Japan bei der Fußball-WM:Ab jetzt ohne die beliebteste Mannschaft

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"Ich entschuldige mich, dass wir die Menschen dieses neue Szenario im Viertelfinale nicht erleben lassen konnten", sagte Flügelspieler Junya Ito (Zweiter von links) nach dem Achtelfinal-Aus im Elfmeterschießen. (Foto: Dan Mullan/Getty Images)

Die Japaner und ihre Fans waren bei dieser WM ein Unikat. Trainer Hajime Moriyasu hofft, dass damit eine Ära erst beginnt - auch für seine eigene Zukunft könnte das positiv sein.

Von Sebastian Fischer, al-Wakra

Man konnte die Freunde des VfB Stuttgart aus Oberschwaben sehr gut verstehen. Sie waren vermutlich beim Spiel zwischen Japan und Kroatien im Al-Janoub-Stadion, weil gleich drei Stuttgarter Profis hätten mitspielen können: Neben den Japanern Wataru Endo und Hiroki Ito auch der Kroate Borna Sosa, der allerdings angeschlagen fehlte. Plausibel war außerdem, wo die Fans aus Deutschland ihre Zaunfahne mit dem Schriftzug "Bad Waldsee" und zwei VfB-Wappen aufhängten: zwischen lauter japanischen Fan-Bannern, vor dem japanischen Fan-Block. Wer würde nicht dazugehören wollen, zu den wohl beliebtesten Leuten dieses Turniers?

Die Anhänger der japanischen Nationalmannschaft haben auch beim letzten Auftritt ihres Teams bei dieser WM wieder einen sympathischen Eindruck hinterlassen. Sie waren zahlreich erschienen, sangen das ganze Spiel hindurch, wenn man es richtig verstand, fast die ganze Zeit das gleiche Lied: "Vamos Nippon!" Und als sie nach dem verlorenen Elfmeterschießen und dem verpassten ersten WM-Viertelfinaleinzug in Japans Fußballgeschichte ihre Mannschaft zum Dank empfingen, sah man einige von ihnen auf der Stadionleinwand herzergreifend weinen.

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Japans Trainer Hajime Moriyasu verneigte sich vor den Fans, später sagte er: "Ich möchte mich bei allen Menschen bedanken, die uns unterstützt haben. Sie haben gesehen, wie wir hier gewachsen sind, und sie haben uns dabei geholfen."

Als Daizen Maeda das Führungstor schoss, war der Jubel nicht nur in der japanischen Fankurve laut

Schon bevor Japans Mannschaft in der Gruppenphase mit Siegen über Deutschland und Spanien zur Turnierüberraschung wurde, hatten die Fans Bewunderung auf sich gezogen - nicht nur, weil sie für gute Stimmung sorgten, sondern vor allem, weil manche von ihnen nach jedem Spiel die Tribüne aufräumten und den Müll in Säcken sammelten. Und so waren die japanischen Fans bei dieser WM ein Unikat: Darauf, sie gut zu finden, konnten sich wohl die meisten einigen.

Dass die Sympathien auch der Mannschaft zuflogen, war im Stadion nicht zu überhören. Als Daizen Maeda das Führungstor schoss, war der Jubel nicht nur in der japanischen Fankurve laut. "Wir haben gegen Deutschland und Spanien gewonnen, frühere Weltmeister. Japan kann mit den Besten mithalten", sagte Moriyasu: "Wir haben eine neue Ära des japanischen Fußballs eingeleitet."

Die Elemente der japanischen Überraschungssiege aus der Vorrunde waren auch gegen Kroatien wieder eindrucksvoll zu sehen: die taktische Variabilität, von höchstem Pressing zu tiefem Verteidigen zu wechseln und umgekehrt; die Präzision blitzartiger Konter über die Flügel. Einzelspieler wie der Stuttgarter Endo ragten heraus, seine Pässe machten die Angriffe oft erst gefährlich.

Ausgerechnet der Frankfurter Daichi Kamada allerdings, der vermeintlich formstärkste Japaner, der für die Eintracht eine großartige Bundesligasaison spielt, fand nie so richtig ins Turnier. Auch gegen Kroatien wurde er früh ausgewechselt, bevor letztendlich wohl Erschöpfung den japanischen Eifer bremste. Und im Elfmeterschießen müssen es die Nerven gewesen sein. Takumi Minamino, Kaoru Mitoma und Maya Yoshida schossen den Ball recht dankbar für Kroatiens Torwart Dominik Livakovic.

Nun muss in Japan über die Zukunft des Trainers entschieden werden, dessen Vertrag mit der WM endet. Moriyasu, der bei den Olympischen Spielen in Tokio im Vorjahr mit der U23 das Halbfinale erreichte, war vor der WM nicht bei allen Fans beliebt. Es gäbe ein paar Gründe, warum sich das geändert haben könnte.

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