FC Bayern schlägt Hamburg 5:0:Louis van Gaal? Das war einmal!

Lesezeit: 3 min

Mit tollen Toren bezwingt der FC Bayern den Hamburger SV 5:0, doch Trainer Jupp Heynckes lobt vor allem die Münchner Abwehrleistung. Dahinter steckt Kalkül: Heynckes will unbedingt das Betriebsklima stärken - und zwar in allen Mannschaftsteilen. Das unterscheidet ihn enorm von seinem Vorgänger.

Thomas Hummel, Fröttmaning

Jupp Heynckes betonte es nach dem Spiel so häufig und schaute dabei stets so bierernst, dass es irgendwann glaubhaft wirkte: "Mich hat besonders gefreut, dass wir zu Null gespielt haben." Das war ein erstaunlicher Satz, denn wer bitte schön hätte beim Hamburger SV an diesem Nachmittag ein Tor schießen sollen?

Bestmöglichste Stimmung: Mario Gomez (Mitte) feiert mit Bastian Schweinsteiger (links) und Thomas Mueller. (Foto: AFP)

5:0 hatte Heynckes' FC Bayern gewonnen und es dabei versäumt, schon mal das Torverhältnis auf Meisterkurs zu bringen. Denn ein 8:0 oder 9:0 wäre locker möglich gewesen, gegen den fürchterlich schlechten HSV. Doch der 66-jährige Trainer blieb seiner Linie treu und lobte unverdrossen die Defensivleistung seiner Mannschaft. Denn da liegt nach seiner Ansicht und der Ansicht der Vereinsbosse der Schlüssel, um den größtmöglichen Erfolg zu erreichen.

Tatsächlich taten sich sonst unverdächtige Profis damit hervor, den Gegner am eigenen Strafraum auf die Füße zu steigen. Mario Gomez eroberte einmal an der eigenen Grundlinie den Ball, sogar Franck Ribéry lieferte sich einen Zweikampf an der eigenen Eckfahne. Das wird von Heynckes gefordert und bislang von den zur Faulheit neigenden Künstlern umgesetzt. Dabei hat es den Offensivkräften der Münchner sicher selten so viel Spaß gemacht, nach hinten zu laufen, weil gegen die erschreckend schwachen Hamburger beim kleinsten Einsatz der Ballgewinn sicher war.

Besondere Erwähnung fanden auch die beiden Neuen in der Bayern-Defensive am Samstag, Daniel van Buyten und Anatoli Timoschtschuk. Beide hätten eine "überzeugende, starke Leistung" gezeigt, was bei Timoschtschuk zweifelsfrei die richtige Analyse war. Van Buyten hingegen zeigte trotz seines Tores 1:0 auch, warum er eben selten kritikfrei davon kommt. Einige Pässe im Spielaufbau landeten wieder einmal an der Werbebande. Angesichts totaler Unterforderung war eine objektive Beurteilung von van Buytens Abwehrleistung ohnehin nicht möglich.

Heynckes' Lob ist demnach so zu verstehen, dass er die Stimmung in seiner Gruppe so positiv wie möglich halten will. So sagte er, dass kleine Rotationen innerhalb der Mannschaft "wichtig für den gruppendynamischen Prozess" seien, es fördere den Teamgeist und den Zusammenhalt in der Mannschaft. Das hat er offenbar als zweite Baustelle beim FC Bayern erkannt: Dass sich am Ende der kurzen Van-Gaal-Ära zu viele Unzufriedene und Eigenbrödler in der Mannschaft befanden, das Betriebsklima nicht immer das beste war.

Dass die zuletzt gescholtene Offensive diesmal ihr ganzes Repertoire ungestört vorführen durfte, und sich so Selbstvertrauen und Freude am Sein für die kommenden Wochen holte, dafür muss Heynckes eigentlich ein Dankesschreiben an den Hamburger SV schicken. Arjen Robben, Thomas Müller, Franck Ribéry, Bastian Schweinsteiger und Mario Gomez sind selten so wenig gestört worden bei ihrer Vorführung und gelten nun wieder als das Nonplusultra in der Liga.

Das können sie durchaus sein, doch der Samstag kann dafür nicht als Anhaltspunkt herangezogen werden. Es werden auch wieder besser organisierte Mannschaften kommen, die auch besser Zweikämpfen und insgesamt den Anforderungen einer Bundesliga-Mannschaft mehr entsprechen als der desolate Hamburger SV.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Die lustigste Party des Jahres

Bastian Schweinsteiger lässt die Tänzer beim 5:0 gegen den Hamburger SV in Ruhe tanzen, Arjen Robben verteilt Küsschen, Franck Ribéry tun die Lachmuskeln weh und Rafinha könnte direkt weiter in den Biergarten - ganz ohne Dusche. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Thomas Hummel, Fröttmaning

Ob das der FC Zürich am Dienstag im Rückspiel der Champions-League-Qualifikation sein kann, darf ernstlich bezweifelt werden, auch die nächsten Bundesliga-Gegner Kaiserslautern, Freiburg und Schalke könnten eher dazu dienen, den Aufbau-Prozess des Jupp Heynckes zu unterstützen.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Die lustigste Party des Jahres

Bastian Schweinsteiger lässt die Tänzer beim 5:0 gegen den Hamburger SV in Ruhe tanzen, Arjen Robben verteilt Küsschen, Franck Ribéry tun die Lachmuskeln weh und Rafinha könnte direkt weiter in den Biergarten - ganz ohne Dusche. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Thomas Hummel, Fröttmaning

Ausfallen wird zunächst jedoch wieder einmal Ivica Olic: Der kroatische Nationalspieler hatte sich gegen Hamburg schwerer verletzt als zunächst befürchtet. Bei einer Kernspintomographie stellte sich die als Beckenprellung befürchtete Blessur als Teilriss einer Sehne des rechten Hüftbeugemuskels heraus. Olic muss voraussichtlich sechs bis acht Wochen pausieren.

Bleibt bei wenigstens noch die unterhaltsame Führungsspieler-Debatte, das Fernduell mit dem Ex-Leader Oliver Kahn, der Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm die Eignung zum Anführer absprach.

Matthias Sammer, Sportdirektor des DFB, sprang dem ehemalige Torwart bei: "Ich folge Oliver Kahn inhaltlich zu 100 Prozent. Ich bin froh, dass ein sehr wichtiges Thema im Fußball in den Mittelpunkt rückt: die Persönlichkeitsentwicklung", sagte Sammer beim Fernsehsender "Sky".

Schweinsteiger antwortete nun: "Ich kann darüber eigentlich nur schmunzeln. Wir sind eben anders." Und Lahm stellt die Diskussion gleich in Zusammenhang mit dem Weltenlauf: "Der Fußball entwickelt sich, auch die Menschheit wird sich immer weiterentwickeln." So sei sein Stil ein anderer als der von Kahn oder Sammer früher.

Die Zustimmung von Bundestrainer Joachim Löw ist ihm ohnehin sicher: "Niemand von all den ehemaligen Nationalspielern, die sich jetzt in der Führungsspieler-Diskussion kritisch äußern, war in seinem Alter nur annähernd so weit mit seinen Führungs-Qualitäten wie jetzt Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger", sagte Löw Sport Bild online.

Am Samstag gegen den Hamburger SV mussten das beide jedenfalls nicht unter Beweis stellen. Da reichte es aus, einfach nur ein bisschen Fußball zu spielen.

© sueddeutsche.de/ebc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: