FC Bayern verliert gegen Arsenal:Mit einem Veilchen ins Viertelfinale

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Rudelbildung: Die Akteure des FC Bayern und des FC Arsenal rangeln nach dem 0:2 um den Ball. (Foto: AFP)

3:1 im Hinspiel - was sollte da passieren? Es passiert: Der FC Bayern verliert das Rückspiel gegen den FC Arsenal nach einer enttäuschenden Leistung 0:2 und muss am Ende sogar das Ende einer bisher perfekten Saison befürchten.

Von Andreas Burkert

Manuel Neuer griff zum Äußersten: Er leistete sich ein peinliches Zeitspiel. Schon wieder war der Ball l in seinem Tor gelandet, das 2:0 für den FC Arsenal, dem kurz vor Schluss also nur noch ein Tor fehlte zum Coup beim FC Bayern. Entsetzen herrschte jetzt in der Münchner Arena und die Sorge vor einer Blamage, vor dem abrupten Ende einer bis hierhin perfekten Saison des Bundesliga-Tabellenführers.

Auch Neuer, den Bayern-Keeper, erfasste dieses Entsetzen, er warf sich inmitten des englischen Jubels um Torschütze Koscielny auf den Ball und hielt ihn fest. Als der Referee dann ein paar Minuten später abpfiff und das 0:2 (0:1) der Bayern sowie ihr erzitterter Einzug ins Viertelfinale der Champions League fest stand, freuten sich die Münchner tatsächlich über eine Heimpleite. Arjen Robben riss sogar die Arme hoch.

Die Bayern waren erleichtert und zugleich verärgert. "Es war ein schweres Spiel heute, wir können von Glück sagen, dass wir in London ausreichend Tore erzielt haben", sagte Vorstand Karl-Heinz Rummenigge: "Das muss ein Warnschuss sein für die Champions League." Auch Jupp Heynckes reagierte nachdenklich, er sagte: "Wir haben das Spiel nicht wie gewohnt kontrolliert, nicht die Ruhe gehabt. Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen."

Richtig bedient war Präsident Uli Hoeneß, der das Finale als "nervenaufreibend" beschrieb. "Die Mannschaft muss jetzt den Hebel umlegen", mahnte er verärgert. "Wir haben schon seit einigen Wochen nicht mehr gut gespielt. Wenn wir so spielen wie heute, werden wir in der Champions League nichts gewinnen."

Was sollte schon passieren in diesem Spiel? Das war ja die allgemeine Haltung angesichts des 3:1-Vorsprungs aus dem Hinspiel, als Arsenal daheim gedemütigt wurde. Drei Tore benötigte der formschwache Tabellenfünfte der Premier League gegen Heynckes' Rekordbayern - unmöglich, eher wird Borussia Dortmund in der Liga noch gefährlich aufkommen oder ein 76- jähriger Argentinier Papst, oder?

Es hatten wohl nicht alle der Predigt des 67-jährigen Fußballlehrers Heynckes gelauscht, der gemahnt hatte, der Wettbewerb heiße nicht umsonst Champions League - "und es ist Arsenal". Denn nach drei Minuten führte dieses Arsenal bereits.

Durch die Mitte rollte die erste Angriffswelle der Gäste. Martínez stellte sich ihr erfolglos in den Weg, der Ball kam über den einstigen Dortmunder Rosicky nach rechts außen, zum flinken Außenstürmer Walcott, den Alaba nicht stellen konnte, weil er ausrutschte wie auf einer Bananenschale und auf dem Hintern sitzend zusehen musste, wie der Querpass den Franzosen Giroud erreichte und nicht den weiterhin unauffindbaren Innenverteidiger van Buyten - 0:1, plötzlich war es mucksmäuschen still in der Arena, abgesehen von den ziemlich fröhlichen Gästefans.

Einzelkritik FC Bayern
:Weißer Rauch und roter Wein

Mario Mandzukic agiert wie die Kardinäle im Vatikan, Manuel Neuer schafft kein Fallrückzieher-Tor, David Alaba wartet 90 Minuten lang auf weißen Rauch über der Arena. Javi Martínez hätte ein Schlückchen Rotwein durchaus geholfen. Die Spieler des FC Bayern beim 0:2 gegen Arsenal in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Saskia Aleythe

Das Seltsame war, dass Arsenal nicht gleich nachsetzte nach diesem furiosen Entrée, dass es nicht aufrückte und die Münchner noch mehr in Verlegenheit brachte. Dabei offenbarten die Bayern früh, trotz des vielen Ballbesitzes und erster Schusschancen für Kroos, dass die Kugel nicht so flüssig wie gewohnt durch ihre Reihen lief. Der gelb-gesperrte Schweinsteiger, zuletzt ein umsichtiger Halt-Geber, schien den Bayern in der Zentrale abzugehen; Ersatzmann Luiz Gustavo ist zwar ähnlich zweikampfstark, aber eben kein Spieleröffner - und Ribéry (Bänderdehnung) zudem einer der wenigen, der auf diesem Niveau nicht zu ersetzen ist.

Eine einzige Kombination glückte den Bayern im ersten Abschnitt. Robben war mal wieder auf rechts gewechselt, er bezog Lahm ein, der Kroos am Strafraum bediente (25.). Doch dessen Schuss war kein Problem für Arsenal-Keeper Fabianski. Den Münchnern gelang ansonsten selten der zielstrebige Übergang in die Offensive. Sie gewannen viele Zweikämpfe, doch ihr Spiel wirkte selten beweglich. Arsenal machte nichts daraus, nur einmal kam der Ball gefährlich vor Neuers Tor, wieder über die Abwehrseite von Alaba. Und wieder setzte Walcott einen gefährlich Querpass ab, doch diesmal verpasste ihn der französische Nationalstürmer Giroud (31.).

Nach der Pause orientierten sich die Bayern neu. Sie drängten Arsenal energischer in die eigene Hälfte, der etwas eigensinnige Robben zog zweimal ab, einmal sogar gefährlich (47.). Aber mit Tempo und Überzeugung gingen sie selten daran, den Ausgleich zu erzielen, und Passungenauigkeiten brachten die jungen Engländer zurück ins Spiel. Wie nach knapp einer Stunde, als Martínez Gustavo suchte, aber nur einen Gegenspieler fand, der Walcott auf die Reise schickte - und dieser vom Linienrichter zu Unrecht im Abseits gesehen wurde.

Auf solche Fehler der Bayern und eigene Konter war das Arsenal-Spiel ausgerichtet. Doch den Münchnern gelang es immerhin, dem Gegner wenige Einladungen zu präsentieren. Sie dosierten jedoch ihren Aufwand, Robbens Solo-Chance nach einem Hackentrick in Höhe der Mittellinie (68.) von Müller war ein rarer Höhepunkt - und die unpräzisen Distanzschüsse des Holländers sogar ein internes Ärgernis, wie das heftige Zetern von Sportchef Sammer auf der Bank dokumentierte.

Heynckes brachte Gomez anstelle des blassen Mandzukic, doch die nächste große Chance besaß Arsenals Sturm-Joker Gervinho: Im Strafraum setzte er sich durch und legte den Ball nur knapp am Tor vorbei (79.). Die Bayern antworteten mit Müller, der an Fabianski scheiterte, und mit harter Zweikampfführung von Martínez: Der Spanier sah seine dritte gelbe Karte und ist für die nächste Partie gesperrt.

Die gute Nachricht war dann auch für ihn: Sie findet bald statt, im Viertelfinale, denn Koscielnys Kopfball nach einer Ecke 0:2 (85.) fiel zu spät für Arsenal: Der FC Bayern hat sich ein dickes Veilchen geholt, aber er ist weiter. Die Auslosung für die Runde der nächsten Acht - in der erstmals seit 1996 kein englisches Team steht, dafür aber nach elf Jahren mal wieder ein deutsches Duo - findet am Freitagmittag statt.

Hier finden Sie alle Statistiken zum Spiel.

© SZ vom 14.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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