mal weit hinauf ins Nichts der Nacht, nur um dann wieder irgendwo knapp über die Köpfe der Besucher hinwegzuschießen. Einmal, vor dem Khalifa-Stadion in al-Rayyan, kommt eine sogar ganz nahe, während man völlig alleine vor dem Medienzentrum steht, steht reglos in der Luft, richtet die Kamera aus. Winkewinke! Dann fliegt sie wieder davon, und hinter einem Zaun, neben einer Baracke, sinkt sie langsam zu Boden. In der Baracke sitzen uniformierte Männer und blicken in Bildschirme. Die Michelangelos der katarischen Gegenwart?

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