FC-Bayern-Frauen in der Champions League:Zusammen gewachsen

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Schwer zu stoppen: Die Fußballerinnen des FC Bayern (rechts Carolin Simon) haben ihr Selbstbewusstsein der vergangenen Saison mit in die neue Runde genommen. (Foto: Eduard Martin /Jan Huebner/imago)

Die Fußballerinnen des FC Bayern sind vor dem Champions-League-Duell mit Lyon längst keine Außenseiterinnen mehr - auch wenn Olympique gerade seine Rekordschützin zurückbekommen hat.

Von Anna Dreher

Die Spielerinnen des FC Bayern hatten in ihrer Geschichte relativ wenige Begegnungen mit Olympique Lyon, dieser Übermacht im europäischen Frauenfußball. Das erste Aufeinandertreffen war dafür gleich ein großes: August 2020, Champions League unter ungewöhnlichen Bedingungen, gespielt wurde wegen der Pandemie ein Finalturnier. Im Viertelfinale wartete der Titelverteidiger auf den FC Bayern. Die Münchnerinnen waren gut vorbereitet, was Eindruck machte. Sie kämpften, spielten offensiv und mutig, Lyon wurde tatsächlich nervös. Aber es reichte nicht - weder für den FC Bayern, noch im Finale für den VfL Wolfsburg. Olympique setzte sich zum siebten Mal die Krone auf.

Nun kommt es am Mittwoch (21 Uhr, Dazn) am dritten Gruppenspieltag zum Wiedersehen, und die Chancen stehen nicht schlecht, dass es diesmal anders laufen könnte.

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Die Erfolgsserie der Dauersieger ist dann doch irgendwann gerissen. Die Champions League gewann 2021 der FC Barcelona und die französische Meisterschaft nach einem vierzehnjährigen Lyon-Abo Paris Saint-Germain. Auf die Saison ohne große Titel folgte ein Schnitt. Trainer Jean-Luc Vasseur musste gehen, die frühere OL-Fußballerin Sonia Bompastor hat einen Kader übernommen, der derzeit ohne Stammtorhüterin Sarah Bouhaddi, die deutsche Nationalspielerin und Regisseurin Dzsenifer Marozsán sowie Torjägerin Eugénie Le Sommer auskommen muss. Sie sind alle an den US-Klub OL Reign verliehen, eine Art Schwesterklub von Lyon. Wichtige Spielerinnen haben den Verein zudem verlassen, etwa Nikita Parris (Arsenal). Aber es ist vor allem ein anderer FC Bayern, der nun auf dem Platz steht.

Die Münchnerinnen haben sich einen starken Zusammenhalt aufgebaut

Damals hatte Jens Scheuer gerade sein erstes Jahr als Trainer in München absolviert, das im Zeichen des Umbruchs stand. Die Zugänge für das zweite Jahr unter Scheuers Leitung, wie Lea Schüller und Marina Hegering, erlebten dann mit dem Viertelfinale gegen Lyon im Sommer 2020 ihre erste Prüfung im neuen Trikot. Die Mannschaft musste sich erstmal finden - und stach in der danach beginnenden Runde umso mehr mit Teamgeist und dominantem Fußball heraus: Meisterschaft gewonnen, Halbfinale im Pokal und in der Königsklasse erreicht. Und in dieser Saison dürfte der Klub davon profitieren, dass sich an der starken Kernbesetzung kaum etwas geändert hat. Was aktuell darin resultiert, dass die Münchnerinnen die Liga mit den mit Abstand meisten Toren (28), den wenigsten Gegentoren (5) und zwei Punkten Vorsprung auf den VfL Wolfsburg anführen.

"Wir haben seit damals nochmals einen riesen Entwicklungsprozess durchgemacht. Nicht nur fußballerisch, sondern als komplettes Team", sagte Abwehrspielerin Carolin Simon am Dienstag. "Gerade, was unser Selbstbewusstsein angeht, das ist extrem gewachsen. Wir haben gemerkt, was man mit viel Teamspirit bewirken kann, was der für Auswirkungen auf den Erfolg hat. Wir haben versucht, das weiter zu intensivieren und auszubauen."

Für Scheuer war vor allem die Integration der Zugänge eindrücklich, die Mannschaft habe gelernt, dass Geschlossenheit an oberster Stelle stehen müsse. "Aber wir haben noch großes Entwicklungspotenzial. Wir sollten noch lernen, besser mit Drucksituationen umzugehen", sagte Scheuer. "Wir müssen noch resistenter werden, noch mehr an unsere Stärken glauben und uns von äußeren Faktoren weniger beeindrucken lassen."

Zurück in der Königsklasse: Ada Hegerberg wird überwältigt von Emotionen, nachdem sie Anfang Oktober gegen Häcken nach 625 Tagen Verletzungspause wieder für Lyon auf dem Platz steht. (Foto: Michael Erichsen/Bildbyran/imago)

Ob sein Team von Lyon beeindruckt sein wird, dürfte auch von einer Person abhängen: Ada Hegerberg ist zurück. Die 26 Jahre alte Norwegerin wurde 2018 als erste Fußballerin mit dem Ballon d'Or ausgezeichnet und ist mit 53 Toren Rekordtorschützin der Champions League. 2015/2016 traf sie wettbewerbsübergreifend 54 Mal. Ausgerechnet sie fehlte Lyon mehr als 20 Monate, nachdem sie sich im Januar 2020 das Kreuzband im Training gerissen hatte. Im Oktober 2021 gab sie in der Champions League bei BK Häcken von der 78. Minute an ihr Comeback nach 625 Tagen. "Ich freue mich, dass so eine Spielerin als bekanntes Gesicht für den Frauenfußball zurückkommt", sagte Scheuer. "Ich hoffe, dass sie morgen spielt. In so einer Partie möchte man ja gegen die Besten spielen."

Der 43-Jährige zählt Lyon nach der Durststrecke neben Barcelona und Paris diese Saison wieder zu den Titelfavoriten, "aber wir sollten uns auch nicht kleiner machen, als wir sind". Wenn am Ende die Münchnerinnen seit der vergangenen Begegnung größer geworden sind als Lyon, könnten sie die Führung der Gruppe D übernehmen. Was einen enormen Schub geben würde, auch mit Blick auf das am Samstag bevorstehende Bundesliga-Topspiel gegen den VfL Wolfsburg - bevor dann kommenden Mittwoch das Rückspiel gegen Lyon stattfindet.

Um die Rückkehr von Hegerberg jedenfalls macht sich Jens Scheuer keine Sorgen. Er wisse, sagte er am Dienstag vor dem Abflug, dass seine Innenverteidigerinnen die Qualitäten von Hegerberg parieren können. Das Selbstbewusstsein der Bayern ist erkennbar da. Jetzt muss es nur noch reichen.

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