FC Bayern:Guardiola: "Bitte keiner verletzt! Bitte alle fit!"

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Pep Guardiola hätte eigentlich allen Grund zur Freude. Aber so ganz geheuer ist ihm die Sache doch noch nicht. (Foto: AFP)
  • Der FC Bayern stellt in der Gruppenphase mit 15 Punkten und 19:3 Toren einen neuen Vereinsrekord auf.
  • Pep Guardiola ist mit allen Spielern zufrieden. Nur einer könnte zur Winterpause gehen.
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Von Claudio Catuogno, Zagreb

Jan Kirchhoff kam als Erster aus der Kabine. Draußen im Regen vor dem Maksimir-Stadion brummte der Bayern-Bus. Kirchhoff bahnte sich vorschriftsgemäß seinen Weg an den Stellwänden mit den Sponsorenlogos entlang, auf der einen Seite hin, auf der anderen zurück. Aber niemand sprach ihn an. Was hätte man auch fragen sollen: Hey, Jan, war das heute Ihr letztes Champions-League-Spiel mit Bayern? Oder: Hey, Jan, wieso spielen bei Guardiola eigentlich immer die anderen?

Womöglich sind das die Fragen gewesen, die Jan Kirchhoff selbst durch den Kopf gingen, später, beim von Kerzen beschienenen Bayern-Bankett im Hotel Esplanade, das früher den Passagieren des Orient-Expresses als Zwischenstation diente. "Viele Adlige und honorige Gäste sind hier schon gesessen", sagte der Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge angemessen ergriffen - "und jetzt der FC Bayern".

Jan Kirchhoff dachte womöglich: Reisende soll man nicht aufhalten. Er würde in der Winterpause wohl auch mit dem Zug irgendwo hinfahren, wo man ihm einen Stammplatz in Aussicht stellt.

Die Bayern wollen im Winter keinen Spieler abgeben - bis auf einen

Das Maksimir-Stadion von Zagreb stammt ebenfalls noch aus der Zeit, als der Adel mit dem Orient-Express durch Europa reiste und nicht der Fußball-Adel mit dem Bayern-Bus. 1912 wurde es eröffnet, und es ist wohl nicht uncharmant zu behaupten, dass man ihm sein Alter ansieht. Klapprige Tribünengerippe ohne Dach - ausgerechnet hierhin, in die Heimat des von zwielichtigen Figuren geführten Klubs Dinamo Zagreb, hatte die Bayern ihr 100. Auswärtsspiel der Champions League geführt. Glamourös ist was anderes.

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Aber Pep Guardiola hatte hinterher wohl recht mit der Analyse, dass "unsere Einstellung immer korrekt" ist, unabhängig von den Umständen. Mit einem 2:0 (0:0) haben die Bayern auch diese Partie standesgemäß beendet, obwohl sie schon vorher als Tabellenerster feststanden und Dinamo als Letzter. 15 Punkte haben die Münchner in der Gruppenphase gesammelt, mit 19:3 Toren haben sie einen Klubrekord aufgestellt, der Ersatztorwart Sven Ulreich blieb bei seinem Debüt in der Königsklasse ohne Gegentor. Und es war der 100. Sieg, seit Guardiola Trainer in München ist. "Sehr honorig", lobte Rummenigge und wünschte dann allen schon mal "eine schöne, besinnliche Weihnachtszeit".

Aber so weit ist es noch nicht. Kurz vor dem Fest wird ja Pep Guardiola den Klub und den restlichen Erdkreis über seine Zukunftspläne informieren. Und mal angenommen, er teilt dann mit, dass er die Bayern im Sommer in Richtung Premier League zu verlassen gedenkt? Dann werden sie sich beim FC Bayern wohl doch noch wünschen, dass der Weihnachtsmann diesmal der Osterhase wäre.

Im Kleinen war allerdings auch schon dieses Spiel in Zagreb ein Beispiel dafür, wie viel stets in Bewegung ist. Welche Entscheidungen in der Winterpause - abgesehen von der Trainerfrage - noch anstehen. Das Spiel schrieb viele Miniaturgeschichten, die von Rückkehr, Abschied oder vergeblichen Hoffnungen handeln.

Gleich nach Jan Kirchhoff kam Franck Ribéry aus der Kabine. Der Franzose hatte gerade seinen ersten Champions-League-Einsatz nach neun Monaten komplizierter Verletzungsgeschichten absolviert; er hatte solide hineingefunden in eine kontrollierte, in der ersten Hälfte aber nicht wirklich spektakuläre Partie. Einmal prüfte er den Dinamo-Torwart Eduardo aus der Distanz. Zur Halbzeit wurde er ausgewechselt, bloß nichts überstürzen.

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Dass Ribéry rein gar nichts verlernt hat, zeigte er erst hinterher: Da zwängte er sich akrobatisch unter einer der Stellwände hindurch - und entzog sich so allen Fragen. Raus aus der Medienzone, schnell noch ein Selfie mit einem Fan, dann kletterte auch Ribéry in den Bus. Später, im Orient-Express-Saal, saß Ribéry dann neben dem ebenfalls zur Pause ausgewechselten Medhi Benatia; beide lachten, was den Schluss zuließ, dass Benatias Oberschenkelverletzung nicht allzu gravierend ist. Selbst wenn sie den Innenverteidiger wohl bis Weihnachten außer Gefecht setzt.

Guardiola hat nur einen Wunsch

Aber Ribéry ist wieder da, das hat Guardiola erleichtert zur Kenntnis genommen. Gegen welchen Gruppenzweiten es nun im Achtelfinale geht, womöglich gegen Großkaliber wie Juventus Turin oder Paris Saint-Germain - das sei ihm alles egal, sagte der Coach. Nur "einen großen, großen Wunsch" habe er: "Bitte keiner verletzt! Bitte alle fit! Ich will in Europa mit der besten Mannschaft kämpfen." Mit einer Rumpf-Elf will er sich nicht noch mal in ein Halbfinale gegen Barcelona quälen müssen: "Ich brauche alle!" Wenn es ernst wird.

Am Mittwochabend in Zagreb war es noch nicht so ernst. Da hatte es sogar den 20-jährigen Julian Green in die Startelf verschlagen - eine Belohnung für inspirierte Auftritte gegen Buchbach und Illertissen in der Regionalliga Bayern. Am Mittwochabend in Zagreb, räumte auch der Kapitän Philipp Lahm ein, habe man "im Endeffekt nur fürs Geld" gespielt. Genauer: für 1,5 Millionen Euro Siegprämie.

Gut verdientes Geld in der Gruppenphase

500 000 pro Punkt lobt die Uefa aus, macht bei 15 Punkten 7,5 Millionen Euro für die Gruppenspiele - zusätzlich zu den Antrittsgeldern, den Werbeerlösen, den Umsätzen des klubeigenen Reisebüros. Man muss sich nur diesen Geldreigen vergegenwärtigen, dann wird einem klar, warum die Bayern im Winter auch jene Spieler nicht gleich verkaufen oder verleihen werden, die möglicherweise darum bitten - damit sie mal wieder Spielpraxis bekommen. Sebastian Rode? Wird gebraucht, obwohl er selten spielt. In Zagreb bereitete er mit klugem Steilpass das 2:0 von Robert Lewandowski vor (den ersten Treffer erzielte der Pole nach Flanke von Thomas Müller). Lediglich Kirchhoff, heißt es im Klub, würde man keine Steine in den Weg legen. Der VfB Stuttgart soll interessiert sein.

"Wenn jemand unsere Spieler will, muss er mit dem Klub sprechen, mit Kalle Rummenigge und Matthias Sammer", sagte Guardiola auf die Frage, wie er das Thema sieht. "Aber wenn mich jemand nach meiner Meinung fragt, werde ich sagen, dass ich gerne mit diesen Spielern weiterarbeiten will." Den Wunsch wird man sicher ernst nehmen. Reisende soll man nicht aufhalten, aber wenn sie Pep Guardiola heißen, versucht man natürlich alles.

© SZ vom 11.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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