Die SpVgg Greuther Fürth habe "nicht zu Recht nur einen Punkt", ihr stünden mehr Punkte zu, sagte am Wochenende der Trainer. Aber es war nicht Fürths Coach Stefan Leitl, der diese Worte sprach, sondern Christian Streich, der mit dem SC Freiburg soeben die Franken 3:1 besiegt und ihnen damit die achte Niederlage hintereinander zugefügt hatte. Streich stützte seine mutige Ansicht auf Argumente, die ihm bei näherer Betrachtung womöglich selbst etwas wacklig vorkämen: Die Fürther hätten nicht nur im Vorjahr - dem Jahr des Aufstiegs - "sehr, sehr gut Fußball gespielt", sondern "in einigen Halbzeiten" auch in diesem Jahr, erklärte Streich. Und er merkte an, für seine Mannschaft sei es "eigentlich nicht einfach" gewesen. Das Wort eigentlich steht in diesem Satz im Mittelpunkt.
FC Bayern:Die Wunde muss noch heilen
Das 5:2 bei Union Berlin bringt das Selbstvertrauen des FC Bayern nach der Pokalschmach zurück, doch die Verunsicherung ist noch spürbar. Julian Nagelsmann wird bei seiner Rückkehr ein verändertes Team vorfinden.
Streich ließ sich bei der Analyse wohl eher von Nächstenliebe leiten als vom Sachverstand des Fußballgelehrten. Dass die Lage des Aufsteigers Fürth verzweiflungswürdig ist, geht nicht nur aus der Bilanz hervor, es lässt sich auch auf dem Feld erkennen. Leitl stellte nach dem Freiburg-Spiel fest ("zu viele individuelle Geschichten"), was er zuletzt immer wieder festzustellen hatte: Dass es bei allem Bemühen und bei aller Moral an Klasse mangelt - und ohne wundersamen Wandel kaum zur Wettbewerbsfähigkeit reichen wird.
Der Schrecken, der zurzeit von den Fürthern für den nächsten Gegner ausgeht, besteht lediglich in der Angst, sich nicht mit einer Niederlage blamieren zu wollen. Ein Angstgegner sind sich die Kleeblätter somit nur noch selbst, denn nichts ist zermürbender als die Gewohnheit des Verlierens. Irgendwann werden sich die Spieler vielleicht fragen, ob sie überhaupt imstande sind, ein Erstliga-Spiel zu gewinnen.
Fürths Schicksal erinnert an Haching, Darmstadt oder Paderborn
Ohne es polemisch zu meinen, ließ sich bei den Fürthern fragen, ob der Aufstieg für sie überhaupt wünschenswert wäre. Die Rolle des besonders krassen Außenseiters war vorgezeichnet. Bescheiden ausgestattet, folgt der Klub Vorgängern wie Unterhaching, Darmstadt und Paderborn, die mit befristetem Besucherschein in der ersten Klasse auftauchten.
Andererseits hatte Streich ja vollkommen recht, als er Leitls exzellenten Aufstiegsfußball pries. Hier ist der Aufstieg gewissermaßen nicht Lohn, sondern Strafe. Es ist durchaus eine Gemeinheit, dass es in der Bundesliga kein nennenswertes Begrüßungsgeld für Neulinge gibt - anders etwa als in der Premier League: In England kann der Aufsteiger mit einer garantierten Zusatz-Einnahme von wenigstens 100 Millionen Euro rechnen.
Wie tief der Graben zwischen erster und zweiter Liga ist, das erleben derzeit auch Arminia Bielefeld und der VfB Stuttgart, die sich in der Vorsaison als Aufsteiger behaupten konnten und jetzt das gefürchtete zweite Jahr durchmachen. Sie müssen beide gerade erkennen, dass sowohl die mutmaßliche als auch die vermeintliche Konkurrenz im Kampf ums Bleiberecht wesentliche Vorteile besitzt: Geübte Überlebenskünstler wie Mainz oder Augsburg finden jedes Mal doch noch einen Ausweg, angebliche Neben-Adressen wie Union Berlin, Hoffenheim oder Freiburg gehören dank guter Führung bis auf Weiteres zum Establishment.
Für den Zuzug von unten ist die Liga nur bedingt zugänglich. Für die Fürther ist er im Prinzip unerschwinglich.