Als der Reporter des ZDF vor anderthalb Jahren Takuma Asano fragte, ob er Hansi Flick kenne, konnte er nicht ahnen, dass er damit einen, wie sich noch herausstellen sollte, unvergesslichen Spaß für die ganze deutsche Fußball-Familie kreieren würde. "Hansi Flick, was ist das?", erwiderte Asano.
Asanos Tore in Hoffenheim, die dem VfL Bochum den Klassenerhalt brachten, und die Auslosung zur WM in Katar, die Deutschland und Japan zusammenführte, bildeten damals den Hintergrund der Frage, zumal da Flick höchstpersönlich auf der Tribüne gesessen und zugesehen hatte. Es war nur eine harmlose Reporterfrage, um den Spielbericht zu garnieren, in akustisch schwierigen Verhältnissen in einem lauten Stadion. Aber Asanos grundlegend zweifelnde Antwort erscheint heutzutage aktueller und brisanter denn je.
Japan bei der WM in Katar:Deutschlands Bezwinger, made in Germany
Sieben japanische Spieler aus der Bundesliga zeigen bei der WM ihr Können. In der Hauptrolle: Takuma Asano, Flügelstürmer vom VfL Bochum und Torschütze zum 2:1. Der sagte vor ein paar Monaten noch: "Hansiflick - was ist das?"
Bekanntlich war es der schnelle Rechtsaußen, der das deutsche Team ins Unglück stürzte, als er kurz vor Schluss aus spitzem Winkel den Siegtreffer für Japan erzielte und damit den Anfang vom Ende der deutschen WM-Ambitionen setzte. Und als wäre nun das Wiedersehen mit den Japanern nicht schon schicksalsschwer genug, hat der 28 Jahre alte Profi aus der Kleinstadt Komono am Wochenende in der Bundesliga allgemeines Aufsehen als doppelter Torschütze erregt. Die beiden Treffer beim 2:2 in Augsburg bestätigen die gehobene Wichtigkeit, die Asano neuerdings beim VfL zuteil wird.
Asanos Sprachkenntnisse in Bochum werden stetig besser
Statt als Flügelspieler betätigt er sich jetzt als zweite Spitze hinter dem ungleich größeren und gewichtigeren Mittelstürmer Philipp Hofmann. Der "Deutschland-Schreck", wie hierzulande sein aktuelles Synonym lautet (in Japan nennt man ihn wegen seines speziellen Torjubels "Jaguar"), lernt gerade den zügigen Weg zum Torerfolg kennen - eine Nachricht, die Hansi Flicks Taktiktafel vibrieren lässt und womöglich sogar seinen Trainerstuhl.
An sportlichem Ehrgeiz wird es dem Angreifer auch diesmal nicht mangeln. Über Asano erzählen die Leute beim VfL genau das, was immer wieder über japanische Fußballer in Deutschland erzählt wird - dass sie im Grunde die besseren Deutschen sind. Von "preußischem Arbeitsethos" ist die Rede; von einer Dienstbeflissenheit, die von den Vorgesetzten in die Schranken gewiesen werden muss, damit sie nicht die Gesundheit gefährdet; und von Urlaubsmotiven, die nicht den Strand von Ibiza, sondern Innenansichten eines Fitnessstudios zeigen.
Asano sei "ein Trainingstier", heißt es, und wenn es nach dem VfL geht, soll er seinen Eifer noch möglichst lange an der Castroper Straße ausleben. Der Klub arbeitet an der Vertragsverlängerung, die Chancen stehen nicht schlecht: Asano ist in Recklinghausen heimisch geworden, wo er mit einem seiner vielen Brüder - es gibt sieben Geschwister - einen gemeinsamen Haushalt führt, ein weiterer Bruder spielt für Siegburg 04 in der fünftklassigen Mittelrheinliga. Privater Anschluss ist somit vorhanden, und die Sprachkenntnisse werden auch stetig besser. Die Frage "Do You know Hansi Flick?" würde er heutzutage wahrscheinlich anders beantworten. Schon aus Gründen der japanischen Höflichkeit.