FC Bayern:Sandro Wagners letzte Provokation

Lesezeit: 3 min

Bald in China? Sandro Wagner (Archivbild). (Foto: Paul Hanna/Reuters)
  • Sandro Wagner möchte den FC Bayern offenbar in Richtung China verlassen. Oder provoziert er wieder nur?
  • Das Pokerspiel um Callum Hudson-Odoi droht der Klub allerdings zu verlieren.

Von Benedikt Warmbrunn, München

Die Provokation war schon immer eine nicht wirklich heimliche Leidenschaft von Sandro Wagner, und so hat er sich auch schon mal zu den Gehältern im Profifußball geäußert. "Angemessen oder teilweise eher zu wenig", sagte er im Frühjahr 2016, verdienten seiner Meinung nach die Spieler in der Bundesliga, und weil er damals für Darmstadt in der Bundesliga spielte, verdiente auch er angemessen oder eher zu wenig. Wenige Monate später wechselte Wagner zur TSG Hoffenheim, weitere eineinhalb Jahre später zum FC Bayern, in beiden Fällen dürfte er anschließend ein noch angemesseneres Gehalt bezogen haben. Nun, da er kurz vor einem weiteren Wechsel stehen soll, dürfte die Gefahr endgültig beseitigt sein, dass er zu wenig verdienen könnte.

Nach Informationen der Bild soll der chinesische Erstligist Tianjin Teda an Wagner interessiert sein. Der Klub wird trainiert vom Deutschen Uli Stielike, er bietet dem 31 Jahre alten Wagner dem Bericht zufolge einen Vertrag bis Ende 2020, dazu ein Gehalt in Höhe von insgesamt 15 Millionen Euro. Immer noch angemessen? Aufgrund all der Entbehrungen, sagte Sandro Wagner im Frühjahr 2016, sei jeder als Profi eingenommene Euro "verdient". Zumindest finanziell könnte Wagner in China also jene Erfüllung finden, die er sich schon seit Jahren erhofft.

Oder provoziert er wieder nur?

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Von Benedikt Warmbrunn

Unter Kovac spielt Wagner beim FC Bayern keine Rolle mehr

"Eine lange Reise geht für mich zu Ende, ich komme wieder nach Hause zu meinem Verein, in meine Heimat", hatte Wagner gesagt, als er im vorigen Winter nach München zurückgekehrt war, zu seinem Jugendverein, den er zehneinhalb Jahre zuvor verlassen hatte für eine Wanderschaft, die ihn zu sechs verschiedenen Klubs geführt hatte. Im ersten Halbjahr, unter dem Trainer Jupp Heynckes, bereicherte er den FC Bayern, indem er den wechselwilligen und mitunter müden ersten Angreifer Robert Lewandowski oft und tapfer vertrat; in 14 Bundesligaspielen traf er achtmal. In diesen Monaten fing er jedoch auch an, es mit seinen Provokationen zu übertreiben.

Woche für Woche warb er lautstark für einen Platz im WM-Kader, er sagte: "Ich habe es verdient, da mitzufahren - und ich fahre da auch mit, da bin ich mir sicher." Bundestrainer Joachim Löw entschied sich dennoch gegen Wagner, und der wiederum entschied sich umgehend für den Rücktritt aus der Nationalelf, nach acht Länderspielen. "So böse hätte er jetzt nicht unbedingt reagieren müssen", sagte Bayern-Präsident Uli Hoeneß vor dem Pokalfinale im Mai. Nachdem der FC Bayern dieses verloren hatte, schmiss Wagner seine Medaille weg, was Hoeneß "nicht in Ordnung" fand.

Unter Heynckes' Nachfolger Niko Kovac spielte Wagner in München keine Rolle mehr, bislang durfte er 264 Minuten lang mitwirken, davon 90 im Pokal gegen den Viertligisten Rödinghausen, gegen den er auch sein einziges Saisontor erzielte. Im November, als Kovac in der Kritik stand wie nie zuvor und nicht mehr danach, sprach Wagner demonstrativ Klubführung und Mannschaft von aller Schuld an der Krise frei. Über Kovac verlor er kein Wort.

Der stets höfliche Trainer reagierte, indem er Wagner weiter höflich ignorierte. Am Sonntag, beim 4:1 gegen Stuttgart, saß Wagner wieder nur auf der Tribüne. Ein Wechsel nach China wäre nun eine Entscheidung gegen die Heimat, gegen die sportliche Herausforderung und für das Geld. Es wäre eine letzte Provokation.

Sollte Wagner es also mit seinem Wechselwillen ernst meinen, stehen die Chancen nicht schlecht, dass er den Poker gewinnen könnte, allerdings auch deswegen, weil der FC Bayern nicht wirklich mitgepokert hatte, eineinhalb Jahre vor Wagners Vertragsende in München. Dafür droht der Klub ein Pokerspiel zu verlieren, in das er mit hohem Einsatz gegangen war.

Der 18 Jahre alte Callum Hudson-Odoi werde "ganz sicher bei uns bleiben", sagte am Dienstag Maurizio Sarri, Hudson-Odois Trainer beim FC Chelsea, "wahrscheinlich auch im kommenden Transferfenster", also über den Sommer hinaus. Dies habe der Verein seinem Flügelspieler mitgeteilt. Er sei "sehr glücklich" über dessen Leistungen, sagte Sarri, der in der Hinrunde nicht unbedingt als Förderer des Talentes aufgefallen war. Zu Jahresbeginn wurde dann das Interesse des FC Bayern öffentlich, Sportdirektor Hasan Salihamidzic sagte während des Trainingslagers in Katar ungewohnt offensiv: "Wir wollen ihn unbedingt verpflichten."

Dem Vernehmen nach sollen die Bayern bereit gewesen sein, mehr als 40 Millionen Euro zu zahlen - eine Bereitschaft, die das Interesse von Chelsea am eigenen Spieler erhöht zu haben scheint. Seitdem darf Hudson-Odoi regelmäßig spielen, am Wochenende traf er im FA-Cup gegen Sheffield Wednesday. Sarri bezeichnete ihn nun stolz als "Zukunft des Klubs". Aber auch das könnte nur eine Provokation sein, um den Einsatz des FC Bayern um ein paar zusätzliche Millionen zu erhöhen.

© SZ vom 30.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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