Formel 1:Manöver mit politischer Botschaft

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Im zweiten Jahr sollte alles besser werden: Mick Schumacher (links) und Nikita Masepin haben 2021 im gleichen Team ihre erste Formel-1-Saison absolviert - nicht ohne aneinander zu geraten. (Foto: Jerry Andre/Laci Perenyi/imago)

Das US-Team Haas trennt sich von seinem russischen Hauptsponsor sowie Fahrer Nikita Masepin. Damit wird eine brisante Konstellation aufgelöst - für die Nachfolge als Teamkollege von Mick Schumacher gibt es einen Favoriten.

Von Anna Dreher

Einen Tag, nachdem der Krieg in der Ukraine ausgebrochen war, meldete sich Nikita Masepin. Es sei eine schwierige Zeit, schrieb er bei sozialen Netzwerken. Vieles von dem, was getan und gesagt werde, liege außerhalb seiner Kontrolle. Er konzentriere sich auf das, was er beeinflussen könne, indem er hart arbeite und für das Haas Formel-1-Team sein Bestes gebe. Da schwang noch etwas Hoffnung mit, einfach weitermachen zu können - trotz der Konsequenzen, die der Angriffskrieg Wladimir Putins auch auf den Motorsport hat. Aber es zeichnete sich früh ab, dass das schwer werden würde für Masepin. Nun steht fest: Die Formel-1-Karriere des Russen ist nach einer Saison beendet, zumindest vorerst. Mick Schumacher wird einen neuen Teamkollegen bekommen.

Und so veränderte sich eine Woche nach seiner ersten Wortmeldung der Tonfall Masepins. Er könne die Schwierigkeiten verstehen, aber "ich bin sehr enttäuscht, zu hören, dass mein Formel-1-Vertrag beendet worden ist", schrieb der 23-Jährige am Samstag. "Die Entscheidung der Fia und meine anhaltende Bereitschaft, die vorgeschlagenen Bedingungen zu akzeptieren um weiterzumachen, wurden komplett ignoriert." Die Rede war von einem "einseitigen Schritt". Haas hatte zuvor am Morgen bekannt gegeben, dass sich das Team mit sofortiger Wirkung von seinem russischen Hauptsponsor Uralkali und Masepin trennen werde.

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Drei Formel-1-Cockpits sind 2021 besetzt durch Söhne von Milliardären. Trotz eines Sexismus-Eklat saust wohl sogar Nikita Masepin mit - denn die Rennteams sind auf die Mitgift angewiesen.

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Die Konstellation ist brisant gewesen, Haas stand besonders im Fokus in dieser politischen Frage: Der kleine Rennstall von Gene Haas aus dem US-Bundesstaat North Carolina kann die Millionen von Uralkali gut gebrauchen. Der Mehrheitsaktionär der Uralchem ​​Integrated Chemicals Company ist Dimitri Masepin - Nikitas Vater. Ihm werden gute Beziehungen zu Putin nachgesagt, der Milliardär soll nach Kriegsausbruch an einem Oligarchen-Treffen mit Russlands Präsidenten im Kreml teilgenommen haben.

Bei den Tests in Barcelona fahren die Haas-Autos am letzten Tag ohne Uralkali-Schriftzüge und ganz in Weiß

Dass die Entscheidung von Haas, ab der Saison 2021 neben Schumacher auf Masepin zu setzen, finanziellen Interessen folgte, ist offenkundig. Vor seinem Aufstieg in die Formel 1 wurde Masepin Fünfter in der Nachwuchsserie Formel 2, die Schumacher 2020 gewann. Es wären also durchaus andere Talente in Frage gekommen. Eine Verpflichtung Nikitas brachte die notwendigen Mittel, die von Mick - Sohn des siebenmaligen Weltmeisters Michael Schumacher - viel Aufmerksamkeit. Eine Kombination, die nicht länger aufrecht zu halten war.

Keine russischen Farben mehr, keine Uralkali-Werbung: das Haas-Formel-1-Auto bei Testfahrten in Barcelona, aufgenommen am 25. Februar, einen Tag ach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine. (Foto: Florent Gooden/imago)

Die in politischen Fragen oft zurückhaltende Formel 1 hatte vergangene Woche zunächst noch geäußert, man würde die Ereignisse in der Ukraine beobachten. Während in der letzten Februarwoche die russische Invasion begann, absolvierten die Teams in Barcelona Testfahrten für die neue Saison. Sebastian Vettel sagte hier bereits, er habe seine Entscheidung getroffen und werde nicht in Russland fahren: "Es tut mir sehr leid für die Unschuldigen, die ihr Leben verlieren und aus dummen Gründen und wegen einer komischen und verrückten Führung getötet werden." Schumacher meinte, was in der Ukraine passiere, sei "schrecklich in vieler Hinsicht", mit Masepin habe er nicht darüber gesprochen.

Nach der Trennung vom Düngemittel-Imperium gibt es für Haas keinen Grund, an Nikita Masepin festzuhalten

Die Rennserie sagte dann erst den für den 25. September in Sotschi geplanten Grand Prix von Russland ab, bevor vom Weltverband Fia unter dem neuen Präsidenten Mohammed Ben Sulayem am Dienstag beschlossen wurde, dass russische und belarussische Fahrer weiterhin, jedoch als neutrale Athleten unter "Fia Flagge" starten dürfen - und einen Verhaltenskodex unterschreiben müssen. Dieser beinhaltete eine klare Distanzierung vom Angriff Russlands.

Der britische Automobilverband sprach am Mittwoch ein komplettes Teilnahmeverbot für Teams, Fahrer und Offizielle aus Russland und Belarus aus. Und Haas hatte seine Autos am abschließenden Tag der Barcelona-Tests ohne Uralkali-Schriftzüge, ohne die russische Farbkombination Weiß-Blau-Rot auf die Strecke geschickt. Auch sonst war das Sponsorenlogo am 25. Februar nirgends mehr zu sehen. "Eine Message für alle", befand Teamchef Günther Steiner.

Die Trennung zog sich vor allem aus einem Grund hin: "Wir müssen alle rechtlichen Fragen, über die ich nicht sprechen kann, in der kommenden Woche klären", hatte Steiner gesagt. Und: "Nicht alles hängt von uns ab. Da sind Regierungen involviert." Das nun anstehende Jahr sei trotz des Ausfalls der Hauptsponsorengelder "finanziell gesichert". Nachdem die Entscheidung feststand, nicht weiter mit dem Düngemittel-Imperium zusammenzuarbeiten, gab es auch keinen Grund mehr, am Fahrer festzuhalten. Masepin wirkte in seinem ersten Jahr in der Königsklasse überfordert und frustriert, noch vor seinem ersten Start empörte er mit einem sexistischen Video. Er fiel mit teils rüden Manövern und einer unberechenbaren Fahrweise auf. So gut wie immer fuhr er langsamer als Schumacher.

Dringend zu beantworten ist nun die Frage, wer auf Nikita Masepin folgt. Pietro Fittipaldi, Enkel des zweimaligen Weltmeisters Emerson Fittipaldi sowie seit 2019 Test- und Ersatzfahrer bei Haas, gilt als aussichtsreichster Kandidat. Der 25 Jahre alte US-Brasilianer fuhr bereits in der Formel 1, als er im Dezember 2020 in Sachir und Abu Dhabi Romain Grosjean ersetzte, der zuvor schwer verunfallt war. Von 10. bis 12. März finden die abschließenden Testfahrten in Bahrain statt, bevor hier am 20. März die neue Saison beginnt. Viel Zeit zur Eingewöhnung bleibt dem Neuen also nicht.

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