FC Bayern:Bayern und Dortmund fürchten die neuen Mächte

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"Da können wir nicht mithalten" - Uli Hoeneß (rechts) ist besorgt anlässlich der Finanzkraft der aus Katar oder Abu Dhabi alimentierten Klubs. (Foto: dpa)
  • Der FC Bayern und Borussia Dortmund präsentieren ihren Mitgliedern Rekordzahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr.
  • Im Vergleich zu der Finanzkraft der Premier League und den aus Katar und Abu Dhabi alimentierten Klubs dürfte das im europäischen Vergleich aber nicht reichen.
  • Die Antwort von Präsident Hoeneß und Geschäftsführer Watzek: Außenseiterstrategien.

Von Martin Schneider

Dass Uli Hoeneß und Hans-Joachim Watzke sich unabhängig voneinander fast wortgleich äußern, das passiert nicht so oft. Präsident Hoeneß sagte nun auf der Mitgliederversammlung des FC Bayern: "Du spielst nicht nur gegen Vereine, sondern ganze Staaten: Katar, Abu Dhabi, ein russischer Oligarch und amerikanische Hedgefonds." Geschäftsführer Watzke sagte auf der Hauptversammlung von Borussia Dortmund: "Wir haben es in der Champions League in einem Verdrängungswettbewerb mit Ländern zu tun wie Katar und Abu Dhabi, mit Milliardären, wo keiner weiß, wie die ihr Geld verdient haben."

Rund um das vergangene Wochenende (Bayern am Freitag, Dortmund am Sonntag und am Montag) haben die beiden wichtigsten Klubs Deutschlands ihre wirtschaftlichen Kernzahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr präsentiert, und das Fazit dieser Bilanzen lautet: Es geht ihnen gut - aber das wird wahrscheinlich nicht reichen. Dortmund und Bayern schreiten voran, die europäische Konkurrenz rast. Denn es gibt drei Perspektiven, aus denen man die Wirtschaftskraft des BVB und des FC Bayern betrachten kann: die vereinseigene Sicht, die nationale und die internationale. Was beiden Klubs Sorgen macht, ist die internationale, also die europäische. Aber der Reihe nach.

Die vereinseigene Perspektive ist die unkomplizierteste - da geht es für beide Klubs nach oben. Weil sie sauber wirtschaften, und weil der Fußball als Ganzes ein Wachstumsmarkt ist. Es fließt immer mehr Geld, und das landet dann natürlich irgendwo. Also können sich die Finanzchefs des FC Bayern und des BVB hinstellen und stolz verkünden: Es geht uns besser als im Jahr davor.

Der FC Bayern ist wirtschaftlich der viertstärkste Klub in Europa

Guckt man aus der nationalen Perspektive auf die Klubs, dann kommt man zu einem altbekannten Schluss, der da lautet: Der wirtschaftliche Vorsprung des FC Bayern ist sehr groß. Das sieht man nicht nur am Umsatz (640 Millionen zu 405 Millionen) sondern auch an den Ausgaben für das Personal. Der FC Bayern zahlt für alle seine Angestellten, also inklusive Spieler, 264 Millionen Euro, Borussia Dortmund 178 Millionen Euro, wobei der BVB die Ausgaben im Gegensatz zum FC Bayern in diesem Jahr massiv erhöht hat (von noch 140 Millionen Euro im vergangenen Jahr).

Da kann man überschlagen, was man als Top-Spieler in München immer noch mehr verdient als im Ruhrpott. Dieser wirtschaftliche Vorsprung führt unter anderem durch Transfers von Robert Lewandowski und Mats Hummels zu einem sportlichen Vorsprung, der sich aktuell in fünf Bayern-Meisterschaften in Folge mit guten Chancen auf die sechste widerspiegelt.

Aus Sicht des FC Bayern ist das natürlich kein Problem, aus Sicht aller anderen deutschen Klubs schon. Aber da gibt es ja auch noch die europäische Perspektive.

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Da ist es so, dass der FC Bayern auf dem Papier immer noch - gemessen am Umsatz - die viertstärkste Wirtschaftskraft des Kontinents ist. Nach dem FC Barcelona, Real Madrid und Manchester United. Dieses Spitzenquartett ist seit mehreren Jahren beständig, 2010 lagen die gleichen Klubs auf den ersten Plätzen. Dortmund kratzt seit seinem Comeback in der Klopp-Ära konstant an den besten zehn, Schalke liegt übrigens nicht weit dahinter.

Auch in Europa ist der Zusammenhang zwischen Wirtschaftskraft und sportlichem Erfolg ziemlich eindeutig. Nimmt man mal das vergangene Jahr raus, in dem nur Real Madrid unter die Top vier kam, spielen seit 2010 immer mindestens zwei Mitglieder des wirtschaftlichen Spitzenquartetts auch im Champions-League-Halbfinale. 2011, 2012, 2013 und 2015 waren es sogar drei von vier Mannschaften. Von acht möglichen Halbfinalteilnahmen seit 2010 nahm Real Madrid sieben mit, Bayern sechs und der FC Barcelona fünf. Vor allem diese drei Klubs haben fast das Maximale aus ihren Möglichkeiten gemacht.

Nun drängen neue Kräfte mit aller Macht in diesen Zirkel, vor allem Paris Saint-Germain, hochgerüstet mit Geld aus Katar, und die Premier-League-Vereine. Denn gemessen an der Wirtschaftskraft schnitten vor allem die englischen Vertreter in der Vergangenheit unterdurchschnittlich schlecht ab. Das scheint sich nun zu ändern. Fünf Vereine spielen aktuell in der Gruppenphase der Champions League - und jeder ist Tabellenführer seiner Gruppe. Die Klubs kaufen sich nicht mehr nur Spieler, sondern zunehmend Expertenwissen ein. Trainer wie Antonio Conte, José Mourinho, Jürgen Klopp oder Pep Guardiola trainierten vor kurzer Zeit noch in Italien, Spanien und Deutschland. BVB-Chefscout Sven Mislintat geht nun zum FC Arsenal.

Guardiola zum Beispiel durfte sich mit einem Geldtopf, gespeist aus TV-Geldern und Zuwendungen aus Abu Dhabi, eine Mannschaft nach seinem Bilde formen. Das Ergebnis: Von 20 Pflichtspielen hat er 19 gewonnen. Und dass sich Paris kurzerhand für fast eine halbe Milliarde Euro zwei der besten Spieler Europas geholt hat (Neymar und Kylian Mbappé), ist mittlerweile ja allgemein bekannt.

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Watzke und Hoeneß sehen diese Entwicklung, und sie sehen, dass ihre Macht, darauf zu reagieren, begrenzt ist. "Wenn Abu Dhabi und Katar mal kurz den Ölhahn aufdrehen, sind wieder 100 Millionen da. Da können wir nicht mithalten", sagte Hoeneß. Ein Satz der Kapitulation. Die Hoffnung, dass die Uefa über das Financial Fair Play wirklich regulierend in der Markt eingreift, ist trotz entschlossener Worte von Präsident Čeferin und eindringlicher Forderung von Karl-Heinz Rummenigge offenbar nicht wirklich da.

Aber was tun? Watzke kündigte an, das Scouting trotz des Abgangs von Sven Mislintat massiv auszubauen und Talente vor allen anderen zu entdecken. "Die Mbappés und Dembélés kommen nicht mehr zum BVB, wenn sie 20 sind. Zu den Bayern aber auch nicht", sagte er. In München würden sie da nicht widersprechen. Auch Rummenigge kündigte vor den Mitgliedern an, man wolle auf dem Transfermarkt "noch aggressiver werden, wir müssen schneller sein und Talente nach München holen". Hoeneß setzt seine Hoffnung in die neu gebaute Nachwuchsakademie. Bei der Eröffnung meinte der Präsident: "Ich bin überzeugt, dass wir damit die richtige Antwort auf die Entwicklung im internationalen Fußball geben können, auf den ganzen Transferwahnsinn und die Gehaltsexplosionen."

Talente früher scouten, den Nachwuchs besser ausbilden - es sind Außenseitermethoden, die die beiden stärksten deutschen Klubs als Reaktion auf den europäischen Markt propagieren. In der Bundesliga fährt der SC Freiburg auf niedrigerem Level die gleiche Strategie. Das kann schon funktionieren, aber mit diesem Plan weiter Dauergast im Champions-League-Halbfinale zu sein, wird sehr schwierig. Denn in diesen Sphären war in den vergangenen Jahren eine Strategie ziemlich erfolgreich: Geld zu haben.

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