FC Bayern:Münchner Reizklima

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Mit politischen Formulierungen versucht der FC Bayern, das angespannte Verhältnis zwischen Jupp Heynckes und Matthias Sammer zu kaschieren. Doch der Vorgang dürfte als Macht- und Kompetenzkampf gewertet werden. Zu offensichtlich schwelt seit Sammers Ankunft ein Unbehagen des Trainers gegenüber dem neuen Sportchef.

Andreas Burkert und Johannes Aumüller

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Johannes Aumüller

Auf dem Trainingsgelände an der Säbener Straße in München-Harlaching war es recht ruhig an diesem Donnerstag, Jupp Heynckes hatte der Mannschaft nach dem 1:3 in Weißrussland gegen Bate Borissow freigegeben. Von Ruhe ist der FC Bayern dennoch so weit entfernt wie Borissow vom Champions-League-Titel. Angespannt ist vielmehr die Stimmung angesichts der für Beobachter schon lange vernehm- und sichtbaren und nun erstmals öffentlich ausgetragenen Antipathie zwischen Heynckes und Sportvorstand Matthias Sammer.

Das kann auch ein zum "Friedensgipfel" erhobenes Vermittlungsgespräch mit beiden kaum kaschieren, das nach der Rückkehr aus Minsk flugs der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge moderierte. Von "guter Zusammenarbeit" war danach die Rede, und dass "kein Blatt Papier" zwischen die beiden Herren passe. Politikersprech demnach und im Übrigen exakt jene Formulierungen, die schon zu Beginn der Saison zum Thema verwandt worden waren. Und denen schon damals niemand so recht glauben wollte.

Nachdem erst Sammer, 45, Spielweise und Einstellung des Teams trotz eines souveränen 2:0 in Bremen öffentlich getadelt ("nicht gallig", "lätschern") und Heynckes in Minsk diesen Vorstoß gegeißelt hatte ("Das ist Populismus, den wir nicht brauchen"), sind zwar keine neuerlichen Vorwürfe bekannt geworden. Doch zugleich hat längst die Deutung darüber begonnen, wer in welcher Verfassung aus der Auseinandersetzung hervorgeht.

Auch Heynckes kann hier nicht entgangen sein, dass sich die Bayern-Bosse in der Beurteilung der Sachfrage zwar zurückhaltend, aber doch eher pro Sammer aussprachen: Schon am Montag vor dem Spiel in Minsk hatte Rummenigge den Auftritt Sammers ausdrücklich gut geheißen. Nach der Mediation in der Klubzentrale am frühen Mittwochabend sagte Präsident Uli Hoeneß in mehreren Interviews, Sammers Kritik sei "weder in der Form noch in der Sache ungerechtfertigt" - das müsse Heynckes, 67, mit dem er seit vielen Jahren eng befreundet ist, aushalten.

Außerdem sei Sammer ein Partner des Trainers "auf Augenhöhe". Allerdings ermahnte Hoeneß beide, "ihre Meinungsverschiedenheiten intern auszutragen". Vor allem dies hatte wohl auch Heynckes gemeint mit seiner Replik.

Es dürfte den Bayern jetzt schwerlich gelingen zu verhindern, dass der Vorgang als Macht- und Kompetenzkampf gewertet wird. Zu offensichtlich schwelt da seit Sammers Ankunft im Juli ein Unbehagen gerade des Trainers gegenüber dem neuen Sportchef, mit dem es während der Spiele keine Kommunikation gibt und der regelmäßig in den Vordergrund drängt.

Im Zwist: Jupp Heynckes und Matthias Sammer. (Foto: dapd)

Zu Sammers Aufgaben zählt zwar ausdrücklich, Reizpunkte zu setzen. Der erfahrene Trainer ist allerdings der Ansicht, bei der aktuellen Spieler-Generation sei ein altmodisches Immerzu-Druck-Aufbauen nicht zielführend - und wenn überhaupt, dann ausschließlich intern angebracht. Doch davon hält Sammer offenbar nur bedingt etwas. Neulich, nach dem 3:0 gegen Wolfsburg, forderte er etwa in seiner Sprechstunde im Stadionbauch den stark zurückgekehrten Nationalspieler Bastian Schweinsteiger zu mehr verbaler Einflussnahme auf. Schweinsteiger hat zuletzt vorsichtig erwidert, er rede "lieber auf dem Rasen".

Den offenkundigen Zwist begleiten zudem Irritationen über Sammers Darstellung seines Bremer Ausbruchs. Er sagte ja, dieser sei mit dem Coach "abgesprochen" gewesen. Heynckes äußerte am Mittwoch zu diesem Punkt lieber nichts. Hoeneß wiederum entgegnete: "Hier muss doch keiner etwas absprechen. Wir sind doch nicht in Weißrussland, wo man alles mit dem Lukaschenko absprechen muss."

Indes wird es zur Beruhigung der Debatte wenig helfen, dass der große Ablenkungsexperte Hoeneß findet, allein "das alberne Internet" schüre die Aufregung. Denn die Worte "lätschern" und "Populismus" waren vor Fernsehkameras gefallen.

© SZ vom 05.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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