Anthony Modeste in Köln:Eine Geschichte, die langsam zu gut wird

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Tor des Abends: Modeste tunnelt Kevin Trapp. (Foto: Wunderl/Beautiful Sports/Imago)

Anthony Modeste sichert dem 1. FC Köln gegen Eintracht Frankfurt mit seinem 15. Saisontor den Sieg - und ahnt schon, dass in der Stadt nun von der Champions League geträumt wird.

Von Sebastian Fischer

Zum Prozedere der Samstagabendspiele in der Bundesliga gehört es, dass Lothar Matthäus nach der Partie für den Sender Sky den Spieler des Abends ehrt. Anders als am Nachmittag führt das selten zu Verwirrungen. Nachmittags wird ja der "Didi-Man" gekürt, und oft wissen die Auserwählten dann selbst nicht so genau, dass es sich dabei um eine nach dem Sky-Experten Dietmar Hamann benannte Auszeichnung handelt. Bei Matthäus ist die Sache dagegen klar, er hält die routiniert-fränkische Laudatio selbst an Ort und Stelle. Und diesmal war die Sache besonders klar.

Der 1. FC Köln hatte im Abendspiel Eintracht Frankfurt 1:0 geschlagen, um zumindest über Nacht auf den Europapokalplatz sechs vorzurücken. Schon vor dem Spiel war es vor allem um Kölns besten Torschützen Anthony Modeste gegangen: Nach einem positiven Corona-Test, wegen dem er das vorherige 1:3 in Leipzig verpasst hatte, war er rechtzeitig ins Training zurückgekehrt, zum Anpfiff saß er aber erst mal auf der Bank. Während des Spiels ging es dann auch um Modeste, selbst als er noch nicht mitmachte. Es war eine etwas zähe Partie, in der seinem Vertreter Sebastian Andersson zum wiederholten Male nicht auffällig viel gelang. Und so raunte das immerhin 10 000 Menschen umfassende Publikum in Köln - mit einem Eilantrag für 25 000 war der FC am Freitagabend vor Gericht gescheitert -, als Modeste nach einer Stunde zur Bank sprintete, um sich sein Trikot anzuziehen.

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Er war dann gleich ziemlich agil und sofort - wie immer - der Fixpunkt der Kölner Angriffe. 23 Minuten nach seiner Einwechslung flipperte der Ball von den Füßen des Frankfurters Daichi Kamada unfreiwillig in Richtung eigenes Tor, Modeste erfasste die Situation, sprintete auf Torhüter Kevin Trapp zu, schoss ihm den Ball durch die Beine und jubelte über seinen 15. Saisontreffer. Und wenig später schien er sich durchaus zu freuen, am für Angestellte des 1. FC Köln nicht alltäglichen Ritual des Samstagabend-Interviews teilzunehmen.

Trainer Steffen Baumgart treibt Modeste zu Bestleistungen

"Am Anfang Glück, am Ende Glück", so beschrieb Modeste bei Sky gut gelaunt seinen Treffer, der aus einem Frankfurter Fehler resultierte und mit einem Beinschuss für den Torwart endete. "Es läuft in dieser Saison bei mir", sagte er über seine Form. Und über die Erwartungen in Köln sagte er durchaus präzise: "Nach zwei Siegen träumt man von der Champions League, und nach zwei Niederlagen bist du im Abstiegskampf." Zum Abschied von Matthäus und den Zuschauern sagte Modeste: "Kölle alaaf!"

Die Geschichte des Stürmers Modeste, 33, ist in dieser Saison schon oft erzählt worden: seine Wandlung vom als nicht mehr brauchbar eingestuften, nach Frankreich verliehenen Altstar zum unverzichtbaren Serientorschützen. Viel beschrieben wurde außerdem, was das mit dem im Vorsommer gekommenen FC-Trainer Steffen Baumgart zu tun hat, der seine Spieler im Allgemeinen und den französischen Angreifer im Speziellen auf besondere Art und Weise zu Bestleistungen antreibt. Aber langsam wird diese Geschichte fast ein bisschen zu gut.

Verstehen einander: Stürmer Anthony Modeste und Trainer Steffen Baumgart. (Foto: Michael Taeger/Jan Huebner/Imago)

Unter der Woche war es noch um Bodenständigeres gegangen: Darum, was die Kölner eigentlich abseits von Modeste, dessen Vertrag bis 2023 läuft, im Offensivspiel zu bieten haben und in Zukunft zu bieten haben werden. Baumgart musste Modeste-Ersatz Andersson, 30, gegen wiederholte Kritik an dessen enttäuschenden Leistungen verteidigen und außerdem zum Gerücht Stellung nehmen, er habe mit Nils Petersen vom SC Freiburg über einen Transfer gesprochen. Der frühere Nationalspieler wäre im Sommer ablösefrei, ist allerdings auch schon 33. Er sei bloß mit Petersens Vater befreundet, sagte dazu Baumgart.

Die Debatten um Andersson erinnerten noch mal daran, dass der FC erst im letzten Moment der vergangenen Saison den Abstieg verhindert hatte, da erzielte der Schwede im Rückspiel der Relegation in Kiel zwei seiner insgesamt erst sieben Tore für den Verein. Für die Einordnung der momentanen Kölner Formstärke ist das nicht ganz unwichtig. Andererseits ist ja nun erst mal Modeste wieder da. Beim Spiel in Fürth am Karnevalssamstag steht er wohl auch wieder in der Startelf: "Wenn alles normal läuft, ist er nächste Woche wieder von Anfang an dabei", sagte Baumgart, der sich bemühte, den Sieg als wichtig für den Abstand nach unten einzuordnen und auf schwere Gegner im März hinzuweisen.

Im Kölner Tor, auch dazu äußerte sich der Trainer klar, wird nächste Woche wohl wieder Marvin Schwäbe stehen, sofern er dann seine Corona-Infektion überstanden hat. Gegen Frankfurt vertrat ihn Timo Horn, dem der Zu-Null-Sieg guttat, nachdem er seinen langjährigen Status als Nummer eins verloren hat. Nach dem Spiel wägte Horn seine Worte mit Bedacht und ließ dabei seine Zukunft offen: "Ich bin keiner, der heute das Wappen küsst und morgen woanders spielt, das ist klar. Aber ich habe nie ausgeschlossen, mal für einen anderen Verein zu spielen. Ich habe immer den Anspruch zu spielen. Was sich dann ergibt, wird man sehen."

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