FC Bayern und die Lahm-Debatte:Gomez schießt drei Tore - und dann gegen "Bild"

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Hattrick-Schützen dürfen das: Mario Gomez hievt den FC Bayern mit seinen Toren zum 3:0 gegen Kaiserslautern an die Tabellenspitze. Während Trainer Jupp Heynckes angesichts der Leistung ins Schwärmen gerät, übt sich Gomez nach dem Spiel als Medien- und Literaturkritiker. Die Schuld am Rummel um die Lahm-Autobiographie sieht er beim Springer-Verlag.

Maik Rosner, Kaiserslautern

Als Mario Gomez sein drittes Tor erzielt hatte, nahm er Thomas Müller in den Arm, seinen Vorlagengeber. Hinzu gesellte sich Philipp Lahm, der sich ebenfalls um Liebkosungen bemühte, jedoch mit dem Schulterklopfen beim deutlich größeren Gomez so seine Probleme hatte. 69 Minuten waren zu jenem Zeitpunkt gespielt, und zu sehen waren die drei Männer des Tages im gemeinsamen Jubel über den souveränen und nie gefährdeten 3:0 (1:0)-Sieg des FC Bayern beim 1. FC Kaiserslautern.

Männer des Tages: Bayern-Stürmer Mario Gomez (Mitte) bedankt sich bei seinem Vorlagengeber Thomas Müller (rechts). (Foto: dapd)

Der eine, Gomez, hatte einen besonderen Hattrick erzielt: mit einem direkt verwandelten Elfmeter (37.), einem im Nachschuss verwandelten Elfmeter (55.) und schließlich einem Schuss aus dem Spiel heraus - aus ziemlich genau elf Metern (69.). Der andere, Müller, durfte sich für jedes der drei Tore einen Assist gutschreiben lassen, weil er zunächst die beiden Elfmeter gegen Rodnei herausgeholt und später mit Übersicht auf Gomez zurückgelegt hatte.

Und der Dritte, Lahm, konnte sich schlicht über eine gute Leistung freuen. Im Vergleich zu Gomez und Müller fiel sein Anteil weniger spektakulär aus. Doch Trainer Jupp Heynckes lobte alle drei gleichermaßen, er dehnte die Anerkennung auf das Münchner Kollektiv aus. Lahms Leistung? "Ich denke, dass Philipp ähnlich gespielt hat wie die gesamte Mannschaft: hervorragend", sagte Heynckes.

Es war viel diskutiert worden in den vergangenen Tagen über die in der Bild-Zeitung vorab gedruckten Auszüge aus Philipp Lahms Buch Der feine Unterschied. 269 Seiten umfasst sein Werk, am Montag kommt es in den Handel, und auf einigen Seiten sind darin kritische Worte zu finden, zum Beispiel zu seinen früheren Trainern. Die hatten sich teils reflexartig gewehrt, Lahm hatte sich entschuldigt. Und zwar dafür, "wie die Darstellung war, aber nicht für den Inhalt", stellte er nach seinen ersten 90 Minuten klar, in denen er nicht nur als Fußballer, sondern als Fußball spielender Autor beäugt worden war.

Zuvor hatte Lahm ja auch im Mittelpunkt der von Oliver Kahn aufgeworfenen Debatte um Führungsqualitäten gestanden. Nun konnte Lahm feststellen, dass die turbulenten Tage weder seine Leistung noch die der Mannschaft beeinträchtigt hatten. Auf "nullkommanull" stufte er den Einfluss ein, "das hat die Mannschaftsleistung gezeigt". Lahm, so scheint es, geht vorerst gestärkt aus dem Konflikt hervor.

Auch alle anderen Münchner wollten sich nicht allzu lang mit dem Dauerthema der zurückliegenden Woche aufhalten. Sie freuten sich über die erstmalige Tabellenführung seit 476 Tagen - seit dem 8. Mai 2010. Zumindest bis zum Sonntagnachmittag grüßt der deutsche Branchenführer nun mal wieder von oben. Und nach den Eindrücken der zurückliegenden Spiele könnte es für die Liga bald ziemlich kompliziert werden, den Bayern diesen Platz streitig zu machen.

Bayern in der Einzelkritik
:Knuffig, kritisch, polyvalent

Jérôme Boateng muss wegen seiner enormen Vielseitigkeit aufpassen, nicht als Notnagel zu enden, David Alaba wirkt mit seinen neongelben Schuhen irgendwie niedlich und Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge dürfte wohl nicht mehr Sepp Blatters bester Freund werden. Die Bayern beim 3:0 auf dem Betzenberg in der Einzelkritik.

Maik Rosner, Kaiserslautern

Nur ein Tor haben sie in sieben Pflichtspielen hinnehmen müssen, fünf Siege schafften sie zuletzt in Folge, wenngleich gegen eher mittelmäßige Teams. In Kaiserslautern jedenfalls hätte sich Manuel Neuer zeitweise an den Pfosten lehnen und Lahms Buch studieren können, so beschäftigungslos war der Nationaltorwart. Die Bayern, das erkannte auch der Trainer, haben gerade einen Lauf.

"Das war das beste Saisonspiel. Die Mannschaft hat gespielt, als wenn das alles selbstverständlich wäre", lobte Heynckes die "sehr homogene" Leistung, die "sehr gute Raumaufteilung" und "dass wir in der Defensive gar nichts zugelassen haben". Der Trainer schwärmte geradezu: "Die Mannschaft hat insgesamt so klasse gespielt, wie ich mir das vorstelle. Wir werden von Spiel zu Spiel besser. Und ich denke, wir können noch besser werden."

Es klang wie eine Drohung für die Liga. Kaiserslauterns Trainer Marco Kurz, der zu allem Überfluss auch noch die rote Karte gegen Ivo Ilicevic (wegen eines Tritts gegen Bayerns Anatolij Timoschtschuk) registrieren musste, gestand: "Die Bayern waren mit einem Topformat unterwegs. Wir waren chancenlos."

Auch Mario Gomez äußerte sich später zu Lahms Buch, zu Vorlagengeber Müller und am Rande zu seinen Toren. Er lobte, "dass von der Eins bis zur Elf jeder top drauf war". Er unterstellte Müller scherzhaft ein "bisschen Fallsucht" vor den beiden Elfmetern, lobte ihn zugleich aber als "Instinktfußballer" und "Wühler", der die drei Tore "sehr gut vorbereitet" habe.

Und er sprang Lahm zur Seite mit einer durchaus mutigen Meinungsäußerung: "Das zeigt das wahre Gesicht dieser Zeitschrift", sagte Gomez im ZDF- Sportstudio über die Bild-Zeitung. Das Blatt habe die Vorabdrucke aus Lahms Buch dazu genutzt, "Sätze rauszuziehen" und "den Spieler in die Pfanne zu hauen". Dass Lahm - beziehungsweise Lahms Verlag - dem Springer-Blatt das Recht eingeräumt hatte, exklusiv aus dem Werk zu zitieren, fiel für Gomez offenbar nicht ins Gewicht.

Das Thema wird die Bayern in der Länderspielpause wohl weiterhin beschäftigen. Wenn es die anhaltenden muskulären Beschwerden zulassen, wird Gomez ebenfalls zur Nationalmannschaft reisen. Vielleicht wird er dann mit Lahm über das Buch diskutieren. Denn als einer der Männer des Tages erlaubte sich Gomez noch vor der Lektüre ebenfalls Kritik am Kapitän. Die Frage, ob man so ein Buch mit 27 Jahren und als aktiver Profi schreiben muss, könne man durchaus stellen, befand Gomez. Der Stürmer machte sich nicht nur als Dreifachtorschütze einen Namen, sondern auch als Medien- und Literaturkritiker.

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