Serienmeister FC Bayern:Noch weit entfernt von Skonto Riga

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In Deutschland am größten, in Europa am erfolgreichsten, am besten weltweit: Dauermeister FC Bayern bemüht nur allzu gerne Superlative. Doch so einzigartig ist seine Titelserie auch wieder nicht.

Von Joachim Mölter

Die Reflexe funktionieren noch bei Oliver Kahn, dem einstigen Torwächter und aktuellen Vorstandschef des FC Bayern München. Jedwede Kritik am Aus der Fußball-Profis in der Champions League wehrte der 52-Jährige neulich ab, indem er sofort auf ein anderes Thema ablenkte - die bevorstehende zehnte deutsche Meisterschaft nacheinander: "Das hat noch keine Mannschaft in Europa geschafft!"

Das kann man ja mal behaupten, auch wenn's nicht stimmt. Aber so denkt man beim FC Bayern halt: in Deutschland am größten, in Europa am erfolgreichsten, am besten weltweit. Immer und überall die Nummer eins, zumindest gefühlt.

Wenn man richtig gezählt hat, haben es in Europa schon elf Fußball-Klubs vor dem FC Bayern geschafft, zehn oder mehr nationale Meisterschaften nacheinander zu gewinnen. Auf dem Gipfel thronen da mit je 14 Titeln Skonto Riga (von 1991 bis 2004) und der Lincoln Red Imps FC aus Gibraltar (von 2003 bis 2016). Solche Kleinklubs ohne Glamourfaktor vernachlässigt man in München freilich ebenso gern wie die 13-maligen Serienmeister Rosenborg Trondheim (Norwegen/1992 bis 2004) und Bate Borissow (Belarus/2006 bis 2018) oder Dinamo Zagreb (elf Titel von 2006 bis 2016).

Der Club ist Abstiegsrekordmeister

Nicht einmal in Deutschland sind die Münchner die ersten Fußballer, die zehn Meisterschaften aneinandergereiht haben: Das hat der Berliner FC Dynamo in der DDR-Oberliga von 1979 bis 1988 vorgemacht. Mit anderen Sportarten brauchen sich die FC-Bayern-Kicker auch nicht zu vergleichen: Die Volleyballerinnen des VC Hannover kamen auf 16 Titel zwischen 1958 und 1973, die Volleyballer des SC Leipzig auf 15 zwischen 1962 und 1976.

Genauso oft war auch der Eishockeyklub SG Dynamo Weißwasser erfolgreich zwischen 1951 und 1965, also noch bevor die DDR-Oberliga auf zwei Teams reduziert wurde. Selbst im Schach und Basketball gibt es längst Beispiele für zehn Jahre herrschende Dauermeister: die Ooser Schach-Gesellschaft Baden-Baden (2006 bis 2015) sowie die Frauen der Betriebssportgemeinschaft Akademie der Wissenschaften, kurz BSG AdW Berlin (1978 bis 1987).

Es gibt also keinen Grund, die Leistung der FC-Bayern-Fußballer maßlos zu überhöhen. Andererseits ist sie auch nicht gering zu schätzen. Zehnmal nacheinander Meister zu werden, muss man erst mal schaffen: Der einstige Rekordmeister 1. FC Nürnberg hat insgesamt nur neun Titel gesammelt. Aktuell kann sich der Club nur rühmen, dass keiner häufiger aus der Bundesliga abgestiegen ist wie er, nämlich schon achtmal. DAS soll der FC Bayern erst mal nachmachen.

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