FC Bayern:Grund zur Heiterkeit

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Das Testspiel gegen Real Madrid liefert Louis van Gaal die Erkenntnis, dass der FC Bayern Spieler tauschen kann, die Mannschaft aber dennoch gleich gut bleibt - und damit trotz Niederlage zuversichtlich in die kommende Saison gehen kann.

Jürgen Schmieder, Fröttmaning

Louis van Gaal ist bestimmt keiner, der gerne verliert. Natürlich gibt es auf der ganzen Welt wohl keinen einzigen Fußballtrainer, der eine Niederlage bejubelt - weshalb es zunächst ein wenig verwunderte, warum der Trainer des FC Bayern nach dem Spiel gegen Real Madrid, das seine Mannschaft im Elfmeterschießen verloren hatte, derart gut gelaunt durch die Arena in Fröttmaning spazierte. Was hatte er nur gesehen?

Gute Laune trotz eines verlorenen Spieles: Louis van Gaal (r.) lacht mit Madrids Trainer Jose Mourinho. (Foto: ddp)

Der Franz-Beckenbauer-Pokal konnte es nicht gewesen sein, denn der bereitete nicht einmal dem Gewinner Freude. Zwei Mitarbeiter von Real Madrid schleppten das Ungetüm durch die Mixed Zone, während van Gaal lächelnd vor den Journalisten stand und die Gründe für seine Heiterkeit verriet. "Ich habe eine hervorragende Mannschaft gesehen", sagte er und meinte damit natürlich seine eigene. "Wir haben das Spiel kontrolliert, wir haben Real Madrid müde gespielt, wir hatten zahlreiche Torchancen."

Der Gegner war laut Trainer José Mourinho "bis auf die verletzten Spieler in Bestformation angetreten, auch wenn die spanische Saison erst Ende des Monats beginnt". Eine Aussage, die vor allem Zugang Sami Khedira wohlwollend zur Kenntnis nehmen dürfte, er stand 90 Minuten lang auf dem Platz und bot trotz WM-Müdigkeit und Trainingsrückstand eine ordentliche Partie.

Der FC Bayern war spielbestimmend in diesem verspäteten Abschiedsspiel für Franz Beckenbauer, die Elf hatte in der ersten Halbzeit genügend Möglichkeiten zu einer komfortablen Führung. Holger Badstuber scheiterte vom Elfmeterpunkt ebenso an Iker Casillas wie später Franck Ribéry und Miroslav Klose, als sie alleine vor dem Real-Schlussmann auftauchten.

Andere Spieler, gleiche Leistung

Über diese vergebenen Gelegenheiten sprach van Gaal nur kurz, vielmehr begeisterte ihn, dass seine Mannschaft immer noch die gleiche ist, wenn er einzelne Spieler tauscht. "Vergleichen Sie dieses Spiel mit der Partie gegen Schalke", sagte van Gaal. "Es standen andere Spieler auf dem Platz - und doch haben wir die gleiche Leistung gezeigt. Das finde ich hervorragend."

In diesem Moment lächelte er nicht nur, sondern strahlte geradezu. Van Gaal weiß, dass ihm diese Ausgeglichenheit im Kader einen entscheidenden Vorteil gerade zu Beginn der kommenden Saison verschaffen kann: Die Elf, die da gerade auf dem Platz steht, ist extrem eingespielt, jeder Akteur kennt die Laufwege seiner Kollegen und weiß, wie er den Ball zu passen hat, damit ein sehenswerter Spielzug entstehen könnte. Die Defensivspieler wissen, wie die Nebenleute auf Angriffe des Gegners reagieren.

Die Schwierigkeiten, die der FC Bayern zu Beginn der vergangenen Saison hatte, als sowohl der neue Trainer als auch zahlreiche Zugänge integriert werden mussten, wird der Verein in dieser Saison nicht haben. Genau darauf ist van Gaal stolz: Seine Handschrift ist zu erkennen, egal welche seiner Kaderspieler nun in der ersten Elf stehen. Das System ist verinnerlicht, die Philosophie der Ballkontrolle ebenfalls - jeder Akteur weiß, wohin er zu laufen und zu passen hat.

Wenn dann wichtige Spieler nicht dabei sind, dann fällt es nicht so auf wie bei anderen Mannschaften. Arjen Robben ist verletzt und fällt lange aus? "Das ist nicht gut, aber auch Müller und Olic können auf dieser Position spielen", sagt van Gaal. Philipp Lahm muss geschont werden? "Der Amateur Nicolas Jüllich hat eine hervorragende Partie gezeigt, vor 69.000 Zuschauern gegen Cristiano Ronaldo." Dass Bastian Schweinsteiger zunächst nur auf der Bank saß, fiel erst auf, als die Fans ihn lautstark feierten, als er zum Warmmachen in die Südkurve lief - Danijel Pranjic ersetzte ihn formidabel. Und dass Spieler wie Martin Demichelis, Mario Gomez und Toni Kroos nicht einmal auf der Bank saßen, wurde erst deutlich, als van Gaal es erwähnte.

Beängstigend gutes Zusammenspiel

Der FC Bayern geht in Ermangelung zahlreicher Prominenter Zugänge mit einem Kader in die ersten Partien der Saison (im DFB-Pokal gegen Windeck, dann in der Bundesliga gegen Wolfsburg), der beängstigend gut zusammenspielt. Louis van Gaal dürfte jedoch nicht nur deshalb gut gelaunt gewesen sein. Er weiß auch, dass die Austauschbarkeit seiner Startelf ohne allzu großen Qualitätsverlust vor allem dann an Bedeutung gewinnt, wenn im Herbst die Wochen mit möglicher Dreifachbelastung (Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League) anstehen. Wenn er dann Spieler schonen kann und dennoch eine formidable Elf aufs Feld schicken kann, könnte die kommende Saison ähnlich erfolgreich verlaufen wie die vergangene.

Deshalb lachte van Gaal noch einmal, als er die Real-Mitarbeiter sah, die den überdimensionierten Pokal in den Bus luden. Diesen Titel hat er nicht gewonnen - aber er kann sich gewiss sein, dass er in dieser Spielzeit mit dieser Mannschaft durchaus andere Trophäen gewinnen kann.

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