Nachwuchs des FC Bayern:Mia san woanders

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"Ich verzeihe Fehler, jeder darf Fehler machen. Wichtig ist die Reaktion": U-19-Trainer Danny Galm. (Foto: Eibner/Imago)

Die U19 des FC Bayern scheidet nach einer 0:2-Niederlage gegen Benfica aus der Youth League aus - auch weil viele Spieler parallel der U23 helfen, den direkten Wiederaufstieg in den Profifußball zu schaffen.

Von Christoph Leischwitz

Es ist der Alptraum eines jeden Torhüters: Der Befreiungsschuss klatscht an den Rücken des hochspringenden Gegenspielers und von dort ins Tor. Widerfahren ist das am späten Dienstagnachmittag Benjamin Ballis vom FC Bayern München, und wenige Minuten zuvor hatte er einen perfekten 30-Meter-Schuss passieren lassen müssen. Die Bayern waren in der Youth League auch gegen Benfica Lissabon klar unterlegen, 0:2 endete die Partie, und so verloren sie auch das vierte Spiel der diesjährigen Runde und sind vorzeitig aus dem Wettbewerb ausgeschieden - mit einem auf den ersten Blick nachdenklich stimmenden Torverhältnis von 0:12.

Benjamin Ballis ist allerdings auch erst 16 Jahre alt, er kommt meistens in der U17 zum Einsatz. Zusammen mit seinen minimal älteren Vorderleuten sah er sich einer Mannschaft von Benfica gegenüber, die im Schnitt nochmal ein wenig älter und physisch klar überlegen war; die außerdem gespickt ist mit Akteuren, die Stammspieler in der zweiten portugiesischen Liga sind - dort nämlich spielt Benficas zweite Mannschaft. Daran gemessen habe man, nach einem "maximal unglücklichen Auftakt", in der zweiten Hälfte "das Spiel besser unter Kontrolle bekommen", befand Holger Seitz, Sportlicher Leiter am Campus des FC Bayern.

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In jener zweite Hälfte ereigneten sich tatsächlich die ersten 45 Minuten in diesem Wettbewerb, in denen sich die Mannschaft kein Gegentor einfing. Gleichzeitig habe dieses Spiel schon auch gezeigt, wie viel die jungen Spieler lernen könnten. Auf Ballis' unglückliche Aktion angesprochen, sagte U19-Trainer Danny Galm: "Ich verzeihe Fehler, jeder darf Fehler machen. Wichtig ist die Reaktion." Er habe gesehen, wie sein Torwart mit dem Vorfall umgegangen sei: "Er hat das Team weiter von hinten gecoacht, er hat sich nicht runterziehen lassen. Diese Erfahrung wird ihn besser machen."

Kiew, Benfica und Barcelona - das sei kein Lospech, sondern "maximale Herausforderung"

Natürlich sind sie sich am Campus des Rekordmeisters der Tatsache sehr bewusst, dass es sich nicht geziemt, derart deutlich und so regelmäßig zu verlieren. "Ich weiß, was Mia san Mia ist, ich habe das auch in mir, ich möchte Spiele gewinnen", sagt Galm. "Aber jetzt geht es darum, die Situation anzunehmen." Die Gruppe mit Ausbildungsvereinen wie Kiew, Benfica und Barcelona sei kein Lospech, sondern "maximale Herausforderung gegen mit das Beste, was es aktuell europaweit im Nachwuchsbereich gibt".

Das Problem der Bayern ist nicht, dass ihnen gute Spieler fehlen - in gewisser Weise ist die Erfolglosigkeit der U19 sogar Ausdruck des genauen Gegenteils. "Dieses Jahr haben wir das große Glück, mit einer extrem jungen U23 in der Regionalliga vorne mitspielen zu können", sagt Galm. Abgesehen davon, dass am Campus schon seit einigen Jahren der Großteil eines Jahrganges eine Altersstufe höher spielt, hat heuer der direkte Wiederaufstieg der U23 zurück in den Profifußball absolute Priorität; am Mittwochabend kam sie als Tabellenführer allerdings nicht über ein 3:3 (2:1) gegen den TSV Aubstadt hinaus.

Auf Augenhöhe mit Benfica wäre demnach "eine Partie mit unserer U23", findet Galm daher. Diese ist im Schnitt meist um die 20 Jahre alt. Weil aber die Regionalliga so viele Spieltage und englische Wochen hat, können die Stammspieler auch sehr selten für die U19 abgestellt werden. So fand beispielsweise zeitgleich mit dem Youth-League-Hinspiel in Lissabon (0:4) das Spitzenspiel gegen die SpVgg Bayreuth (1:1) statt.

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In der Bundesliga-Staffel steht die Mannschaft derzeit auch nur auf Rang acht. Aber: "Wenn wir uns in Ulm nicht blamiert hätten, wären wir komplett im Soll", sagt Galm. Zumal die Bayern aktuell zwei Spiele weniger aufweisen als die meisten anderen. "Natürlich wollen wir ganz vorne mitspielen. Ziel ist auch, weiter in der Tabelle zu klettern." Weil aber die individuelle Entwicklung der Spieler vorgehe, könne es eben auch passieren, dass im Winter weitere U17-Spieler im U19-Kader eingebaut werden.

Am Dienstag fehlte Galm übrigens im Campus-Stadion. Eine Vorsichtsmaßnahme, wie es hieß, ein Spieler im Kader war positiv auf Corona getestet worden. Am kommenden Wochenende würde Galm mit seiner Mannschaft besonders gerne wieder das "Mia san mia" zur Schau tragen. Dann spielt die U19 im nationalen Pokal bei der TSG Hoffenheim, und das ist der Verein, von dem Galm nach München wechselte.

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