FC Bayern:Bayern dankt der Last-Minute-Latte

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Kurz nach diesem Foto rieselt Schnee auf Neuer: Nils Petersen (nicht im Bild) hämmerte in der Nachspielzeit den Ball an die Latte. (Foto: Bernd Feil/M.i.S./Pool; imago)

Der FC Bayern zeigt nach dem Pokal-Aus gegen Kiel eine Reaktion, muss sich aber gegen energische Freiburger hart durch das Spiel arbeiten. In der Nachspielzeit schießt Nils Petersen den Schnee von Manuel Neuers Tor.

Von Sebastian Fischer

Es verrät oft viel über den Zustand des FC Bayern, wie ihm andere Mannschaften begegnen. Vor ein paar Jahren, zu Zeiten großer Münchner Dominanz in der Bundesliga, gehörte es mal zur Mode, Partien beim deutschen Rekordmeister schon im Vorhinein "abzuschenken" und Stammspieler zu schonen. Der frühere Trainer und spätere Manager Armin Veh gehörte zu den prominenten Verfechtern dieser Herangehensweise. Später war es üblich, dass sich Gäste in der Münchner Arena dicht gedrängt vor dem eigenen Tor versammelten, gerne in zwei Linien unter Beteiligung so gut wie aller Spieler, um irgendwie den Weg zu versperren.

Am Sonntagnachmittag, es war zwar nur eine Momentaufnahme kurz vor der Halbzeit, aber doch eine interessante und vielsagende, erwarteten vier Spieler des SC Freiburg einen Münchner Angriff bereits am gegnerischen Strafraum. Da geht was, mussten sie gedacht haben.

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Der FC Bayern traf am Sonntag auf Freiburg als eine Mannschaft, die zwei Spiele hintereinander verloren hatte, zunächst in der Bundesliga gegen Borussia Mönchengladbach und danach, besonders eindrücklich, in der zweiten Runde des DFB-Pokals gegen den Zweitligisten Kiel. Der FC Bayern ist aber weiterhin Tabellenführer der Bundesliga, das stand schon vor dem Spiel fest, weil Verfolger RB Leipzig in Wolfsburg nicht gewonnen hatte und auch alle anderen Verfolger verloren. Der FC Bayern war am Sonntag außerdem eine Mannschaft, die mit viel Mühe und Glück eine Reaktion zeigte. Sie gewann mit 2:1 (1:0) nach Toren von Robert Lewandowski in der siebten und Thomas Müller in der 74. Minute, nachdem Nils Petersen in der 62. Minute ausgeglichen hatte. "Wir müssen auch nicht immer glänzen. Wir wollen Spiele gewinnen", sagte Jérôme Boateng.

Vom Anstoß weg schienen die Bayern trotzig wirken zu wollen. Bereits in der zweiten Minute hatte Serge Gnabry die erste Torchance. "Heute war wichtig, dass wir zeigen, dass wir dieses Spiel gewinnen wollen. Ich hatte das Gefühl, dass das von Anfang an so ist", sagte Trainer Hansi Flick. Schon nach sieben Minuten gelang die Führung durch Lewandowski, der aus kurzer Entfernung eine Vorlage von Thomas Müller nutzte. Es war bereits sein 21. Saisontor, was ein neuer Hinrunden-Rekord ist: Gerd Müller hatte in der Saison 1968/69 20 Mal getroffen.

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Flick hatte im Sky-Interview vor dem Spiel gesagt, dass ihn kein Spieler darum gebeten hatte, an dem System etwas zu verändern, das in den 15 Ligaspielen zuvor zu 24 Gegentoren geführt hatte, die außerdem im Großteil zum gleichen Muster fielen, mit langen Pässe hinter die Viererkette. Vielmehr komme es darauf an, dass die Mannschaft wieder "mehr Druck auf den Ball" bekomme, um die langen Pässe schon in der Entstehung zu verhindern, das hatte Flick bereits in der Pressekonferenz am Freitag angekündigt. Und so spielten die Münchner wieder offensiv ausgerichtet. Sie begannen dementsprechend auch personell ganz ähnlich, wie es zu den großen Erfolgen der vergangenen Saison geführt hatte, ohne einen Zugang in der Startelf.

Keine Zeit vergeudet: Mit der ersten Ballberührung unmittelbar nach seiner Einwechslung erzielt Nils Petersen (links am Boden) per Flugkopfball den 1:1-Ausgleichstreffer. (Foto: Lukas Barth-Tuttas Pool/Getty/Getty Images)

Die Freiburger waren ein undankbarer Gegner, weil sie als die formstärkste Mannschaft der Liga nach München reisten, fünf Spiele in Serie hatten sie zuvor gewonnen. Einer der Protagonisten dieser Siegesserie, Mittelfeldspieler Baptiste Santamaria, fiel früh aus, er verletzte sich in der dritten Minute ohne Einwirkung eines Gegenspielers und musste ausgewechselt werden. Trotzdem blieben die Gäste mutig, hatten zwischenzeitlich sogar mehr Ballbesitz. Und nach einer Stunde, eine Minute nachdem Trainer Christian Streich den früheren Nationalspieler Petersen eingewechselt hatte, kamen sie zum Ausgleich. Petersen lauerte am langen Pfosten im Rücken von Alphonso Davies und traf per Kopfball.

Auch die Münchner hatten Verletzungspech: Nach 26 Minuten musste Serge Gnabry, einer der bis dahin besten Spieler auf dem Feld, wegen Problemen am rechten Oberschenkel raus. Der Favorit hatte zwar weiter gute Torchancen, die besten kurz nach der Halbzeit, etwa Lewandowski, der in der 59. Minute die Latte traf. Aber ihr Spiel im dichten Schneetreiben sah niemals leicht aus, stets nach viel Arbeit. Der für Gnabry eingewechselte Leroy Sané musste sich nach einer vergebenen Chance den Ärger seines Trainers ungewöhnlich lautstark anhören, die Anspannung bei den Bayern war spürbar.

In der 75. Minute wurde Sané dann allerdings vor Freude vom Torschützen Müller angeschrien. Kingsley Coman flankte den Ball in die Mitte, Sané warf sich irgendwie in den Ball, der danach zu Müller prallte. Es war ein Arbeitstor zum Ende eines Arbeitssiegs. Und es war wieder symptomatisch, wie sehr dieser Sieg danach noch in Gefahr geriet. "Am Ende haben wir gezittert", sagte Boateng.

Am vergangenen Mittwoch, im Schneetreiben von Kiel, hatten die Bayern in der Nachspielzeit ein Kopfballtor kassiert und so eine 2:1-Führung noch verspielt, bevor sie im Elfmeterschießen verloren. Am Sonntag, im Schneetreiben von München, stand plötzlich Petersen frei im Münchner Strafraum. Wieder sah die Bayern-Abwehr unsortiert aus, wieder stimmte die Zuteilung nicht. Doch Petersen traf nur die Latte, ins Tor von Manuel Neuer fiel nur Schnee.

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