Frauenfußball:Oben im Regal

Lesezeit: 3 min

Wolfsburger Triple-Traum beendet: 2020 schoss Saki Kumagai (in blau) beim 3:1 von Olympique Lyon im Champions-League-Finale gegen den VfL das 2:0. (Foto: Daniela Porcelli/Sports Press Photo/Imago)

Bayern München verpflichtet die frühere Weltmeisterin und fünfmalige Champions-League-Siegerin Saki Kumagai von Olympique Lyon. Ihr Wechsel unterstreicht den Stellenwert, den der FCB inzwischen auch bei internationalen Top-Spielerinnen genießt.

Von Anna Dreher, München

Zwei Tage nach der Niederlage veröffentlichte Saki Kumagai ihre Abschiedsworte. Vielleicht hätte sie einen anderen Zeitpunkt gewählt, wenn sie nicht gerade im Champions-League-Viertelfinale gegen Paris Saint-Germain ausgeschieden gewesen wäre. Ihre grundsätzliche Entscheidung aber dürfte nicht davon beeinflusst worden sein. Seit 2013 hat die Japanerin für Olympique Lyon gespielt. Sich nach so einer langen, prägenden Zeit nach einem neuen Partner umzuschauen, entscheidet man ja nicht einfach so, zumindest nicht, wenn sich beide immer noch gerne mögen. Kumagai betonte also bei ihrer Nachricht auf ihrem Social-Media-Profil Mitte April: "Nach acht SCHÖNEN Jahren bei OL habe ich mich dazu entschieden, den Klub zum Ende der Saison zu verlassen." Das sei ihr nicht leichtgefallen, schrieb sie auf Französisch, "aber ich freue mich sehr auf neue Herausforderungen".

Kumagai wurde 2011 in Deutschland Weltmeisterin und stand 2015 im WM-Finale. Mit Olympique gewann sie sieben Mal die Meisterschaft, sechs Mal den Pokal und fünf Mal in Serie die Champions League. Zuletzt 2020, als sie beim 3:1 im Finale gegen den VfL Wolfsburg gefühlt überall präsent war und den Ball aus 18 Metern präzise zum 2:0 einschoss. Also begann nun das große Rätselraten, wohin so eine versierte Fußballerin wohl als nächstes gehen würde. Zurück in ihre Heimat? In die USA, wo von Lyon unter anderem die deutsche Nationalspielerin Dzsenifer Marozsan leihweise für das US-Franchise OL Reign auflaufen wird? In die hochgelobte englische Women's Super League? Nach Spanien? Oder gar in die Bundesliga, wo Kumagai von 2011 bis 2013 bereits beim 1. FFC Frankfurt unter Vertrag stand und es hier ins Pokal- und Champions-League-Finale schaffte? Sie hat es sich vermutlich wirklich aussuchen können.

Dem FC Bayern ist mit dem Transfer von Saki Kumagai ein Coup gelungen

Es dauerte drei Wochen, bis die Frage geklärt war. Die Beantwortung sagt nicht nur etwas über die Spielerin, sondern auch viel über ihren künftigen Verein aus: Kumagai kehrt tatsächlich in die Bundesliga zurück, wie am Mittwoch bekannt wurde. Sie wechselt zum FC Bayern München. "Als wir letztes Jahr im Champions-League-Viertelfinale gegen Bayern gespielt haben, habe ich gemerkt, mit was für einer Geschlossenheit Bayern spielt und dass es ein sehr gutes Team ist", sagte die Kapitänin des japanischen Nationalteams, die bei den Olympischen Spielen in Tokio unbedingt Gold gewinnen möchte. "Das hat mein Interesse an dem Klub geweckt."

Den Münchnerinnen ist mit dieser Personalie ein Coup gelungen. Kumagai, die 2020 auf der Shortlist zur Wahl der weltbesten Fußballerinnen gestanden hatte, kommt von jener Adresse, die bis zu dieser Saison als Übermacht galt und in Sachen Professionalisierung lange Maßstäbe im Frauenfußball setzte. Ihr Wechsel von Lyon unterstreicht den Stellenwert, den der FC Bayern inzwischen auch bei internationalen Top-Spielerinnen genießt: Als großer, traditionsreicher Verein, der stetig mehr investiert in einen funktionierenden Kader, der das Potenzial hat, Titel zu gewinnen. Gleichermaßen zeigen sich in der Verpflichtung der 30-Jährigen ebendiese hohen Ambitionen: Der Klub greift damit in die obere Abteilung des Transferregals.

Im Sommer 2020 Gegnerinnen, ab Sommer 2021 Teamkolleginnen: Saki Kumagai (li.) und Lea Schüller. (Foto: Alex Caparros /Panoramic/Imago)

Nicht unmittelbar finanziell - Kumagais Vertrag endet am 30. Juni 2021, eine Ablösesumme, die wohl im unteren sechsstelligen Bereich gelegen hätte, wurde also nicht notwendig. Aber was ihre Prominenz und ihr Profil angeht. Kumagai ist eine der bekanntesten Fußballerinnen, sie leistete bei Olympique essenzielle Arbeit im Mittelfeld und das äußerst zuverlässig. Vor allem bringt sie viel Erfahrung mit.

Im hochveranlagten Kollektiv von Lyon war sie als Stammspielerin gesetzt, meist im defensiven Mittelfeld, manchmal in der Innenverteidigung. Ihr Vertrag beim FC Bayern läuft bis zum 30. Juni 2023. "Wir sind sehr glücklich, Saki von unserem Projekt überzeugt zu haben", sagte Bianca Rech, Sportliche Leiterin der Bayern-Frauen. "Sie bringt eine unglaubliche internationale Erfahrung mit und wird in unserem Team bei der weiteren Entwicklung eine wichtige Rolle spielen."

Dieses Jahr sah es bis Anfang April nach einer Serie von 26 Siegen so aus, als wäre womöglich schon das Triple für die Münchnerinnen drin. Nun kann mit der Meisterschaft noch immer das angestrebte Ziel von einer Trophäe erreicht werden. In der Champions League war im Halbfinale gegen den FC Chelsea Schluss, 2019 an gleicher Stelle gegen den FC Barcelona. Diese beiden Klubs treffen nun im Finale am Sonntag (21 Uhr) aufeinander. Hier eines Tages mit dem FC Bayern den Titel zu gewinnen, ist das erklärte Ziel von Saki Kumagai. Sie weiß, wie das geht - und die Münchnerinnen möchten es endlich auch wissen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: