Krise beim FC Augsburg:Unruhe auf Lummerland

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Gibt sich äußerlich gelassen - und entschlossen: Trainer Enrico Maaßen wechselte im vergangenen Jahr aus der dritten Liga zu seiner ersten Bundesligastation in Augsburg. (Foto: Klaus Rainer Krieger/Imago)

Vor dem Spiel gegen Mainz wird über die Zukunft von Augsburgs Trainer Maaßen debattiert - in den Medien und auch im Klub selbst.

Von Maik Rosner

Beim FC Augsburg fühlen sie sich traditionell der Puppenkiste verbunden, die bundesweit lange Zeit berühmter war als der größte Fußballverein der Stadt. Inzwischen hat sich das geändert, weil der FCA schon seit 2011 ununterbrochen in der Bundesliga spielt und in der Saison 2015/16 durch die Teilnahme an der Europa League sogar auf dem Kontinent bis hin zu Liverpools Anfield Road Bekanntheit erlangte. In jener Zeit stand der FC Augsburg in dem schon damals nicht ganz stimmigen Ruf, ein Idyll zu sein. Der kleine Klub galt als Biotop der Bundesliga, und im Erfolg erschallte bei den Heimspielen oft die niedliche Torhymne "Eine Insel mit zwei Bergen" aus "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer".

Diese Melodie konnte die Stadionregie in den beiden Heimspielen der laufenden Saison gegen Mönchengladbach (4:4) und Bochum (2:2) zwar schon sechsmal auflegen. Doch Siege besingen sie beim FCA bereits seit geraumer Zeit kaum noch. Von den vergangenen 16 Pflichtspielen wurde nur eines gewonnen, und das 1:0 gegen Union Berlin liegt schon viereinhalb Monate zurück. Deutlich präsenter ist, dass die Versetzung ins 13. Bundesligajahr am letzten Spieltag der vergangenen Saison nur dank der Hilfe der Konkurrenz erreicht wurde. Die aktuelle Saison begann mit dem Aus im DFB-Pokal, 0:2 verlor man - bei Drittligist Unterhaching.

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Dabei sollte mit Anbruch dieser Saison alles besser werden. Geschäftsführer Michael Ströll hatte als mittelfristiges Ziel ausgegeben, sich im Kreis der besten zehn Vertreter der Bundesliga zu etablieren. Das beißt sich mit dem Status quo. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass sich vor dem Heimspiel am Samstag gegen den Tabellenletzten 1. FSV Mainz 05 Unruhe auf Lummerland ausgebreitet hat. Auf Trainer Enrico Maaßen, 39, richtet sich der Fokus besonders.

Die lokalen Medien stellen Maaßens Zukunft offen in Frage

Im Sommer 2022 war er von Dortmunds U23 aus der dritten Liga zu seiner ersten Bundesligastation gekommen. Nach 41 Pflichtspielen mit ihm stehen zehn Siegen 22 Niederlagen gegenüber, hinzu kommen neun Remis. Das ist der schlechteste Ertrag aller FCA-Trainer zu Erstligazeiten. In den lokalen Medien fallen scharfe Urteile wie "katastrophal" und "Horror-Bilanz". Maaßens Zukunft wird dort offen in Frage gestellt.

Der Trainer gab sich am Donnerstag zumindest äußerlich gelassen. "Wenn du diesen Job machst, brauchst du eine gewisse Souveränität und musst das aushalten", sagte er zur angespannten Lage. Diesen Eindruck hinterlässt Maaßen auch intern, wie aus dem Verein zu hören ist. Doch natürlich weiß er, dass die Geduld seiner Vorgesetzten endlich sein wird, wenngleich der neue Sportdirektor Marinko Jurendic kein Interesse daran haben dürfte, überregionale Bekanntheit damit zu erlangen, keine acht Wochen nach seinem Amtsantritt den Trainer zu beurlauben. Maaßen versucht die Debatten um ihn herum auszublenden und sich auf das zu konzentrieren, "was ich beeinflussen kann", wie er sagte. Seine Hoffnung vor dem Vergleich mit den noch mehr kriselnden Mainzern: "Wenn wir drei Punkte holen, dann sind wir wieder ordentlich unterwegs."

Und wenn nicht?

Es ist nach allem, was aus Augsburg zu vernehmen ist, keineswegs ausgemacht, dass sie beim FCA im Falle eines weiteren sieglosen Spiels sofort zur Tat schreiten und Maaßen von seinen Aufgaben entbinden. Manche Überlegungen sollen zwar in diese Richtung tendieren, vor allem dann, wenn es sehr schlecht laufen sollte gegen Mainz. Zugleich gibt es intern auch jene Stimmen, die auf den großen Kaderumbruch samt deutlicher Verjüngung der Belegschaft verweisen.

Beim FCA wissen sie, dass Rückschläge einkalkuliert werden mussten. Hinzu kommt, dass die Augsburger ihre Niederlagen in der Liga bisher bei den Schwergewichten FC Bayern (1:3) und Leipzig (0:3) erlitten. Nach Mainz sieht die Agenda Spiele in Freiburg und gegen Aufsteiger Darmstadt vor, ehe es nach der folgenden Länderspielpause zum anderen Aufsteiger Heidenheim geht. Auch das ist Teil der Abwägungen: Die zweiwöchige Unterbrechung der Bundesliga im Oktober böte die Möglichkeit zu tief greifenden Maßnahmen, sofern nötig. Maaßen will es nicht so weit kommen lassen.

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