Fußball: DFB-Machtkampf:Zwanziger: "Ich will ihn behalten"

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Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung spricht DFB-Chef Theo Zwanziger über den Machtkampf mit Joachim Löw und ein Angebot "am Rande der Verantwortbarkeit".

Das Scheitern der Vertragsverlängerung mit Bundestrainer Joachim Löw und dessen Stab beeinträchtigt nach Ansicht von DFB-Präsident Theo Zwanziger nicht das Vertrauensverhältnis zwischen sportlicher Führung und Verbandsspitze.

Theo Zwanziger antwortet auf Joachim Löws Kritik. (Foto: Foto: ddp)

"Ich sehe das nicht als Vertrauensbruch. Wir sind Freunde, wir sind keine Feinde. Wir arbeiten an einem gemeinsamen Projekt. Am Wochenende bei der Auslosung zur Europameisterschaft 2012 in Warschau werden wir uns wiedersehen, und dann werden wir miteinander reden", sagte Zwanziger im Interview mit der Süddeutschen Zeitung, das Sie im vollen Wortlaut in der Samstagsausgabe der SZ finden.

Joachim Löw hingegen gab zu den Kapriolen um die abgebrochenen Vertragsverhandlungen eine schriftliche Stellungnahme ab, die Zündstoff birgt.

"Wir waren unter Zeitdruck"

"Ganz bewusst haben wir uns in den vergangen Wochen nicht konkret zur Vertragssituation geäußert. Umso verwunderter sind wir über die plötzlich in der Öffentlichkeit diskutierten angeblichen Vertragsdetails. Dadurch sind viele Unwahrheiten in Umlauf gekommen. Einen Handschlag-Vertrag hat es zum Beispiel nicht gegeben", heißt es dort.

Was der 50-Jährige meint, ist die fortwährende Indiskretionitis in der Bild-Zeitung, die jüngst ausgebreitet hat, dass Löw und Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff für ihre Unterschrift unter einen neuen Vertrag einen Bonus in Höhe eines Jahresgehalts gefordert haben, Bierhoff zudem ein Veto-Recht bei der Besetzung des Bundestrainerpostens.

DFB-Präsident Theo Zwanziger hatte vor Weihnachten 2009 öffentlich bekannt gegeben, dass man sich mit Löw per Handschlag auf eine Vertragsverlängerung geeinigt habe.

"Von unserer Seite wurde ein verhandelbarer Vorschlag vorgelegt, uns dagegen wurde ein nicht-verhandelbares Angebot zugestellt, über das ich innerhalb von 48 Stunden entscheiden sollte", erklärte Trainer Löw. Das bestätigte Theo Zwanziger der SZ: "Wir waren unter Zeitdruck: Die nächste Sitzung wäre erst im März gewesen, ich konnte die Sache nicht so lange kochen lassen."

"Angebot war am Rande der Verantwortbarkeit"

Für weitere Verhandlungen habe es angesichts von Bierhoffs Forderungen ohnehin keine gemeinsame Basis gegeben: "Wenn man soweit auseinander ist, worüber soll ich dann verhandeln? Ich wusste, dass wir uns entweder jetzt auf einer verantwortbaren Basis verständigen - das heißt: moderate Erhöhung der Vergütung, eine Regelung über die Zuständigkeiten bei der U 21, ein eigenes Budget für Bierhoff - oder dass wir die ganze Sache vertagen. Unser Angebot war am Rande der Verantwortbarkeit."

Zu den Gründen für die Vertagung des Vertragsprojekts erklärte Zwanziger, es habe beim ersten Gespräch mit Löw Mitte Dezember keine Anzeichen für gravierende Unterschiede gegeben, "die gab es erst, als Oliver Bierhoff in einem Gespräch Mitte Januar neue Fakten geschaffen hat, indem er uns Entwürfe für völlig neue Verträge präsentiert hat. Wir wollten verlängern - doch wir wollten keinen neuen Vertrag machen."

Zwanziger verwies auf unannehmbare finanzielle Erwartungen und auf Bierhoffs Wunsch nach einer stärkeren Manager-Stellung: "Das war nicht machbar. Ich hätte dann drei oder vier Anträge auf Satzungsänderung beim nächsten Bundestag stellen müssen. Diese offensive Ausdehnung der Kompetenzen wäre mit den Grundsätzen des DFB nicht vereinbar gewesen. Eine Nationalmannschaft-GmbH mit dem DFB als Aufsichtsrat - das geht nicht."

Zwanziger glaubt aber nicht, dass die Nationalmannschaft belastet ins WM-Jahr geht: "Es ist nicht die Schicksalsfrage der Nation, ob ein Bundestrainer mit einem auslaufenden oder laufenden Vertrag ins Turnier geht." Löw bleibt als Bundestrainer sein Favorit: "Ich will ihn behalten. Wenn wir die WM erfolgreich spielen, werde ich mit Löw sprechen. Und wenn wir sie nicht so erfolgreich spielen, dann auch. Er wird immer mein erster Ansprechpartner sein."

Die Querelen zwischen dem DFB und Löw/Bierhoff haben eine lange Tradition und reichen im Prinzip bis in die Zeit zurück, in der Jürgen Klinsmann Bundestrainer war. Damals legte sich dieses Trio mit so ziemlich jedem an, der im deutschen Fußball was zu sagen hatte. Doch weil die Deutschen 2006 ein selbsternanntes Sommermärchen erlebten, weil auch unter Nachfolger Löw sportlich vieles gut lief und die Nationalmannschaft beste Sympathiewerte genoss, blieben Löw und Bierhoff unangreifbar.

Allein der ebenso knorrige wie ehrgeizige Sportdirektor Matthias Sammer ließ nicht locker und nahm bisweilen die Teppich-Zweikämpfe auf. Manche behaupten, Sammer würde selbst gerne den Laden übernehmen.

Das ist der Hintergrund zur denkwürdigen Sitzung im DFB-Präsidium am Donnerstag, als auf einmal zwei Vertragsentwürfe für Trainer Löw, Manager Bierhoff und den Stab auf dem Tisch lagen, als man sich um Kompetenzen und einen Bonus stritt - und es kommt der Verdacht auf, dass in den Hinterzimmern des DFB nun ein paar alte Rechnungen beglichen werden sollten.

Dass der Nationalmannschafts-Stab eine Bonuszahlung für eine Vertragsverlängerung forderte, war dem DFB lange bekannt. Auch, dass sich Bierhoff ein Vetorecht ausbat für den Fall, man müsse einen Nachfolger für Löw finden. Plötzlich einen Gegenvorschlag zu unterbreiten, mitsamt 48-Stunden-Ultimatum - das ist ein Affront. Er schadet dem deutschen Fußball. Dass die Beteiligten einige Details und Vorverurteilungen aus der Presse lesen mussten, bevor es überhaupt zu Gesprächen kam, ist ein zusätzliches Indiz, dass hier jemand ein fragwürdiges Spiel spielt.

Offenbar wollten da einige im DFB-Präsidium den zu mächtig gewordenen Angestellten einmal die Grenzen zeigen. Vor allem Manager Bierhoff scheint nur noch wenig Freunde zu haben, Generalsekretär Wolfgang Niersbach und Sammer gelten als entschiedene Gegenspieler. Einige Beobachter spekulieren, dass es gar nicht um Löw und sein Trainerteam gehe, sondern allein um den Manager.

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