Fußball: Uli Hoeneß:Auftritt des Schwergewichts

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Einerseits gilt Uli Hoeneß als jemand, der nur seine Bayern kennt - andererseits als bester Fußball-Funktionär des Landes. Nun will er jedenfalls Ligaboss werden. Doch wie groß sind seine Chancen, den bisherigen Amtsinhaber Reinhard Rauball zu stürzen?

Johannes Aumüller

Uli Hoeneß, 58, hat in seiner Zeit beim FC Bayern ziemlich viele Dinge getan, die eine Wahl zum Präsidenten der Deutschen Fußball-Liga (DFL) eigentlich unmöglich machen. Er hat jede Menge Vereine verärgert, weil er bei den Fernsehgeldern in hübscher Regelmäßigkeit am Prinzip der Zentralvermarktung rüttelte, um mehr Geld für seine Bayern rauszuschlagen. Oft musste er sich den Vorwurf gefallen lassen, mögliche Konkurrenten bewusst leergekauft zu haben. Und auch die eine oder anderen derbe verbale Auseinandersetzung leistete er sich - Christoph Daum und Willi Lemke, aber auch der FC Schalke oder die TSG Hoffenheim lassen grüßen.

Uli Hoeneß wird 60
:Ein Leben für den FC Bayern

Drei Jahrzehnte lang leitete Uli Hoeneß die Geschäfte beim FC Bayern München, dann wechselte er ins Präsidentenamt. Jetzt wird die selbsternannte "Abteilung Attacke" 60 Jahre alt - und ist immer noch kein bisschen leise. Eine Hommage in Bildern.

Andererseits hat Uli Hoeneß in seiner Zeit beim FC Bayern ziemlich viel getan, was ihn für das Amt des Ligapräsidenten geradezu prädestiniert. Er hat sich den Ruf erworben, hierzulande der fähigste Funktionär im Fußball-Business zu sein, er hat mit seiner Courage den DFB vor dem Skandal bewahrt, einen koksenden Bundestrainer zu verpflichten, und er hat oftmals sehr menschlich und sehr solidarisch gehandelt - beispielsweise, als er 2003 kräftig dabei mithalf, den in finanzielle Not geratenen FC St. Pauli zu retten und sich sogar mit einem Fanshirt des Kiezklubs ablichten ließ.

Diese beiden Argumentationslinien dürften in den kommenden Wochen ziemlich häufig aufeinanderprallen. Im April hatte Hoeneß in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung angedeutet, dass ihn der DFL-Spitzenposten reizen könnte. Am Samstag meldete die Bild, dass Uli Hoeneß bei DFL seine Kandidatur eingereicht und den amtierenden Ligapräsident Reinhard Rauball telefonisch über diesen Schritt informiert habe. "Ich bin Demokrat genug, diese Kandidatur zur Kenntnis zu nehmen, und sehe die Dinge - bei allem Respekt - trotzdem sehr gelassen. Meine Entscheidung zu kandidieren, bleibt davon unberührt", sagte Rauball.

Explosive Gemengelage

Am 18. August wählen die 36 Vertreter der Erst- und Zweitligaklubs ihren neuen Präsidenten - und dem deutschen Fußball stehen ziemlich spannende Wochen bevor. Denn der deutsche Fußball befindet sich derzeit in einer uneinheitlichen und explosiven Gemengelage.

Da sind das erfolgreiche internationale Abschneiden der Nationalelf und des FC Bayern; da ist das boomende Produkt Bundesliga; da sind die permanenten Streitigkeiten zwischen der Bundesliga und dem Verband, die durch van Gaals Forderung nach einem Boykott des für den 11. August terminierten Länderspiels neue Nahrung erhalten haben; und da ist DFB-Chef Theo Zwanziger, der wegen seines Verhaltens in der Schiedsrichter-Affäre um Manfred Amerell und Michael Kempter sowie wegen seines Verhaltens rund um die Vertragsverlängerung von Joachim Löw und Oliver Bierhoff derzeit kein gutes Bild abgibt. Und mitten in dieser Situation betritt nun mit Uli Hoeneß das größte anzunehmende Funktionärs-Schwergewicht die Bühne.

Auch wenn der bisherige Amtsinhaber Reinhard Rauball gemeinsam mit Geschäftsführer Christian Seifert die DFL zu einem erfolgreichen Produkt ausgebaut hat, gilt Hoeneß' Kandidatur unter Branchenkennern als aussichtsreich. Da mag er noch so viele Verbalduelle mit Liga-Kontrahenten gehabt haben, da mag er sich noch sehr als jemand präsentiert haben, dem es in erster Linie um seinen FC Bayern geht.

Viele Top-Klubs sahen in ihm schon immer einen Fürsprecher, und die kleineren Vereine dürften sich zum einen an Aktionen wie für St. Pauli erinnern - und sich zum anderen bewusst sein, dass Hoeneß mit seinem Auftreten, seiner Rhetorik und seinen Kontakten dem gesamten Fußball viele Impulse und Fortschritte geben kann. Zudem agierte er seit seiner Wahl zum Bayern-Präsidenten im November 2009 gegenüber der Konkurrenz bereits deutlich zurückhaltender als die 30 Jahre zuvor als Bayern-Manager.

Attacken gegen die Länderspiel-Termine

Sollte Hoeneß gewählt werden, könnte es im deutschen Fußball zu neuen Konflikten kommen. Hoeneß wäre zwar qua Satzung einer von zwei gleichberechtigten ersten Stellvertretern des DFB-Chefs Theo Zwanzigers. Doch die Angriffe Hoeneß' auf den DFB sind mindestens so zahlreich wie die auf Christoph Daum - vor allem in den Bereichen, in denen die Interessen von Nationalmannschaft und Vereinen kollidieren. Wenn mal wieder ein Länderspiel gegen eine schwächere Auswahl ansteht, wettert er gerne gegen diese für ihn unnötigen Spiele gegen Swasiland oder den FC Tegernsee.

Seine letzte derartige Attacke hörte sich Ende des vergangenen Jahres so an: Die Klubs müssten sich "alle miteinander dagegen wehren, dass die Bundesliga zum 98. Mal unterbrochen wird wegen dieser Länderspiele. Da muss sich was ändern, sonst geht die Bundesliga kaputt." Die Klubs hätten wieder "den Dreck auszubaden".

Mit Hoeneß' Kandidatur beginnt eine extrem spannende Phase für den deutschen Fußball. Beim DFB harren noch die beiden großen Baustellen - Vertragsverlängerung von Löw/Bierhoff sowie die Schiedsrichter-Affäre - einer befriedigenden Lösung, und binnen weniger Wochen stehen zwei wichtige Wahlen an.

Am 18. August entscheiden die Vertreter der ersten und der zweiten Liga über den neuen DFL-Präsidenten und nur rund zwei Monate später geht es auf einem Bundesparteitag um die Zukunft von Theo Zwanziger als DFB-Chef. Es ist äußerst schwierig vorherzusagen, wie die Machtverhältnisse im deutschen Fußball Ende Oktober aussehen.

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