Max Verstappen
Zweiter Ausfall im dritten Rennen. Wer Max Verstappen in seinem leidenschaftlichen Fight mit Lewis Hamilton im letzten Jahr erlebt hat, der ahnt, was das mit dem Niederländer machen muss. Er hatte nicht mal den Hauch einer Chance gegen den Ferrari von Charles Leclerc, als in seinem Red-Bull-Rennwagen alles normal lief. Wobei: Schon vor dem Start wurde an der Hydraulik rumgeschraubt. Dass nach der 39. Runde dann Benzin in den Motor lief und sich entzündete, könnte noch dramatische Folgen haben. Ein Rückstand von 46 WM-Punkten auf Leclerc, das entspricht zwei Siegen und ist nicht so leicht aufzuholen, obwohl die Saison noch lang ist.
Eher 45 Rennen würde er dafür brauchen, bemerkte der Weltmeister später sarkastisch. Da war die erste Wut schon verraucht, in der er sich weigerte, die sich häufenden technischen Unzulänglichkeiten zu akzeptieren: "Das ist doch nicht zu glauben! Wenn man um den Titel kämpfen will, darf man sich das nicht leisten." Bei Red Bull müssen nicht nur die Rennwagen schnellstens wieder in die Balance gebracht werden.
Charles Leclerc
Vier Grand-Prix-Siege hat der Monegasse im Ferrari jetzt - man muss sagen: erst vier Siege. Woran sich ablesen lässt, wie die letzten beiden Jahre in Maranello für Leclerc gelaufen sind. Durchhalten, durchkommen. Daraus ist jetzt ein Durchstarten geworden. Zwei Siege in drei Rennen, der jüngste gelang sogar völlig unangetastet. "Ich hatte zwar ein gutes Wochenende, aber ohne dieses Auto wäre es nicht gegangen", sagte der WM-Spitzenreiter bescheiden, nachdem er auch die Pole-Position und die schnellste Rennrunde souverän eingefahren hatte.
Was diesen Sieg so besonders macht, kann er einfach erklären: "Das war der erste Sieg, bei dem wir den Abstand kontrollieren konnten." Eine neue Souveränität von Ferrari. Angesichts dieser Ausgangslage lässt nicht mal die obligatorische und vielleicht zu frühe Frage nach seinen WM-Chancen das jungenhafte Lächeln schwinden: "Es ist erst das dritte Rennen, da ist es schwierig, jetzt schon über den Titel zu reden. Aber wenn es so weitergeht, haben wir Chancen." Es ist die Demut, die er auf die harte Tour lernen musste.
Sebastian Vettel
Schreibt sich so schnell und so leicht: Horror-Wochenende. Klingt allerdings nicht annähernd so schlimm wie die Erfahrungen, die Vettel bei seinem ersten Rennen der Saison nach überstandener Covid-Infektion machen musste. Dass er dem neuen Dienstwagen entgegen seinem Brauch noch keinen Namen gegeben hat, ließ schon Böses ahnen. Dann ein Motorschaden gleich am ersten Trainingstag, dazu eine Strafe, weil er - da noch fröhlich - mit dem Moped eines Streckenposten über die Piste zurück in die Box gefahren war. Gefolgt von einem Crash am Samstag, weshalb ihm nach langer Reparatur nur eine Qualifikationsrunde und Startplatz 17 blieben.
Zur Rennmitte schließlich setzte er das grüne Auto nach einem Fahrfehler in die Leitplanken, ihm fehlt es noch reichlich an Erfahrung mit dem Aston Martin. Der Heppenheimer blieb dabei unverletzt, musste sich aber im Streckenhospital durchchecken lassen. Aber die Laune ist erst mal hin. Nicht ganz leicht, aus dem Fehlstart Motivation zu ziehen. Ging dann aber doch, so halbwegs: "Schlimmer kann es ja nicht mehr kommen."
Australien
Drei Jahre lang haben die Melbournians auf den Moment gewartet, dass im Albert Park die Motoren wieder heulen. Tatsächlich sind die Menschen in der Stadt mit dem größten Straßenbahnnetz der Welt echte petrol heads. Sie machten aus dem wunderbaren Herbst-Wochenende einfach eine nachgeholte Gartenparty. 420 000 Zuschauer fanden an vier Tagen den Weg in den Albert Park, das ist die größte Kulisse in der australischen Sportgeschichte. Mit einer Leidenschaft wie sonst nur in Monza stürmten die Fans dann nach der Zielflagge die Piste, Zehntausende standen Spalier, um Leclerc zu feiern und ein bisschen auch sich selbst. Der Frauenanteil reicht mittlerweile an die 40 Prozent heran, die Veranstalter bedanken sich herzlich beim Netflix-Epos "Drive to survive".
Die einheimischen Fans durften sich zudem über die beste Saisonleistung von Daniel Ricciardo freuen. Der Australier mit dem - sympathischen - Dauergrinsen startete mit dem zuletzt schwachen McLaren schon auf dem ordentlichen siebten Rang und machte daraus einen sechsten Platz im Rennen: "Es sind die ersten Punkte für mich in diesem Jahr, deshalb verlasse ich meine Heimat mit einem guten Gefühl."
Alex Albon
Was für eine Blamage: ohne Sprit im Tank im Qualifying ausrollen. Was für eine Strafe: Disqualifikation. Der Brite mit der thailändischen Lizenz, der beim Williams-Rennstall eine zweite Karrierechance bekommen hat, musste von ganz hinten starten. Die Taktiker des vom Deutschen Jost Capito geführten Traditionsteams konterten den Rückschlag mit einer äußerst gewagten Strategie: Sie ließen den 26-Jährigen bis zwei Runden vor Schluss mit der harten Mischung fahren und holten ihn erst dann zum Pflicht-Boxenstopp rein. Damit schien eigentlich klar zu sein, dass Albon aus der Top Ten rutschen würde, in der er sich so lange befunden hatte.
Doch als alle abgewunken waren, fand sich der Außenseiter auf dem zehnten Rang wieder, was mehr als einen Ehrenpunkt für ihn bedeutet. "Als ich morgens an die Strecke kam, waren wir alle sehr niedergeschlagen. Dann haben wir voll auf Risiko gesetzt, und irgendwann im Rennen lief es immer besser und besser. Ich kam mir vor, als würde ich eine Qualifikationsrunde nach der anderen drehen." Capo Capito tanzte durch die Boxengasse: "Dieser Punkt ist enorm wichtig für den Mannschaftsgeist."
George Russell
Dritter im Rennen, Zweiter in der Gesamtwertung. Moment mal, sprechen wir vom Mercedes-Neueinsteiger Russell oder von Lewis Hamilton? Wieso überhaupt Mercedes so weit vorn, das Champions-Team hat das Titelabonnement doch in diesem Jahr gegen den Krisenmodus tauschen müssen. Mit einem Silberpfeil, der hüpft und launisch mit den Reifen umgeht, seine Donnerkraft in der Qualifikation verloren hat. Doch im Rennen sind sie da, beständiger als Red Bull Racing, weshalb der Rennstall in der Konstrukteurswertung ebenfalls auf Rang zwei liegt. Spannend zu beobachten wird sein, ob Rekordweltmeister Hamilton auf dem Niveau von Russell fahren kann, der mit dem zickigen Dienstwagen sehr entspannt umgeht. So kam er zu seinem ersten Podiumsplatz für Mercedes.
In Melbourne wäre Hamilton wohl auf dem dritten Rang gelandet, hätte nicht eine Safety-Car-Phase aus seinem Boxenstopp-Vorteil einen Nachteil gemacht. Das ärgerte ihn natürlich, aber gegen seinen Landsmann wollte er es nicht auslegen: "Ganz ehrlich: Das ist ein großartiges Ergebnis", sagte Hamilton. Auch Teamchef Toto Wolff hat mit den Rängen drei und vier nicht gerechnet. Man verlasse Melbourne in besserer Verfassung als bei der Ankunft: "Wir haben mehr Lektionen gelernt und mehr Punkte im Gepäck."
Mick Schumacher
Mick mit Krokodilen. Mick beim Surfen. Mick mit Hamilton. In Melbourne lieben sie Michael Schumacher, den Rekordsieger im Albert Park - und sie freuen sich, jetzt erstmals den Sohn in der Formel 1 erleben zu können. Nachdem es für den Teamkollegen Kevin Magnussen in den ersten beiden Rennen so gut gelaufen war, träumte auch der deutsche Ferrari-Nachwuchspilot von den ersten WM-Punkten. Vom 15. Startplatz aus waren die durchaus drin. Aber im Mittelfeld ist es nach den Regeländerungen verdammt eng geworden, die Positionskämpfe mindestens so hart wie ganz vorn. Jeder Fehler wird bestraft. Weshalb der 13. Platz am Ende sehr ordentlich ist, zumal Schumi junior damit sowohl in der Qualifikation wie im Rennen erstmals vor dem Dänen Magnussen bleiben konnte. Ein paar haarige Situationen mit Carlos Sainz und Yuki Tsunoda machten den dritten WM-Lauf für ihn zu einem "sehr ereignisreichen" Rennen mit dem durchaus positiven Fazit: "Wir waren nicht so weit weg."