FC Bayern in der Champions League:Pflicht erfüllt - und trotzdem Sorgen

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Der FC Bayern zieht durch das 1:0 beim FC Zürich in die Gruppenphase der Champions League ein und sichert sich viele Millionen. Doch möglicherweise müssen die gleich wieder investiert werden. Zwar scheint der angeschlagene Mario Gomez bald wieder fit, doch neben Ivica Olic könnte auch Arjen Robben erneut pausieren müssen. Kommt noch ein Stürmer?

Carsten Eberts, Zürich

Nicht ein Bayern-Spieler jubelte nach dem Schlusspfiff im Züricher Letzigrund-Stadion. Die meisten schnauften einmal kräftig durch, Bastian Schweinsteiger entledigte sich schleunigst seines vom Platzregen durchnässten Trikots, sammelte seine Kollegen ein und stapfte mit ihnen vor die Gästekurve. Dort wurde kurz gewunken und geklatscht, dann verschwanden die Bayern-Profis in die Kabine. 1:0 beim FC Zürich. Pflichtaufgabe erfüllt.

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Carsten Eberts, Zürich

Später dann, bei der Journalistenrunde im Bauch des Stadions, wurde Kapitän Philipp Lahm für den souveränen Auftritt seiner Mannschaft angeblafft. Die Bayern hätten dem FC Zürich einen Ehrentreffer schenken können, rüffelte ihn ein aufgeregter Schweizer Journalist, oder zumindest mit dem Führungstreffer länger warten können. Lahm verstand den Spaß zwar, blieb jedoch ernsthaft: "Es war wichtig, dass wir heute früh treffen und den Zürichern endgültig die Hoffnung nehmen."

So war es in der Tat. Denn als Mario Gomez auf Zuspiel von Thomas Müller schon in der siebten Minute aus 16 Metern zum 1:0 einschob, war das Spiel praktisch vorbei. Vier Tore hätten die anhaltend vorsichtigen Schweizer nach dem 0:2 im Hinspiel schießen müssen, aus dem Letzigrund-Stadion entwich hörbar die Luft. "Mit dem frühen Tor haben wir uns einen großen Gefallen getan", sagte Thomas Müller. Es war fortan ein recht entspannter Arbeitstag.

Der FC Zürich kam über harmlose Bemühungen nicht hinaus, die Bayern standen sicher, hatten durch Franck Ribéry (58. Minute) und den eingewechselten Nils Petersen (76.) noch passable Chancen. Mehr gab es zu dem Spiel nicht zu erzählen. Am Donnerstag wird in Monte Carlo die Gruppenphase der Champions League ausgelost. An die Pflichtteilnahme an den Playoffs, im Grunde ein lästiger Betriebsunfall, denkt dann niemand mehr.

Es würde jedoch kaum zu den Bayern passen, wäre der Klub damit frei von Problemen. Vielmehr kommen neue Sorgen auf: Die erneute Verletzung von Ivica Olic wurde in den vergangenen Tagen bereits ausgiebig beklagt, gegen Zürich verzichtete Trainer Jupp Heynckes auch auf Arjen Robben. Zu seinen Rückenschmerzen kam eine Schambeinentzündung hinzu; wie lange er ausfällt, war zunächst nicht klar. "Wenn er hätte unbedingt spielen müssen, dann hätte ich ihn eingesetzt", erklärte Heynckes zwar. Robben jedoch stapfte ohne Erklärung in den Bus.

Später hieß es, der Holländer könne im nächsten Spiel wieder mitmachen, doch Heynckes scheint Robbens Wehwehchen generell skeptisch gegenüber zu stehen. "Es wäre gut, wenn er ein bis zwei Wochen aussetzen würde", sagte Heynckes am Mittwoch - und regte damit eine Regenerationspause für den Dauersprinter an. Betroffen wäre von einer solchen Auszeit auch Robbens Einatz im EM-Qualifikationsspiel der Niederlande gegen San Marino am 2. September.

Kurz vor der Pause ergab sich in Zürich dann die nächste Schrecksekunde: Nach einem beherzten Schuss fasste sich Torschützte Gomez an den Oberschenkel, humpelte vom Platz und blieb in der Kabine. "Ich bin raus, weil ich mir einen Nerv eingeklemmt hatte", sagte Gomez später. Die offizielle Diagnose lautete: Verdacht auf Muskelverhärtung, nichts allzu Schlimmes. Als "reine Vorsichtsmaßnahme" bezeichnete dann auch Sportdirektor Christian Nerlinger die Auswechslung des Stürmers. "Wir sind überzeugt, dass er am Samstag wieder dabei ist." Dann müssen die Bayern in der Liga zum 1. FC Kaiserslautern - dort brauchen sie ihren derzeit einzigen wirklich gefährlichen Stürmer.

Die Offensivsituation der Bayern bleibt dennoch angespannt. Selbst wenn Robben wieder fit wird, schmerzt der Ausfall von Olic mehr als zunächst vermutet - der Kroate gilt als erste Ersatzkraft für praktisch jede Offensivposition. Nils Petersen, der Neue aus Cottbus, absolvierte in Zürich zwar erstmals in einem Pflichtspiel mehr als 45 Minuten, nachhaltig überzeugen konnte er aber nicht.

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Manuel Neuer darf endlich sein Hemdchen dreckig machen, Daniel Van Buyten schickt seinen Doppelgänger auf den Platz, Mario Gomez gibt den Spielverderber für alle Schweizer. Und Philipp Lahm? Der denkt nur an die Verkaufszahlen seines neuen Buchs. Die Bayern beim 1:0 in Zürich in der Einzelkritik.

Carsten Eberts, Zürich

So wird sich die Diskussion, ob die Bayern noch einen neuen Stürmer benötigen, wohl noch ein paar Tage halten. "Ich werde nach so einem Spiel ganz sicher keine Personaldiskussion führen", sagte zwar Sportdirektor Christian Nerlinger. Bei Trainer Jupp Heynckes klang das anders: "Es gibt jetzt eine Situation, die ich nicht haben wollte", erklärte er vor der Partie. "Wir müssen überlegen, ob wir noch was machen. Ein neuer Spieler muss nicht nur fußballerisch klasse sein, sondern er muss zu uns passen und die deutsche Sprache sprechen."

Auch Franz Beckenbauer, graue Eminenz des Klubs und Grüßonkel deutscher Pay- und Privatsender, mischte sich ein: "Eine Verstärkung ist eigentlich nicht mehr auf dem Markt. Und eine Ergänzung zu holen, ist nicht sinnvoll."

Klar ist: Ein Stürmer, der den Bayern helfen könnte, würde noch einmal richtig Geld kosten. Geld, das die Bayern nach dem Einzug in die Gruppenphase allerdings hätten.

Welcher Gegner dort auf die Münchner wartet, wird die Auslosung am Donnerstag (ab 17.45 Uhr, im Liveticker von sueddeutsche.de) ergeben: Die Bayern sind in Topf eins gesetzt, aus den anderen Töpfen drohen Kaliber wie der FC Valencia, Villarreal oder Manchester City.

"Wir nehmen, was kommt", sagte Philipp Lahm am Dienstagabend, kurz bevor er in den Bus stieg. Es bleibt ihnen auch keine andere Wahl.

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