FC Bayern:Rummenigge ist populistischer als Hoeneß

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Uli Hoeneß bei einem Fanclub-Besuch in Wunsiedel. (Foto: dpa)

In Zeiten der politischen Dauerattacke nimmt auch Uli Hoeneß scharfe Worte schnell wieder zurück und entschuldigt sich. Im Gegensatz zum Vorstandsvorsitzenden des FC Bayern.

Kommentar von Claudio Catuogno

Uli Hoeneß ist ein Populist. Bis vor ein paar Jahren hätte man dem Instinktpolitiker vom Tegernsee sicher kein Unrecht getan mit dieser Charakterisierung. Make Bayern great again ist quasi sein Lebensmotto, und die Stimmungen im (Fußball-)Volk versteht er zu lenken wie kein Zweiter. Mia san mia, Euer Hass ist unser Stolz - das Bayernvolk ist in seiner Heimatliebe traditionell leicht aufzuwiegeln (schließlich geht es hier ganz subjektiv um Fußball), und wenn es bei den jährlichen Versammlungen doch mal gepfiffen hat, ist Hoeneß halt der Spruch mit der Blaskapelle eingefallen, die er anführen wird, wenn der Lokalrivale TSV 1860 endlich aus der Münchner Arena auszieht. Schon johlte es wieder, das Bayernvolk.

Zweieinhalb Jahre war Hoeneß weg. In den postfaktischen Zeiten von Trump, Orbán oder der AfD hat der Populismus derweil eine neue Konnotation erhalten. Vielleicht auch deshalb hatte Hoeneß, ehe er überhaupt 24 Stunden zurück war im Präsidentenamt, schon das Gefühl, sich entschuldigen zu müssen. Einen neuen "Feind", den man "richtig bekämpfen" werde, hatte Hoeneß nach seiner Wahl den Tabellenführer RB Leipzig genannt. Relativiert hat er die Wortwahl gleich darauf ("nicht Feind, Rivale"). Tags darauf entschuldigte er sich: Feinde gebe es nicht im Fußball, nur "im Krieg".

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In einer Gegenwart, in der Attacke zum beunruhigenden Normalzustand wird, ist halt auch für einen, der den Ehrennamen "Abteilung Attacke" trägt, ein bisschen Mäßigung angesagt. Was generell kein schlechter Ratschlag wäre für den Umgang mit RB Leipzig, dem Empörkömmling aus Sachsen. Abgeschnittene Bullenköpfe auf dem Feld, Galgen im Fanblock: Will der Fußball die Assoziationen, die er damit heraufbeschwört, wirklich? Es darf auch mal wieder eine bissige, aber humorvolle Choreografie sein statt immerzu Blut, Hass, Ehre.

Das Konstrukt RB muss man ja tatsächlich nicht gut finden. Es sportlich zu "bekämpfen", hieße aber auch, anzuerkennen, dass es nur am Geld eines österreichischen Brausekonzerns nicht liegt, wenn man als Aufsteiger auf diese Weise die Liga aufmischt. Wie bekämpft man Innovation? Am besten durch Gegeninnovation - insofern hat Uli Hoeneß in München jetzt wieder einiges zu tun.

Klubchef Karl-Heinz Rummenigge übrigens hat auf der Hauptversammlung des FC Bayern auch über Weltpolitik gesprochen. Er verglich Medienkampagnen pro Trump oder pro Brexit mit medialer Kritik an Pep Guardiola. Und rief dem Bayernvolk zu: "2016 war auch ein schwarzes Jahr für die Medien!" Nun muss man tatsächlich nicht alles glauben, was über den FC Bayern hier und da so geschrieben wird, und doch klang Rummenigges Klage fast beklemmend, ja: postfaktisch. Die Reihen schließen, Konflikte und Zweifel leugnen - und wenn doch mal was nach draußen dringt vom Rumpeln da drinnen, schön laut "Lügenpresse!" rufen. Im Kern ist das viel populistischer, als wenn Uli Hoeneß lustvoll zum Halali auf den Feind bläst.

© SZ vom 28.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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