FC Bayern:Applaus für Juan Bernat

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"Sicherlich verbesserungswürdig": Uli Hoeneß will in Zukunft bei öffentlichen Auftritten seine Wortwahl besser abwägen. (Foto: AP)
  • Uli Hoeneß signalisiert schon beim Einzug, dass die Jahreshauptversammlung sein Abend ist: Er geht voran.
  • Seine mit Spannung erwartete Rede ist der erste Punkt auf der Tagesordnung - er aber lässt erst einmal seine Vizepräsidenten sprechen.
  • Die Erwartungen werden aber ein bisschen enttäuscht. Weil Hoeneß versucht, nicht sehr nach Hoeneß zu klingen und Fehler allenfalls zart andeutet.

Aus der Halle von Benedikt Warmbrunn, München

Den Blick hebt Uli Hoeneß nur selten nach oben. Er fixiert die Zettel, die er sich auf das Pult gelegt hat, als wolle er sich mit seinem Blick dort abstützen, als würde er den Händen allein nicht vertrauen, die er breit gespreizt auf das Pult gelegt hat. Hoeneß versucht aufrichtig, nicht zu sehr nach Hoeneß zu klingen. Fast eine Viertelstunde lang hält er sich an das, was auf seinen Zetteln steht, erst dann fängt er an, freier zu sprechen.

Der Übergang beginnt mit einem kleinen Wort. Hoeneß sagt: "So."

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Kurz vor der Bayern-Mitgliederversammlung wartet Präsident Uli Hoeneß weiter auf einen geeigneten Nachfolger. Bisher war ihm niemand gut genug.

Von Martin Schneider

Zweimal hat sich der Präsident des FC Bayern in den vergangenen Wochen auf seine Stärke in der freien Rede verlassen, zweimal hatte der Verein anschließend ungemütliche Tage. Zunächst war da diese schon längst legendäre Pressekonferenz Mitte Oktober, in der Hoeneß über den langjährigen Spieler Juan Bernat sagte, dass dieser in der Champions League gegen Sevilla einen "Scheißdreck" gespielt habe - keine 15 Minuten nachdem Klubboss Karl-Heinz Rummenigge den ersten Artikel des Grundgesetzes zitiert hatte. Und dann war da vor einer Woche der Auftritt nach dem 3:3 gegen Düsseldorf, bei dem der Präsident dem Trainer Niko Kovač nur eine Job-Garantie für das nächste Spiel aussprach und dadurch die Diskussion um den Trainer verschärfte.

Am Freitagabend, bei der Jahreshauptversammlung des Klubs, ist Hoeneß also sehr darauf bedacht, keine weiteren Diskussionen zu entfachen. Daher verlässt er, der Bauchmensch, der so lange seinen Impulsen trauen konnte, sich auf das, was auf seinen Blättern steht.

Dass dies dennoch sein Abend ist, das signalisiert der Präsident schon beim Einzug. Er läuft vorneweg, sprintet die Stufen zum Podium hinauf. Rummenigge kommt noch hinterher, den Rest haben die beiden abgehängt. Und weil das sein Abend ist, verändert Hoeneß als erstes die Tagesordnung. Seine Rede ist der erste Punkt - er aber lässt erst einmal seine Vizepräsidenten sprechen.

Also geht es erst einmal um die Sanierung der Sanitäranlagen im Audi Dome und um die Kegel-Abteilung. Erst dann liest Hoeneß von seinen Zetteln ab.

Hoeneß verteidigt die Routiniers Robben und Ribéry

Sein Auftritt war in den vergangenen Tagen mit Spannung erwartet worden, gerade nach dem Ultimatum am vergangenen Wochenende. Kovač und die Mannschaft besiegten zwar Lissabon 5:1, aber wie nachhaltig nun das Vertrauen des Vorstands in Kovač ist, das war weiterhin offen. Würde Hoeneß vielleicht sogar Fehler gestehen? Zum Beispiel den, dass der Umbruch der Mannschaft zu lange verschleppt wurde, unter anderem von ihm selbst? Und würde er vielleicht verraten, ob und wie der Verein den Übergang beschleunigen will?

Doch diese Erwartungen werden ein bisschen enttäuscht. Weil Hoeneß versucht, nicht sehr nach Hoeneß zu klingen.

Nach einleitenden Worten zum FC Bayern Hilfe e.V. und den Basketballern spricht der Präsident über die Fußballer. Fehler deutet er allenfalls zart an. Er gesteht zwar, dass seit acht Wochen "der Wurm drin ist". Aber dass dies auch an Versäumnissen des Vorstands und des Präsidenten liegen könnte, das streitet Hoeneß ab. Er verteidigt, dass Franck Ribéry und Arjen Robben einen neuen Vertrag erhalten haben. Er verteidigt, dass keine teuren Spieler verpflichtet wurden. Und er verteidigt so deutlich wie seit Wochen nicht mehr Niko Kovač, den Trainer also, der auf Hoeneß' Wunsch gekommen war. Am Freitag sagt Hoeneß, dass Kovač "eine Chance verdient hat" und dass ihm "wir alle unsere Unterstützung geben sollten". In den vergangenen Tagen will der Präsident sogar "einen Schulterschluss zwischen Mannschaft und Trainer" erkannt haben. Rummenigge lobt später, dass Kovač "bereit ist, ein paar Dinge zu verändern".

Über seine eigene Rolle in diesem Umbruch spricht Hoeneß nicht. Er glaubt, dass Rummenigge vor Weihnachten seinen Ende 2019 auslaufenden Vertrag um zwei Jahre verlängern werde, worüber Hoeneß - er liest weiter ab - sich "sehr freuen" würde. Und er sagt: "Ich kann Ihnen versichern, dass der Name Oliver Kahn in unseren Überlegungen eine Rolle spielt, aber das ist kein Thema für heute und für morgen"; sehr wohl aber, sagt Hoeneß, für die nächsten sechs bis zwölf Monaten. Wie lange der bis zum Herbst 2019 gewählte Hoeneß noch den Verein prägen wird, dazu steht nichts auf seinen Zetteln.

Erst zum Ende gibt Hoeneß zu, dass er Fehler gemacht hat: als er "noch eine kleine Bemerkung" zu der schon längst legendären Pressekonferenz ankündigt. Raunen und Gelächter in der Halle, Hoeneß verzieht keinen Gesichtsmuskel. Die Art und Weise, sagt er, sei "sicherlich verbesserungswürdig" - erneut: Applaus. Hoeneß hebt nun den rechten Mundwinkel leicht an. Und er verspricht: "Wenn wir wieder so etwas machen, werden wir uns besser absprechen und eine bessere Tagesform an den Tag legen." Dann packt er seine Zettel zusammen und setzt sich hin.

Lange ist es ein entspannter Abend für den Präsidenten. Kritik bekommt Hoeneß zunächst allenfalls indirekt zu spüren. Zum Beispiel, als Rummenigge sich bei Bernat bedankt - der Spanier erhält langen und lauten Applaus. Dann jedoch kommt ein Wortbeitrag mit dem Titel "Kritik an der Vereinsführung", der die jüngsten Auftritte des Präsidenten kritisiert - an einer Stelle fragt das Mitglied, ob der FC Bayern ein "populistischer Stammtischverein" geworden sei. Es gibt oft und laut Applaus. Hoeneß hört bis zum Ende zu. Dann spricht er, aus dem Bauch heraus, impulsiv. "So viele Unwahrheiten" hätten in dem Beitrag gesteckt, und Hoeneß ergänzt, den Zorn mühsam kontrollierend: "Ich lehne eine Diskussion auf dem Niveau ab." Die Mitglieder antworten mit lauten Pfiffen und Buh-Rufen.

© SZ vom 01.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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