Fußball: Nationalelf:Verdienste vor Form

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Bundestrainer Löw setzt im Länderspiel gegen Südafrika auf Klose und Podolski. Der zu Saisonbeginn treffsichere Stefan Kießling muss noch warten.

Ulrich Hartmann

Das neue Trikot der Nationalmannschaft ist schön schlicht, schwarz und weiß im Retro-Look. Die deutschen Fußballer werden es erst vom kommenden Jahr an tragen, aber am Sonntag und Montag wurde in Köln schon einmal der Werbespot für dieses Trikot gefilmt. Auch Stefan Kießling war beim Dreh mit der Nationalelf dabei, denn man stelle sich bloß mal vor, Kießling schießt weiter Tore am Fließband, wird vom Bundestrainer Joachim Löw für die Weltmeisterschaft in Südafrika berufen und fehlt dann als bester deutscher Stürmer in der Trikotwerbung. Nicht auszudenken.

In der noch jungen Saison hatte Stefan Kießling in vier Spielen bislang viermal Grund zum Jubeln. In der Nationalelf ist er vorerst aber Stürmer Nummer fünf. (Foto: Foto: dpa)

Kießlings Nominierung für den Dreh war also ein gutes Indiz dafür, dass der 25-jährige Leverkusener, der in den ersten vier Saisonspielen vier Tore erzielt hat, ein heißer Kandidat bleibt, auch wenn Löw ihn für die beiden Länderspiele am kommenden Samstag gegen Südafrika und am Mittwoch darauf gegen Aserbaidschan nicht in die Auswahl berufen hat. Dass er sich dafür rechtfertigen soll, den derzeit treffsichersten deutschen Stürmer nicht berufen zu haben, ärgert Löw. "Es ist absurd, uns vorzuwerfen, wir würden nicht nach Leistung nominieren", sagt er gereizt, "aber wir entscheiden nicht von Spieltag zu Spieltag, sondern nach einem Gesamtbild."

"Vier Stürmer reichen"

Es hätte halt gut gepasst. Am Samstag vergleichen sich die Deutschen in Freundschaft mit WM-Gastgeber Südafrika, das Spiel findet in der Leverkusener Arena statt, in der Kießling für seinen Klub Bayer spielt. "Klar ist er momentan in einer guten Form", sagt Löw, "aber wir sind der Meinung, dass vier Stürmer für die nächsten beiden Spiele reichen." Am Mittwoch kommender Woche spielt die DFB-Elf in Hannover gegen Aserbaidschan um Punkte in der WM-Qualifikation, und die erforderlichen Tore dazu sollen die bewährten Stürmer Mario Gomez, Miroslav Klose und Lukas Podolski schießen.

Als vierten Angreifer hat Löw den eingebürgerten Brasilianer Cacau vom VfB Stuttgart berufen. Cacau ist einer von neun Stuttgarter Spielern, die der Badener Löw und der neue U21-Bundestrainer Rainer Adrion, ein Schwabe, für die kommenden beiden Spiele ihrer Mannschaften nominiert haben. Mit neun von 45 Spielern machen die Stuttgarter 20 Prozent in beiden Kadern zusammen aus. Bayer Leverkusen und Bayern München stellen je fünf Spieler, Bremen stellt vier.

"Wir entscheiden nicht nach Emotionen oder Vereinen", sagt Löw streng. "Auch wenn ein Spieler aktuell mal gerade nicht in Hochform ist, wissen wir trotzdem um seine Qualitäten." Damit dürfte er vor allem Miroslav Klose meinen, der vergangenen Samstag beim FC Bayern 90 Minuten auf der Ersatzbank saß und unter dem neuen Trainer Louis van Gaal an vier Spieltagen bloß 117 Minuten und ohne jeden Torerfolg gespielt hat.

Doch für Löw ist das zu kurzfristig gedacht. "Wir wissen, was der Miro Klose schon alles für die Nationalelf geleistet hat", sagt Löw. Klose hat in 89 Länderspielen 45 Tore geschossen. Er ist damit der fünftbeste Nationalspieler in der Geschichte des deutschen Fußballs und braucht nur noch drei Tore, um Jürgen Klinsmann und Rudi Völler beim Sprung auf Platz drei hinter sich zu lassen.

Solche Referenzen ignoriert Löw nicht so einfach. Genauso wie bei Lukas Podolski. "Er hatte einen holprigen Start in Köln", sagt Löw, "aber er war für uns immer ein entscheidender Spieler und hat im Nationalteam immer hervorragende Leistungen gezeigt." Ebensolche rechnet Löw dem Stuttgarter Cacau für seinen Einsatz beim Spiel Anfang August in Aserbaidschan und bei der sommerlichen Asienreise hoch an, weswegen Cacau nun der Vierte im Stürmerbunde sein darf. "Und vier sind ausreichend", sagt Löw entschieden.

Nominierungen sind nicht entgültig

Dem enttäuschten Stefan Kießling bleibt die Hoffnung. "Unsere Nominierungen sind ja nicht endgültig", schließt der Bundestrainer versöhnlich. "Endgültig sind sie erst unmittelbar vor der Weltmeisterschaft."

Über die Teilnahme daran entscheiden vor allem die Qualifikationsspiele in Russland am 10. Oktober sowie gegen Finnland vier Tage später, und damit die Mannschaft Mitte Oktober dann auch in bester Verfassung ist, erhofft sich Löw bereits für die anstehenden Spiele eine Leistungssteigerung gegenüber jüngst eher mittelmäßigen Auftritten beim 2:0 in Aserbaidschan oder beim 1:1 in China. Eigentlich aber erhofft sich Löw diese Steigerung nicht nur, er verspricht sie sogar. "Wir werden, ja, da lege ich mich fest, uns spielerisch steigern und eine gute Leistung abrufen", sagt er und muss mit einer ebensolchen am Samstag in Leverkusen aber auch Werbung machen für das Spiel vier Tage später in Hannover, denn dort wurde mit etwa 26000 bislang erst die Hälfte der Tickets verkauft.

Gut gebrauchen kann Löw zur Kundenbindung spektakuläre Spieler wie Mesut Özil, Michael Ballack oder Lukas Podolski, allerdings haben alle drei am Dienstag bei Fitnesstest und Training gefehlt. Der Bundestrainer befürchtet allerdings keinen Ausfall fürs Wochenende. Sie haben nichts Schlimmes, nur Kleinigkeiten. Stefan Kießling darf sich deswegen noch keine neuen Hoffnungen machen.

© SZ vom 02.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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