FC Bayern:Mal wieder fast im Alleingang

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Drei Tore gegen Frankfurt, zehn in fünf Spieltagen. Robert Lewandowski stellt mal wieder einen Bundesliga-Rekord auf. (Foto: Christof Stache/AFP)

Robert Lewandowski erzielt beim 5:0 gegen Frankfurt seine Bundesliga-Tore acht bis zehn - natürlich ein Rekord. Er profitiert von der neuen Vielseitigkeit der Münchner, die allerdings länger auf Alphonso Davies verzichten müssen.

Aus dem Stadion von Maik Rosner

Seinen Daumen, Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand hielt Robert Lewandowski hoch und lächelte vergnügt in Richtung der leeren Sitzschalen der Münchner Arena. Es war die kleine Jubelbotschaft eines Stürmers, bei dem auf den ersten Blick alles beim Alten und nichts Besonderes passiert ist. An seine Tore in Serie hat sich die Branche ja gewöhnt, und dass er diesmal den 5:0 (2:0)-Sieg des FC Bayern gegen Eintracht Frankfurt in der 10., 26. und 61. Minute fast im Alleingang auf den Weg brachte, dürfte die Konkurrenz wohl wenig überrascht zur Kenntnis genommen haben.

Auf 55 Tore in 47 Pflichtspielen hatte es der 32-Jährige schon in der vergangenen Saison gebracht. Vor fünf Jahren gelangen ihm gegen Wolfsburg sogar einmal fünf Tore in neun Minuten. Dennoch waren seine Ligatore acht bis zehn nun besonders und Teil zweier Rekorde. So viele Tore wie Europas Fußballer des Jahres hatte noch kein Spieler vor ihm an den ersten fünften Spieltagen einer Bundesliga-Saison angehäuft. "Was soll ich zu Robert Lewandowski noch sagen?", fragte sein Trainer Hansi Flick nach dem Spiel. Jérôme Boateng fiel dazu doch noch etwas ein: "Er ist auf einem anderen Level. Es macht ihn im Moment zum absolut besten Stürmer der Welt." Lewandowski trifft und trifft, alles beim Alten also? Nicht ganz: "Heute hat er auch schon mal angemeldet, dass er ausgewechselt werden möchte", verriet Flick, "vielleicht ist das eine Neuigkeit, die es so noch nicht gegeben hat."

Ein neuer Ligabestwert sind auch die insgesamt nun 22 Tore der Bayern, der wohl auch auf ihre neue Vielseitigkeit zurückgeführt werden darf. Von dieser profitiert auch Lewandowski, nach dem sich die eingewechselten Leroy Sané (72.) und Jamal Musiala (90.) noch in die Torschützenliste eintrugen. Zur Tabellenführung reichte es aber nicht, da RB Leipzig 2:1 gegen Hertha BSC gewann und einen Punkt Vorsprung auf den Zweiten aus München behielt.

Zuletzt hatten sich vor allem die Vorzüge der neuen Kadertiefe mit den vier Zugängen Eric Maxim Choupo-Moting, Douglas Costa, Marc Roca und Bouna Sarr gezeigt, weil diese für Entlastung der ersten Reihe sorgten. Das war auch diesmal der Fall, da Costa und Sarr von Beginn an aufliefen. Hinzu kam gegen die durchaus mitspielenden Frankfurter ein Element, das Sportvorstand Hasan Salihamidzic gerne als Einstellungs-Kriterium anführt: Flexibel einsetzbar sollen die Spieler sein. Neu ist dieser Anspruch ans kickende Personal zwar nicht, schon der Triple-Trainer von 2013, Jupp Heynckes, sprach gerne von "Polyvalenz", die manche Profis auszeichne. Doch im Spiel gegen die Eintracht ließen sich besonders viele Belege für die Vielseitigkeit der Münchner Belegschaft finden.

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Am Mittwoch beim 4:0 gegen Atlético Madrid hatte Kingsley Coman noch als Linksaußen mit zwei Toren und einer Vorlage hervorgestochen. Diesmal begann der Franzose als Rechtsaußen auch deshalb, weil Serge Gnabry wegen seines zuletzt positiven Corona-Befunds vorerst weiter ausfällt. (Trainer Hansi Flick verkündete allerdings vor dem Spiel, dass zwei weitere Tests bei Gnabry negativ gewesen seien.) Thomas Müller, der gegen Atlético zumindest nominell den rechten Flügel besetzt hatte, aber ohnehin als freischaffender Raumläufer gerne überall in der Offensive auftaucht, durfte nun wieder als hauptamtlicher Zehner ran. Hinter ihm gab der frühere Rechtsverteidiger Joshua Kimmich den Sechser. Und in der Viererkette der Abwehr fanden sich gleich drei Umgeschulte. David Alaba spielte jahrelang Linksverteidiger und in Österreichs Nationalmannschaft im Mittelfeld, bei Flick ist er als Innenverteidiger zum Abwehrchef aufgestiegen. Rechts hinten gab der frühere Flügelspieler Sarr sein Bundesligadebüt, links hinten sollte der frühere Linksaußen Alphonso Davies Praxis bekommen.

Mit dieser war es allerdings nach nicht einmal einer Minute schon vorbei, weil der 19-Jährige bei einem Richtungswechsel mit dem rechten Sprunggelenk böse umgeknickt war und mit schmerzverzerrten Gesicht vom Platz gebracht werden musste. Kurz nach dem Spiel verkündete Flick die Diagnose: Ein Band gerissen, eins teilweise gerissen, sechs bis acht Wochen Pause. Entsprechend kurz geriet die Erholung für Lucas Hernández, der Davies zuletzt als Stammkraft abgelöst hatte und nun auch am Dienstag in der Champions League bei Lokomotive Moskau gefragt ist. Man werde nun in den kommenden Wochen "ein bisschen kreativ" sein müssen auf der Position des linken Verteidigers, kündigte Flick an.

Irritieren ließen sich die Bayern von dem sehr frühen Wechsel nicht. Vielmehr knüpften sie in ihrer mehrfach umgebauten Startformation da an, wo sie gegen Atlético aufgehört hatten. Klar bestimmend agierten die Münchner, wenngleich die Frankfurter um Anteilnahme am Geschehen bemüht waren und sich auch mehrfach dem Tor von Manuel Neuer annäherten, jedoch nur bedingt gefährlich wurden. Die Münchner führten derweil ihr Potenzial vor, als Coman nun von halbrechts statt von links für Lewandowski das 1:0 auflegte. Es fügte sich ins Bild, dass der Stürmer lässig mit links einschoss statt mit seinem bevorzugten rechten Fuß. Und als er eine gute Viertelstunde später Stefan Ilsanker übersprang und sich der Stirn bediente, um Kimmichs Eckball präzise einzuköpfeln, durfte auch das eigentlich gewöhnliche Muster als Beleg für die Vielseitigkeit gewertet werden, jedenfalls für die von Lewandowski.

Bei neun Ligatoren stand er zu diesem Zeitpunkt im fünften Spiel dieser Saison bereits, und erzielt hatte er sie auf alle erdenklichen Weisen: Fünfmal mit rechts, zweimal mit links, einmal mit dem Kopf und einmal per Foulelfmeter, ebenfalls mit rechts. Und als er in der zweiten Halbzeit sein drittes Tor des Spiels und zehntes der Saison per Rechtsschuss folgen ließ, war er von Costa von halbrechts bedient worden, der mit Coman immer wieder die Seiten tauschte. Auch derartige Rochaden sind keineswegs neu im Münchner Spiel.

Es fügte sich ins Bild, dass die Bayern nichts von ihrer Dominanz einbüßten, als Flick die komplette Offensive auswechselte. Das lag auch daran, dass dann eben Sané das fortsetzte, womit Lewandowski aufgehört hatte. Wie einst Arjen Robben zog Sané von rechts nach innen und schloss sehenswert mit links zum 4:0 ab. Bisher kam Sané bei den Bayern übrigens vorzugsweise über den linken Flügel. Am Ende traf auch noch das Talent Musiala, 17, zum bereits zweiten Mal in dieser Saison. Und dass Neuer kurz vor Schluss noch zurückeilen musste und den Ball mit dem linken Fuß von der Linie schlug, passte ebenfalls zu diesem Sieg der Münchner Vielseitigkeit, wenn man so will. Neuer ist Rechtsfuß und bevorzugt zudem seine Hände, um Tore zu verhindern.

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